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 Ein reines Gewissen

Ein reines Gewissen

Titel: Ein reines Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ein Urlaubstag und ein Lottogewinn in einem.« Die Hintergrundgeräusche hatten sich verändert, Kaye war offensichtlich nach draußen gegangen. Man hörte das schrille Lachen betrunkener Frauen und eine Autohupe. »Man sollte doch meinen, die Leute besäßen den Anstand, jegliche Vergnügungen einzustellen«, fand Kaye. »Merkt denn niemand, dass wir uns am Ground Zero der Kreditkrise befinden?«
    »Sei vorsichtig morgen«, wiederholte Malcolm Fox, während er zusah, wie die Kripobeamtin Annabel mit den Pizzas in Jamie Brecks Mazda zurückkam. »Und lass mich wissen, wie es läuft.«
     
     
    Sonntag, 15. Februar 2009
     
    14
     
    Annie Inglis wohnte im obersten Stock eines viktorianischen Mietshauses in Merchiston. Ihr Name stand auf einem der Schilder an der Gegensprechanlage, und als Fox den Klingelknopf drückte, meldete sich eine männliche Stimme. »Wer ist da?«
    »Duncan? Ich heiße Malcolm Fox.« »In Ordnung.«
    Fox schob die Tür auf und fand sich in einem gekachelten Treppenhaus wieder, in dem gleich hinter dem Eingang zwei Fahrräder standen. Während er langsam die Treppe hinaufstieg, hob er den Blick zu der Glaskuppel, durch die das Licht der Mittagssonne hereinfiel. Den Vormittag hatte er mit Kaffeetrinken, Einkaufen und Zeitunglesen verbracht. Er hatte eine Tragetasche dabei, in der sich neben einer Flasche Wein und einem Strauß frühe Osterglocken für seine Gastgeberin auch eine iTunes-Karte für ihren Sohn befand. Duncan wartete mit gelangweilter Miene oben an der Treppe auf ihn. Fox versuchte, sich die Anstrengung des Treppensteigens nicht anmerken zu lassen.
    »Die Treppe hält euch bestimmt fit«, sagte er freundlich. Duncan grummelte nur. Er war groß und schlaksig und hatte strähnige braune Haare, die ihm in die Augen fielen. In seine Jeans und sein T-Shirt hätte locker jemand mit dem doppelten Körperumfang gepasst. Er ging in die Wohnung und gab Fox mit dem Finger ein Zeichen, ihm zu folgen. Von dem langen, schmalen Flur gingen mehrere Türen ab. Die ursprüngliche Fußbodendielung war abgeschliffen und versiegelt worden. Auf dem einzigen Tisch, über dem an der Wand eine Hakenreihe mit verschiedenen Schlüsseln angebracht war, lag neben dem Telefon ein Fahrradhelm.
    »Mum ist...« Duncan machte eine vage Handbewegung den Flur entlang, bevor er sich in sein Zimmer verzog. An dessen Tür klebte ein Sticker mit der Aufschrift »Legalise Cannabis*, und Fox konnte das leise Summen eines Computerlüfters hören. Am anderen Ende des Flurs führte eine offene Tür ins Wohnzimmer. Es sah großzügig aus, mit einem Erkerfenster, das einen Blick über die Schornsteine nördlich des Stadtzentrums und darüber hinaus gewährte. Doch auf dem Weg dorthin hörte Fox Geräusche aus dem Raum unmittelbar zu seiner Rechten. Durch die Tür, die einen Spalt breit geöffnet war, erhaschte er einen Blick in die Küche. Annie Inglis rührte in einem Topf. Ihr Gesicht war hochrot, und sie wirkte aufgeregt. Er beschloss, sie in Ruhe zu lassen, und ging ins Wohnzimmer. Am Fenster stand ein Tisch, der für drei Personen gedeckt war. Fox legte seine Tragetasche ab und schaute sich um. Sofa und Sessel, TV und Stereoanlage, Regale voller Bücher, DVDs und CDs. Es gab auch gerahmte Fotos: Annie und Duncan, ein älteres Paar (vermutlich ihre Eltern), aber kein Hinweis darauf, dass Duncans Vater im Leben der Familie irgendeine Rolle spielte.
    »Sie sind schon da!« Annie Inglis stand mit drei Weingläsern im Türrahmen.
    »Duncan hat mir aufgemacht.«
    »Ich habe Sie gar nicht gehört.« Als sie die Gläser auf den Tisch stellte, bemerkte sie die Tasche.
    »Für Sie«, sagte er. »Und etwas für Duncan.«
    Sie spähte hinein und lächelte. »Das ist nett von Ihnen.«
    »Wenn Sie noch in der Küche zu tun haben, lassen Sie sich nicht stören, ich kann mich beschäftigen. Oder Ihnen zur Hand gehen ...«
    Sie schüttelte den Kopf. »Fast fertig«, sagte sie und nahm die Tasche. »Geben Sie mir noch zwei Minuten.«
    »Natürlich.«
    »Sie können gerne Ihr Jackett ablegen. Was möchten Sie trinken?«
    »Ich trinke keinen Alkohol.«
    »Preiselbeersaft vielleicht? Das ist so ungefähr Duncans einzige Vitaminquelle.« »Sehr gern.«
    »Noch zwei Minuten«, wiederholte sie und verschwand. Fox zog sein Jackett aus und hängte es über eine Stuhllehne, bevor er seinen Rundgang wieder aufnahm. Ihre bevorzugte Sonntagszeitung war der Observer. Sie mochte die Romane von Ian McEwan und Filme mit Untertiteln. Ihr Musikgeschmack

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