Ein Prinz wie aus dem Maerchen
mir dessen stets bewusst. Ich hielt
dich für herzlos."
"Ich
hatte daran gedacht, dir zu schreiben", flüsterte sie
beschämt. Der Hinweis auf das unverzeihliche Versäumnis
ließ sie erblassen. "Aber ich wusste nicht, wie ich es
formulieren sollte – und am Ende habe ich es gelassen."
"Dir
war nicht klar, dass du noch immer meine Frau warst, doch das ahnte
ich nicht", erinnerte Tariq sie. "Als ich sechs Monate
später bei dem Flugzeugabsturz meinen Cousin verlor, der seit
der Kindheit mein bester Freund war, seine Frau und seine Eltern,
meine Tante und meinen Onkel, die alle wie eine zweite Familie für
mich waren … Was habe ich wohl gedacht, als ich immer noch
nichts von dir hörte?"
Sie
hatte nicht damit gerechnet, dass das Gespräch diese Wendung
nehmen würde. "Ich wusste nichts von dem Unfall",
wisperte sie den Tränen nahe.
"Ja,
heute ist mir das klar, und ich versuche auch nicht, dir ein
schlechtes Gewissen zu machen."
Faye
senkte den Kopf. Sie fragte sich, wie es ihr wohl gehen würde,
wenn er es versuchen würde, denn sie fühlte sich schon
jetzt elend.
"Ich
will dir nur zeigen, wie Wut und verletzter Stolz zu Fehlern und
Missverständnissen führen können. Tu uns das nicht an,
nicht, nachdem wir endlich einen Weg an all diesen Hindernissen
vorbei gefunden haben."
"Endlich?
Und wo war ich, als diese wundersame Heilung stattgefunden hat?"
"Wenn
du mich liebst, gibt es keine Barrieren, Faye, und nichts, das wir
nicht gemeinsam überwinden können."
Allmählich
wurde sie ärgerlich. Sie war hergekommen, um in Würde eine
Konfrontation zu suchen. Sie hatte sich stark und zuversichtlich
gefühlt. Aber seit sie das Büro betreten hatte, war sie von
Tariqs Äußerungen so eingeschüchtert worden wie ein
Schulmädchen vom Rektor. Und alles nur, weil sie vor einem Jahr
verrückt nach ihm gewesen war.
"Aber
ich liebe dich nicht", behauptete sie trotzig. "Ich habe
mit dir die Freuden des Sex entdeckt, das ist alles."
Tariq
betrachtete sie mit undurchdringlicher Miene, wenn auch ein wenig
blasser als zuvor. "Wie schön, dass ich zumindest in einem
Punkt erfolgreich war."
"Ich
bin hier, um über die Scheidung zu sprechen", verkündete
Faye.
"Konntest
du damit nicht warten, bis ich wieder zu Hause bin? Ich habe nicht
die Absicht, dieses Thema in meinem Büro zu diskutieren",
erklärte er. "Und nun fahr nach Hause." Er ging an ihr
vorbei und öffnete die Tür.
Sie
ballte die Hände zu Fäusten. "Ich …"
"Ihre
Königliche Hoheit wünscht, noch vor Beginn des
Berufsverkehrs zum Palast zurückgebracht zu werden, Latif."
Faye
war so verwirrt über die Bezeichnung "Ihre Königliche
Hoheit", dass sie im Flur fast mit Latif zusammengestoßen
wäre. Der ältere Mann geleitete sie zu einer Bank und
verbeugte sich tief.
"Bin
ich eine Prinzessin?" fragte sie errötend.
"Von
diesem Moment an", bestätigte Latif sichtlich zufrieden.
"Diesen Titel darf nur Prinz Tariq verleihen. Sie sind erst die
zweite Prinzessin in der Geschichte unserer königlichen
Familie."
"Wirklich?"
flüsterte sie ungläubig.
"Prinz
Tariqs Mutter wurde als Erste damit ausgezeichnet, allerdings erst
nach der Geburt ihres Sohnes. Ich persönlich finde es überaus
passend, dass Seine Königliche Hoheit Sie bereits am Anfang
Ihrer Ehe ehrt. Sie dürfen ab sofort bei öffentlichen
Anlässen neben Seiner Königlichen Hoheit sitzen und als
Gleichgestellte neben ihm gehen, ohne der Respektlosigkeit bezichtigt
zu werden." Latif straffte stolz die Schultern. "Ja, wir
werden damit in diesem Teil der Welt ein Zeichen setzen."
10.
Kapitel
Tariq
kehrte erst gegen acht in die Muraaba zurück. Er warf einen
Blick in den Salon, in den Faye sich zurückgezogen hatte,
nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatte. "Ich will nur
kurz duschen und komme dann zu dir", versprach er lächelnd.
Sie
presste die Lippen zusammen.
"Du
könntest mir Gesellschaft leisten", schlug er vor.
"Was
bildest du dir ein?" rief sie empört.
"Es
war ein Scherz", beschwichtigte er sie.
Faye
wartete zehn Minuten, dann ging sie in ihr gemeinsames Schlafzimmer.
Die Tür zum Bad stand offen. Tariq war unter der Dusche. Sie
wollte sich gerade abwenden, als sie hörte, dass das Wasser
abgedreht wurde.
"Warum
hast du dich nicht schon vor einem Jahr von mir getrennt?"
fragte sie.
Tariq
verließ die Duschkabine und strich sich das nasse Haar aus der
Stirn. "Ich wollte nicht das letzte Bindeglied zwischen uns
zerschneiden, auch wenn es noch so brüchig sein mochte.
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