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Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Titel: Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Viertelstunde, besonders am Wochenende. Rebus hatte den CD-Player eingeschaltet, nur um feststellen zu müssen, dass es Eddie Gentry war, der da aus den Boxen zu hören war. Er zog die CD heraus, warf sie auf den Rücksitz und ersetzte sie durch eine von Tom Waits. Aber Waits’ raue Stimme war zu aufdringlich, und so entschied er sich stattdessen für Stille. Gary Walsh wohnte in einem Reihenhaus in einer schmalen Straße, Nummer 28. Hinter Walshs Auto gab es genügend Platz, also parkte Rebus den Saab und schloss ihn ab. Am Obergeschossfenster von Nummer 28 waren die Vorhänge zugezogen. Logisch: Wenn ein Mann Spätschicht machte, stand er auch spät auf. Rebus beschloss, nicht zu klingeln, sondern zu klopfen. Als sich die Tür öffnete, stand eine Frau mit perfektem Make-up, tadelloser Frisur und bis auf die Schuhe ausgehfertig angezogen vor ihm.
    »Mrs. Walsh?«, fragte Rebus.
    »Ja.«
    »Ich bin Detective Inspector Rebus.« Während sie seinen Dienstausweis studierte, betrachtete er sie. Ende dreißig oder Anfang vierzig, demnach etwa zehn Jahre älter als ihr Partner. Gary Walsh war offenbar ein jugendlicher Bettwärmer. Aber als Joe Wills Mrs. Walsh als eine »scharfe Braut« bezeichnete, hatte er nicht übertrieben. Sie sah gut aus und sprühte vor Leben. »Reif« war das Wort, das sich Rebus aufdrängte. Andererseits würde diese Attraktivität nicht mehr lange vorhalten – nichts währte ewig.
    »Was dagegen, wenn ich reinkomme?«
    »Worum geht’s?«
    »Um den Mord, Mrs. Walsh.« Ihre grünen Augen weiteten sich. »Den am Arbeitsplatz Ihres Mannes.«
    »Gary hat nichts gesagt.«
    »Der russische Dichter? Der am unteren Ende der Raeburn Wynd tot aufgefunden wurde?«
    »Es stand in der Zeitung …«
    »Die Sache begann im Parkhaus.« Ihr Blick richtete sich in die Ferne. »Es war letzten Mittwochabend, kurz bevor die Schicht Ihres Mannes endete …« Er schwieg kurz. »Sie wissen wirklich nichts davon, was?«
    »Er hat mir nichts erzählt.« Ihr Gesicht hatte etwas Farbe verloren. Rebus öffnete sein Notizbuch und zog einen Zeitungsausschnitt heraus: ein Foto des Dichters.
    »Er hieß Alexander Todorow, Mrs. Walsh.« Sie war wieder im Haus verschwunden, ohne die Tür hinter sich ganz zuzumachen. Rebus wartete einen Moment, stieß dann die Tür auf und folgte der Frau hinein. Ein kleiner Flur, neben der Treppe nach oben eine Garderobe mit einem halben Dutzend Mänteln. Zwei Türen: Küche und Wohnzimmer. Sie befand sich in Letzterem, saß auf der Kante der Couch und band sich hochhackige Schuhe um die Knöchel zu.
    »Ich komm noch zu spät«, murmelte sie.
    »Wo arbeiten Sie?« Rebus ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Großer Fernseher, große Hi-Fi-Anlage und Regale, randvoll mit CDs und Kassetten.
    »Parfümerie«, sagte sie.
    »Fünf Minuten werden wohl kein Weltuntergang sein …«
    »Gary schläft – Sie können später wiederkommen. Er muss allerdings den Wagen in die Werkstatt bringen, den CD-Player reparieren lassen …« Ihre Stimme verebbte.
    »Was ist los, Mrs. Walsh?«
    Sie stand auf, rieb die Hände aneinander. An ihren hohen Absätzen, vermutete Rebus, lag es wohl nicht, dass sie so wacklig auf den Beinen war.
    »Hübscher Dufflecoat übrigens«, sagte er. Sie starrte ihn an, als würde er in einer Fremdsprache reden. »Draußen im Flur«, erklärte er. »Der schwarze mit der Kapuze … sieht richtig schön warm aus.« Er lächelte kalt. »Wollen Sie es mir jetzt erzählen, Mrs. Walsh?«
    »Es gibt nichts zu erzählen.« Sie sah sich im Zimmer um, als suchte sie nach einem Notausgang. »Wir müssen das Auto zur Reparatur bringen …«
    »Das sagten Sie bereits.« Rebus kniff die Augen zusammen und spähte durchs Fenster nach dem Ford Escort. »Woran haben Sie sich gerade erinnert, Mrs. Walsh? Vielleicht sollten wir Gary aufwecken, hm?«
    »Ich muss zur Arbeit.«
    »Zuerst müssen Sie mir ein paar Fragen beantworten.« Weniger dahinter, als es aussieht: Diese Worte wirbelten fortwährend in Rebus’ Kopf herum. Todorow hatte ihn zu Cafferty und Andropow geführt, und er hatte sich in beide verbissen, weil sie diejenigen waren, die ihn interessierten – weil sie diejenigen waren, die schuldig sein mussten. Er hatte Verschwörungen und Vertuschungen gesehen, wo es gar keine gab. Andropow war wegen seines Ausbruchs in Panik geraten, aber das hieß noch lange nicht, dass er den Dichter getötet hatte …
    »Wie haben Sie das mit Gary und Cath Mills herausgefunden?«, fragte Rebus leise.

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