Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
Halsabschneidertum eher etwas für die Jungen ist. Ich war mir der Änderungen in der Stadt vage bewusst gewesen, aber hatte ihnen nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Da hatte ich allerdings auch noch nichts von der satanistischen Verschwörung geahnt.
Ich wandte mich wieder an Scharlatan Joe. Er hatte beinahe aufgehört zu weinen. Seine Augen waren rot und geschwollen, sein Mund schlaff und bebend.
»Wo ist Isabella Metcalf jetzt gerade?«
»Ich weiß es nicht! Ich weiß es nicht! Ich schwöre, ich weiß es nicht! Die Verschwörung hat sie. Jeder weiß das. Aber ich habe keine Ahnung! Sie sagen Leuten wie mir so etwas nicht. Wenn auch nur, damit Leute wie Sie es aus Leuten wie mir nicht rausprügeln können.«
Er hatte recht. Ich trat zurück und ließ meine Hand sinken. Er brach vor Erleichterung fast zusammen. Er lächelte und nickte mich an und war gierig, mir seine Dankbarkeit zu zeigen, und ich wollte ihn fast dafür schlagen, dass er so lächerlich war. Dafür, dass er mich spüren ließ, was für ein Monster ich war.
»Warum?«, fragte ich. »Warum hat ein kleiner Schmalspurgauner wie du überhaupt mit Satanisten zu tun?«
»Es war das Geld«, antwortete Scharlatan Joe. »Das ist es bei mir doch immer. Und die Bezahlung war richtig gut.«
Ja , dachte ich. Das ist es bei dir immer, und so war es immer schon. Das klingt doch schon im Namen an. Ich wusste immer, was für ein Mensch du bist, und all die Jahre waren wir Freunde. Welches Recht habe ich schon, jetzt wütend zu sein?
»Hau ab«, sagte ich. »Na los, verschwinde von hier. Verkriech dich irgendwo in der großen weiten Welt, wo niemand dich suchen wird. Bis die Droods und die Metcalf-Schwestern dich schließlich vergessen.«
»Aber ... das kann ja ewig dauern!«, stotterte Scharlatan Joe.
»Ja«, sagte ich. »Aber das ist alles an Gnade, was ich dir gewähren kann.«
Ich brachte ihn zum nächstgelegenen Ausgang. Ich öffnete mit gerüsteter Kraft gewaltsam die Tür, sodass sie auf irgendeinen düsteren Hinterhof führte. Joe starrte mich an. »Das ist doch aber nicht so gedacht«, sagte er. »Keiner sollte diese Türen öffnen können, nur die Klubbesitzer! Jeder weiß das!«
»Du wärst überrascht, was ein Drood alles kann, wenn er nur wütend genug ist«, sagte ich.
Scharlatan Joe hastete durch die offene Tür und ich schloss sie wieder hinter ihm. Ich habe ihn nie wieder gesehen.
Ich nahm Merlins Spiegel heraus, aktivierte ihn und öffnete ein Portal zwischen dem Klub und Drood Hall. Molly kam direkt durch und ich schloss den Spiegel wieder. Ich wollte nicht, dass jemand anderes sah, was ich getan hatte. Zu was ich geworden war. Molly sah sich schnell um, als ich den Spiegel wegsteckte, und nahm den düster beleuchteten Klub auf, die Trümmer, die blutigen, bewusstlosen Gestalten des Bischofs der Bestien und des Indigo-Phantoms.
»Nun«, sagte sie. »Man kann immer sehen, wo ein Drood aufgetaucht ist. Eddie, was ist hier passiert?«
»Ich bin passiert«, sagte ich. »Du wolltest doch Antworten, erinnerst du dich?«
Molly stellte sich dicht vor mich und ich rüstete ab. Sie legte eine Hand auf mein Gesicht und ihre Finger wurden nass. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich geweint hatte.
»Oh, Eddie, was hast du getan?«
»Schlimme Dinge«, sagte ich. »Notwendige Dinge.«
»Du hast ihnen das angetan? Ich dachte, sie wären deine Freunde.«
»Ich bin nicht immer ein toller Freund. Kommt halt vor in meinem Job.«
»Eddie«, sagte Molly. »Das sieht dir gar nicht ähnlich. Ich mag dich so nicht.«
Ich sah sie an und plötzlicher Ärger schoss mir in die Wangen. »Ich hab das für dich getan! Du wolltest doch deine Schwester wiederhaben, oder?«
»Ich will meinen Eddie zurück!«
»Wenn das hier vorbei ist«, sagte ich. »Ich werde zurück sein, wenn das hier vorbei ist. Bis dann geht es nur um die Verschwörung. Ich werde tun, was ich tun muss, um sie aufzuhalten. Um die Menschheit zu retten. Um die Kinder zu retten.«
»Du kannst das Böse nicht mit bösen Methoden bekämpfen«, erwiderte Molly. »Ich muss das wissen. Gegen das Böse zu kämpfen sollte das Beste in uns hervorbringen, nicht das Schlechteste.«
Ich brachte ein kleines Lächeln zustande. »Sollten wir in diesem Streit nicht gegensätzliche Positionen einnehmen? Sollte ich dir nicht eine Predigt über übertriebenes Handeln halten?«
Sie warf sich in meine Arme und drückte mich fest. Ich hielt sie ebenso fest, wie ein Ertrinkender, der sich an einen Strohhalm
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