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Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Titel: Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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sich eine Papierserviette auf den Schoß legte. Noch ein Tag – und er würde am Rand der Tanzfläche stehen. Ein paar Wochen später – und er würde noch weiter weg sein, irgendwo zwischen den Zuschauern, kein Teilnehmer mehr. Er hatte das schon bei anderen Bullen erlebt: Sie gingen in Rente und versprachen, in Kontakt zu bleiben, aber jeder Besuch bei der alten Truppe machte deutlich, wie weit sie sich auseinandergelebt hatten. Man vereinbarte, sich einmal im Monat auf ein paar Drinks und einen Schwatz zu treffen. Dann wurde daraus alle paar Monate. Und dann hörte es ganz auf.
    Ein sauberer Schlussstrich, hatte man ihm gesagt, war das Beste. Siobhan fragte, ob er was von ihr abhaben wolle. »Nehmen Sie sich auch eine Gabel und essen Sie mit.«
    »Kein Bedarf.«
    »Sie waren eben ganz woanders.«
    »Liegt an meinem Alter.«
    »Dann kommen Sie also morgen Mittag auf die Wache?«
    »Aber keine Partys, ja?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Und wenn der Vorhang fällt, werden wir alle Fälle abgeschlossen haben.«
    »Versteht sich.« Er lächelte ironisch.
    »Sie werden mir fehlen, wissen Sie?« Sie aß weiter, ohne von ihrem Teller aufzusehen.
    »Ein Weilchen vielleicht«, gestand er ihr zu und schwenkte sein leeres Glas. »Zeit für Nachschub.«
    »Sie fahren, vergessen Sie das nicht.«
    »Ich dachte, Sie könnten mich chauffieren.«
    »In Ihrem Auto?«
    »Anschließend besorge ich Ihnen ein Taxi.«
    »Das ist echt großzügig.«
    »Dass ich es auch bezahlen würde, habe ich nicht gesagt«, erklärte Rebus und ging zum Tresen.

    Dann tat er’s aber doch – drückte ihr einen Zehner in die Hand und sagte: »Bis morgen.« Sie hatte eine Parklücke für seinen Saab nah dem oberen Ende der Arden Street gefunden. Er wollte sie gerade fragen, ob sie mit raufkomme, als ein schwarzes Taxi mit eingeschaltetem Freizeichen auftauchte. Siobhan Clarke hatte dem Fahrer zugewinkt und dann Rebus seine Autoschlüssel zurückgegeben.
    »Glück gehabt«, hatte sie gesagt und das Taxi gemeint.
    »Und ja gleich nach Haus«, hatte er streng gesagt. Während er dem wegfahrenden Taxi nachsah, fragte er sich, ob er selbst seinen Rat befolgen würde. Es war fast zehn, die Temperatur deutlich über null. Er ging die abschüssige Straße entlang, auf seine Haustür zu und starrte dann zum Erkerfenster seines Wohnzimmers hinauf. Oben war alles dunkel. Niemand da, der ihn erwartet hätte. Er dachte an Cafferty, fragte sich, was der Gangster wohl träumte.Träumte man im Koma? Tat man da überhaupt etwas anderes? Rebus wusste, dass er ihn besuchen, sich an sein Bett setzen konnte. Vielleicht würde ihm eine Schwester eine Tasse Tee bringen. Vielleicht würde sie sich als eine gute Zuhörerin erweisen. Alexander Todorow hatte man den Schädel von hinten zertrümmert, und auch Cafferty war von hinten angegriffen worden – aber es war ein sauberer Treffer gewesen, während man den Dichter vorher zusammengeschlagen hatte. Rebus bemühte sich weiter, eine Verbindung herzustellen – die offensichtlichste war Andropow. Andropow mit seinen hochgestellten Freunden: Megan Macfarlane, Jim Bakewell. Cafferty, der Partys schmiss, Bakewell und die Banker zum Essen ausführte, allesamt so richtig gute Kumpels … Andropow, der Vorbereitungen traf, seine Unternehmen nach Schottland zu verlegen, wo seine neuen Freunde ihn unterstützen und beschützen würden. Geschäft war schließlich Geschäft: Was spielte es schon für eine Rolle, ob man Andropow in Russland wegen Korruption den Prozess machen wollte? Rebus wurde bewusst, dass er noch immer auf die unbeleuchteten, abweisenden Fenster seiner Wohnung starrte.
    »Hübscher Abend für einen Spaziergang«, sagte er zu sich und schlenderte, die Hände in den Taschen, weiter die Straße entlang. Marchmont selbst war ruhig, auf dem Melville Drive keinerlei Verkehr. Der Jawbone Walk, der Pfad, der durch die Meadows führte, hatte lediglich ein paar Fußgänger zu bieten, Studenten auf dem Weg von Kino oder Kneipe nach Hause. Rebus ging unter dem Bogen aus echten Walkieferknochen hindurch und fragte sich – nicht zum ersten Mal -, was für einen tieferen Zweck er wohl erfüllte. Als seine Tochter noch klein war, spielte er mit ihr manchmal, dass sie vom Wal verschluckt wurden wie Jona. Auf dem alten Klinikareal wurden neue Wohnblocks gebaut, wodurch sich die Skyline veränderte. Er erreichte die Forrest Road. Statt geradeaus weiter in Richtung Mound zu gehen, nahm er die Abzweigung bei Greyfriars Bobby und stieg

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