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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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tatsächlich, nach nur wenigen Minuten hörten sie, dass ein Auto mit heulendem Motor rasend schnell näher kam und bald mit quietschenden Reifen um die Ecke bog. Der Fahrer machte sich nicht die Mühe, zum Anhalten an den Bordstein zu fahren, sondern stieg in die Bremsen, als das Auto sich noch mitten auf der Straße befand. Es war ein Ford Sierra, aber mit frisiertem Motor und überdimensionalem Auspuff. Der Fahrer ließ ihn ein letztes Mal brummen, bevor er in den Leerlauf schaltete. Die Reifen hatten Spuren auf der Straße hinterlassen, und in der Luft lag ein Geruch von verbranntem Gummi.
    »Top Gear ist für so einiges verantwortlich«, bemerkte Fox.
    Aus dem Fond tauchte schließlich ein Koloss von Mann auf, dessen finstere Miene ihnen von einem der ausgedruckten Fotos bekannt vorkam. Daraufhin hob sich der Sierra auf seinen Stoßdämpfern um fast zwei Zentimeter. Der Mann rollte gleichsam aus der Hüfte vorwärts. Er trug ein kurzärmeliges Hemd von der Größe eines Zweimannzelts, sackartige Jeans und weiße Turnschuhe. Seine schwarzen Haare waren von der Stirn aus nach hinten und über die Ohren geklatscht und fielen bis in den Nacken. Er trug einen Goldzahn zur Schau, aber keine sonstigen Spielereien oder offensichtliche Körperkunst. Seine Augen wirkten winzig klein, aber gleichzeitig durchdringend.
    »Was wollt ihr?«, fragte er. »Ach was, spart euch die Antwort. Steigt einfach ein und zischt ab.«
    »Das können wir nicht machen, Terry«, sagte Fox in bedauerndem Ton. »Wir müssen erst mit Bull sprechen.«
    »Von dir will ich nichts mehr hören«, erwiderte Terry Vass, mit ausgestrecktem Finger in Fox' Richtung deutend. »Du und dein schwuler Kumpel, ihr macht, verdammt noch mal, die Flatter.«
    Für einen Moment herrschte Stille, bevor Jamie Breck ein einziges Wort aussprach: »Interessant.« Das ließ Vass aufhorchen.
    »Was?«
    Breck zuckte die Achseln. »Na ja, wenn jemand schwulenfeindliche Beleidigungen ausstößt, ist das oft ein Zeichen.«
    Vass' Miene verdüsterte sich noch mehr. »Was für ein Zeichen?«
    Breck zuckte wieder die Achseln und schien nach dem richtigen Wort zu suchen. »Unterbewusstes ... Neigungen«, erklärte er.
    Vass holte zu einem Schlag aus, doch Breck war wendig. Er duckte sich unter dem ausgestreckten Arm des wuchtigen Mannes hindurch und machte einen Schritt an ihm vorbei; dann stand er, auf den Zehenspitzen federnd, kampfbereit da.
    »Terry«, sagte Fox etwas lauter als zuvor, um sich Gehör zu verschaffen. »Das alles hier ist völlig überflüssig. Bull hat dich hergerufen, damit du rausfindest, was wir wollen. Eigentlich war es ja nur für seine Ohren gedacht, aber das Wesentliche ist: Wir haben Charlie Brogan.«
    Vass hatte Breck finster angestarrt und sich dabei auf den nächsten Schlag vorbereitet, doch Fox' Worte saßen. Die Atmung des dicken Mannes wurde ruhiger und seine Schultern entspannten sich kaum merklich.
    »Damit meine ich nicht, dass er in Haft ist«, fuhr Fox fort. »Ich meine, wir haben ihn. Und wir schlagen ein Geschäft vor.«
    Vass drehte sich zu Fox um. »Ein was?«
    »Ein Geschäft«, wiederholte Fox. »Geh und sag das deinem Boss. Wir warten im Auto.« Er war bereits dabei, die Fahrertür zu öffnen. Vass sah zu, wie er einstieg und die Tür hinter sich schloss. Dann wandte er sich wieder Breck zu, der sich, immer noch auf Zehenspitzen tänzelnd, genau zwischen dem Volvo und dem Sierra befand. Aus dem Wageninneren hatte Fox nur eine eingeschränkte Sicht. Er hoffte, dass Breck den Riesen nicht noch weiter reizte. Doch Vass schien den Quälgeist mit einer Handbewegung zu entlassen und wälzte sich auf die Tür des Lowther's zu. Breck wartete ein paar Sekunden, bevor er zum Volvo zurückging und einstieg.
    »Unheimlicher Kerl«, bemerkte er.
    »Was dich nicht daran gehindert hat, ihn ordentlich zu pieksen.«
    »Passiert in Online-Rollenpielen andauernd.« Breck hielt inne. »Außerdem hatte ich schon immer gute Reflexe; nett, sie hin und wieder zu testen.«
    »Willst du ein Kaugummi?«
    Breck nickte und streckte die Hand nach der Packung aus, die Fox ihm hinhielt. Seine Hand zitterte fast gar nicht. Sie saßen schweigend da, kauten und sahen zu, wie draußen die Welt vorbeizog. Ein paar Frauen, die offensichtlich einen Junggesellinnenabschied feierten, trugen identische pinkfarbene T-Shirts mit der Songzeile: »We Are The Four And Twenty Virgins«. Eine Gruppe von Männern aus der Gegend trotteten hinter ihnen her und probierten ihre

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