Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
Gott weiß, wo sie es herhatte, auf jeden Fall nicht aus meinem Zimmer. Mir war nicht neu, dass sie darauf bestand, die Tür offen stehen zu lassen. Weil – so sagte sie – sie es mochte, mich immer zu sehen. Naja, ich mag ihre Anwesenheit und ich bin auch nicht gerade der Introvertierteste, aber es gibt ein paar Dinge, von denen ich finde, sie sollten privat bleiben. Als ich endlich die Toilette benutzen durfte, war ich still entschlossen, die Tür zu schließen, selbst wenn ich sie von innen verbarrikadieren musste.
Es klopfte wieder an der Tür – nein, nicht der Klotür – und ich öffnete. Dabei warf ich einen Blick auf die verschnörkelte italienische Uhr an der Wand. Es ging auf halb acht am Morgen zu. Jemand würde dafür bezahlen, bitter bezahlen, mich zu so einer unchristlichen Stunde zu stören. Habe ich schon erwähnt, dass ich ein Morgenmuffel bin? Ich riss die Tür auf und starrte vorwurfsvoll in den Korridor hinaus. Mein Onkel Jack stand da und strahlte mich fröhlich an.
»Hallo, Eddie! Ist das nicht ein fabelhafter Morgen? Bist du abmarschbereit?«
Ich knurrte und versuchte, noch böser zu gucken, aber das beeindruckte ihn kein bisschen. Er schlenderte herein und ich musste beiseitetreten, sonst hätte er mich glatt überrannt.
»Was machst du hier, Onkel Jack?«, brachte ich endlich heraus. »Ein Notfall? Ich hab gar keinen Alarm gehört.«
»Ach nein, nichts in der Art. Heute ist die Waffenmesse, mein Junge, und du willst doch nicht zu spät kommen. Ich hab mich entschieden, mit dir zu kommen.«
Ich bemerkte, dass ich immer noch die Tür offen hielt und nur meine Unterwäsche trug. Es zog wie Hechtsuppe. Ich sah den Korridor hinab, aber niemand anders war da, nichts, was nach Ärger aussah. Ich schloss die Tür und sah mit trüben Augen zum Waffenmeister, der sich in meinem Raum umsah und versuchte, nicht allzu beunruhigt über den Zustand darin auszusehen. Es kümmerte mich nicht. Das ist mein Zimmer. Wenn ich wie ein Ferkel leben will, dann ist das meine Sache. Der Waffenmeister hielt erschrocken inne, als er durch die offene Badezimmertür sah und wandte dem Anblick von Molly auf dem Klo schnell den Rücken zu. Ich brachte ein kleines Lächeln zustande.
»So früh am Morgen musst du uns schon nehmen, wie wir sind«, sagte ich. »Ich bin nur auf, weil Molly eine Frühaufsteherin ist. Das kommt wahrscheinlich davon, wenn man die meiste Zeit im Wald lebt. Also, wie ist das jetzt mit der Messe?«
»Ich gehe mit dir«, sagte der Waffenmeister fest entschlossen. »Ich bin seit fünfunddreißig Jahren nicht mehr im Einsatz gewesen und aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich das auch nie wieder sein, jetzt, wo ich die geheimen Abteilungen genauso leiten soll wie die Waffenmeisterei. Ich nutze die Gelegenheit zu einem letzten Abenteuer und zur Hölle mit Cedric. Was glaubt er eigentlich, wer er ist, mich so rumzukommandieren? Etwa der verdammte Seneschall?«
»Ich wusste gar nicht, dass du die Agentenarbeit vermisst«, sagte ich. »Ich dachte immer, du seist glücklich damit, die Leute in deiner Waffenmeisterei zu terrorisieren.«
»Ja, okay, aber da gibt es glücklich und ... glücklich«, erklärte er und vermied sorgfältig, den Rücken von Molly abzuwenden. »All dieses Geschwätz über die Messe hat wieder Adrenalin freigesetzt. Ich habe meine jährlichen Besuche der Messe für Übernatürliche Waffen als meine ureigene Aufgabe betrachtet: Das eine Mal, zu dem ich rechtfertigen konnte, das Herrenhaus zu verlassen und wieder hinaus in die Welt zu gehen. Ich muss mitgehen, Eddie, ich muss hinaus und meine Hände noch einmal schmutzig machen. Bevor ich alt werde.«
Die Leute vergessen oft, dass mein Onkel Jack lange Zeit ein Einsatzagent gewesen ist und fast so gut war wie der legendäre Graue Fuchs selbst, mein Onkel James. Und dass Jack ein Agent während der kältesten Tage des Kalten Krieges war, als es in jeder Mission um Leben und Tod ging und jede Entscheidung, die man traf, eine Rolle spielte. Und jetzt, nach all den Jahren als Waffenmeister der Familie, hatte er den Ruf wieder gehört, wie ein alter Hund, der am Feuer seine Ohren spitzt, wenn die Meute laut heulend vorbeirennt. Und er musste uns allen und nicht zuletzt sich selbst beweisen, dass er es noch draufhatte. Wer war ich schon, ihm das zu verweigern?
»In Ordnung«, sagte ich. »Du kennst die Messe, ich bin froh, dich dabeizuhaben. Aber was ist mit der Einladung? Wenn du sie brauchst ...«
»Ich darf jemanden
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