Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
die Nacht war angenehm und es war erst kurz nach Mitternacht, also schlenderten wir langsam durch die hell erleuchteten Straßen von Westminster und schmiedeten Pläne, was wir den Satanisten bei ihrem Treffen Widerliches antun wollten, wenn wir sie erst einmal erwischt hatten.
Wir erreichten das House of Commons eine gute halbe Stunde vor der Zeit. Einer von Philip MacAlpines Leuten erwartete uns bereits. Ich erkannte ihn sofort. Ich hatte schon mit ihm zu tun gehabt, als ich nur einfacher Einsatzagent in London gewesen war und noch mein Handwerk lernte. Niemand setzte einen minderen Beamten wie Alan Diment auf irgendetwas Wichtiges an. Alan war ein mittelalter, niederer Kurier, so still und anonym, wie jeder geheime Bote sein sollte. Er war auf eine unauffällige aristokratische Art blond und blauäugig; jene Art Mann, der bei Geheimdiensten landet, weil der Papa das Gleiche getan hatte. Er wäre ganz offenbar gern mysteriös gewesen, hatte aber nicht die Selbstsicherheit, das auch zu vermitteln. Ich habe keine Ahnung, was er beim MI-13 macht, wenn er nicht gerade Botengänge erledigt, aber er ist vertrauenswürdig genug. Wenn auch nur, weil er nicht den Ehrgeiz hat, ein Verräter zu sein.
Er ging vor dem House of Commons ziemlich offen auf und ab und sah ganz so aus, als wolle er gar nicht da sein. Er nickte mir schnell zu, als ich herankam, und brachte ein kleines, aber sehr korrektes, höfliches Nicken Molly gegenüber zustande.
»Ich kann nicht glauben, dass ich das tue«, sagte er. »Aber Befehl ist Befehl, und was muss, das muss und so weiter. Also. Hier sind zwei MI-13-Pässe, einer auf Shaman Bond ausgestellt, der andere, nun, auf einen anderen. Ist sie wirklich – ja, das dachte ich mir. Ihren Namen schreiben wir besser nicht auf einen Passierschein, was? Wir wollen doch unseren Freunden drinnen keinen Herzinfarkt verpassen. Die Pässe bringen Sie in die äußere Lobby, aber auf keinen Fall weiter! Ich wurde extra angewiesen, das ausdrücklich zu betonen, und ich denke, Sie stimmen mir zu, dass ich das nach besten Kräften versucht habe. Wenn Sie jemand belästigt, dann zeigen Sie ihm die Pässe und werfen ihm gemeine Blicke zu, und man wird Sie allein lassen. Bitte machen Sie nichts kaputt, bitte töten Sie niemanden und vor allem: Tun Sie nichts, was das MI-13 in Verlegenheit bringen könnte. Wir sollen nächsten Monat eine Budget-Erhöhung kriegen und da ist es nicht gut, sich Feinde zu machen, also versuchen Sie, sich aus allem Ärger rauszuhalten.«
»Ärger?«, fragte ich unschuldig. »Wir?«
»Wenn Sie verhaftet werden, hat die Abteilung noch nie von Ihnen gehört«, sagte Diment. »Wir werden jegliche Kenntnis Ihrer Person leugnen und schwören, dass die Pässe gefälscht sind. Würden Sie jetzt bitte so nett sein, für die Passierscheine hier zu unterschreiben?«
»Was glauben Sie?«, fragte Molly.
»Ach, hier bitte«, sagte Diment. »Nehmen Sie die verdammten Dinger, damit ich nach Haus gehen kann.«
Er drückte mir zwei kleine laminierte Pässe in die Hand. Sie sahen sehr offiziell aus, aber auch sorgfältig leer. Kein Foto, weil MI-13-Agenten nicht im Gedächtnis bleiben wollen, und die offiziellen Unterschriften waren nur Gekritzel. Perfekt.
»Gut. Das war’s. Ich bin weg«, sagte Diment. »Ich gehe heim, wo ein warmes Bett und eine heiße Frau auf mich warten. Und wenn Sie weitere Hilfe benötigen, zögern Sie nicht anzurufen, aber mich bitte nicht. Rufen Sie MacAlpine an. Der hat mich noch nie gemocht. Und tschüs.«
Er hastete in die Nacht hinaus und murmelte dabei weiter vor sich hin. Molly sah mich an.
»Wenn ich gewusst hätte, dass es so leicht ist, ins Parlament einzubrechen, hätte ich das schon vor Jahren getan. Weißt du, ich könnte dir günstig ein paar Liter Napalm besorgen ...«
»Ein anderes Mal«, winkte ich ab.
Ins House of Commons hineinzukommen war leicht. Mit den Pässen herumwedeln und selbstsicher aussehen. Die wachhabenden Polizisten nickten uns zu. Die Sicherheitsleute im Inneren bestanden darauf, einen kurzen Blick auf den Pass zu werfen, aber sie beugten sich der implizierten Macht des MI-13. Die Äußere Lobby sah genauso aus, wie man es aus dem Fernsehen kannte: sehr alt und vollgesogen mit Geschichte und Tradition. Voller Leute mit vage bekannten Gesichtern, die wichtigtuerisch herumliefen, selbst um diese Uhrzeit. Die Regierungsgeschäfte schlafen nie, was manchmal etwas Gutes ist und manchmal nicht. Gelegentlich kam jemand durch die äußere
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