Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
über die akademische Laufbahn des Dichters zu finden. Man konnte ein paar seiner Vorlesungen runterladen, aber von unsittlichem Verhalten irgendwelchen Studentinnen gegenüber war nirgendwo die Rede. Vielleicht hatte Andropow ihm ja einen Bären aufgebunden.
»Hallo.« Der Bärtige tauchte wieder auf.
»Tag«, sagte Rebus. Er glaubte sich zu erinnern, dass der Mann Gordon hieß, und Gordon guckte ihm jetzt über die Schulter.
»Ich dachte, Sandy würde sich um die Todorow-Sache kümmern«, kommentierte er.
»Stimmt auch«, sagte Rebus. »Ich sammle nur etwas Hintergrundmaterial.«
»Ah.« Gordon nickte, als sähe er das ein. »Sandy hängt also immer noch vor der Gayfield-Square-Wache fest?«
»Ist jedenfalls die aktuellste Info, die ich habe«, bestätigte Rebus.
»Was wetten wir, dass die Bullen die Sache wie üblich versägen?«
»Da würde ich mich nicht drauf verlassen«, antwortete Rebus.
»Na, dann Ärmel gegürtet und Lenden hochgekrempelt …« Gordon lachte, während er sich entfernte.
»Arschloch«, sagte Rebus gerade so laut, dass man ihn hören konnte. Gordon blieb abrupt stehen, drehte sich aber nicht um und ging einen Augenblick später weiter. Glaubte entweder, sich verhört zu haben, oder wollte keinen Krach anfangen. Rebus las weiter, jetzt wieder über Andropow, und stieß fast sofort auf einen Namen, den er wiedererkannte: Roddy Denholm. Allem Anschein nach deckten sich russische Neureiche gern mit Kunst ein. Die Preise, die bei Versteigerungen erzielt wurden, erreichten Rekordhöhen. Ein Plutokrat war kein Plutokrat ohne den obligatorischen Picasso oder Matisse. Rebus holte sich ein paar von den Zeitungsmeldungen auf den Bildschirm. Dazu gab’s Fotos von Auktionen in Moskau, New York und London. Fünf Millionen hier, zehn Millionen da … Andropow wurde nur beiläufig erwähnt, als jemand mit einer Vorliebe für – vor allem britische – allerallerneuste Kunst. Dementsprechend kaufte er vernünftigerweise in Galerien und auf Ausstellungen ein statt bei Sotheby’s, Christie’s und Konsorten. Seine jüngsten Anschaffungen waren zwei Alison Watts sowie Arbeiten von Callum Innes, David Mach, Douglas Gordon und Roddy Denholm. Siobhan hatte Rebus gegenüber Denholm erwähnt – den Typen, der die Videoinstallation im Parlament machte und für den Riordan gearbeitet hatte. Der Verfasser des Artikels hatte hinzugefügt: »Da es sich bei allen diesen Künstlern um Schotten handelt, könnte man vermuten, dass Mr. Andropow anfängt, sich zu spezialisieren.« Rebus notierte sich die Namen und startete dann ein paar neue Suchen. Weitere fünfzehn Minuten vergingen, ehe Mairie Henderson mit zwei Kaffees zurückkam.
»Mit Milch, ohne Zucker.«
»Besser als nichts«, meinte Rebus zum Dank.
»Was haben Sie zu Gordon gesagt?« Sie hatte ihren Stuhl neben seinen gezogen.
»Wieso?«
»Schien zu glauben, dass Sie was gegen ihn haben.«
»Manche Leute sind eben überempfindlich.«
»Was immer Sie gesagt haben, er ist jedenfalls zu dem Schluss gelangt, dass Sie vom Management sein müssen.«
»Wusste ja schon immer, dass ich das Zeug dazu hab …« Rebus wandte sich nur lange genug vom Bildschirm ab, um ihr zuzuzwinkern. »Wenn ich auf ›Drucken‹ drücke, wo kommt das Papier dann raus?«
»Aus dem Gerät da drüben.« Sie deutete in eine Ecke des Zimmers.
»Dann müsste ich also den ganzen Weg laufen, um das Zeug zu holen?«
»Sie sind vom Management, John. Delegieren Sie …«
28
Auf dem Gayfield Square hatten sich die Reporter mittlerweile verlaufen. Vielleicht weil es auf Mittag zuging, vielleicht auch weil sie eine neue Story hatten. Siobhan Clarke hatte eine Besprechung mit DCI Macrae und dem Chief Constable gehabt. Trotz Macraes lebhafter Fürsprache hielt Corbyn nicht viel davon, ihr die Leitung des Falls zu überlassen.
»Holen wir DI Starr von Fettes wieder zurück«, hatte Corbyn beharrt.
»Ja, Sir«, hatte Macrae zuletzt kapituliert.
Anschließend hatte er geseufzt und zu Clarke gesagt, der Chief Constable habe recht. Clarke hatte lediglich die Achseln gezuckt und zugesehen, wie er den Telefonhörer abnahm und verlangte, mit Derek Starr verbunden zu werden. Schon eine halbe Stunde später stand Starr, gestiefelt und gespornt, im CID-Raum und trommelte das Team zusammen, um, wie er sagte, »ein paar aufmunternde Worte« zu sprechen.
»Hätten wir die ohne ihn überhaupt nötig?«, flüsterte Hawes – ihre Art, Clarke zu sagen, dass sie auf ihrer Seite stand. Clarke deutete
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