Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
sagen, noch mehr Stunden investiert als er.«
»Was haben Sie denn so momentan in Arbeit?«
»Radiowerbespots … ein paar Audiobücher … und dann sitzen wir an der Endredaktion des Parlamentsprojekts.«
»Was für ein Parlamentsprojekt?«
»Sie wissen doch, dass jedes Jahr ein Festival der Politik veranstaltet wird?«
»Ehrlich gesagt, nein.«
»Musste ja noch kommen, ansonsten haben wir ja schon Festivals für so ziemlich alles. Für kommendes Jahr soll ein Künstler irgendwas zusammenstellen. Er arbeitet mit Videoinstallationen und so und wollte zur Untermalung seiner Sachen eine Toncollage haben.«
»Dann verfügen Sie also über Mitschnitte aus dem Parlament?«
»Hunderte von Stunden von dem Zeug.« Harmison nickte in Richtung der Batterie von Geräten. Aber Grimm schnippte mit den Fingern, um sie auf sich aufmerksam zu machen.
»Ich geb Sie jetzt an meine Assistentin zurück«, sagte er zu dem Anrufer. »Und sie vereinbart mit Ihnen einen Termin.«
Harmison rannte beinahe zu ihrem Schreibtisch und dem Terminkalender. Clarke vermutete, dass dieser Eifer dem Wort »Assistentin« zu verdanken war. Keine bloße Sekretärin oder Empfangsdame mehr …
Grimm nickte dankbar, als er auf Clarke zuging. »Danke für den Tipp«, sagte er.
»Hazel hat mir gerade von dem Festival der Politik erzählt.«
Grimm verdrehte die Augen gen Himmel. »Was’n Albtraum. Der Künstler hatte keine Ahnung, was er eigentlich wollte. Jettet zwischen Genf, New York und Madrid umher... Wir haben gelegentlich eine E-Mail oder ein Fax von ihm bekommen. ›Besorgen Sie mir etwas O-Ton von einer Debatte, aber eine richtig hitzige, ja?‹ ›Sämtliche Sitzungen eines der Ausschüsse … ein paar Aufnahmen von den Führungen … Interviews mit Besuchern …‹ Er drückte sich so unbestimmt wie sonst was aus, und anschließend erklärte er uns, das wär nicht das, was er gewollt hatte. Zum Glück haben wir alle seine E-Mails aufbewahrt.«
»Und natürlich hat Charlie sämtliche persönlichen oder telefonischen Besprechungen mitgeschnitten?«
»Wie haben Sie das erraten?«
»Hazel hat es mir erzählt.«
»Tja, also, unser Künstler war davon begeistert. Ich meine, nicht jeder freut sich, wenn er erfährt, dass man ihn ohne sein Wissen aufgenommen hat …«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Clarke gedehnt.
»Er dagegen fand das irrsinnig komisch.«
»Klingt aber wie ein richtig großes Projekt.«
»So gut wie fertig. Ich hab eine zweistündige Collage zusammengestellt, und so weit scheint sie ihm zu gefallen. Will sie mit irgend so einer Videoinstallation im Parlamentsgebäude verwenden.« Grimms abschließendes Achselzucken schien seine Meinung zu »Künstlern« erschöpfend zusammenzufassen.
»Wie heißt er?«
»Roddy Denholm.«
»Und er wohnt nicht in Schottland?«
»Hat eine Wohnung in der New Town, scheint aber nie da zu sein.«
Die Gegensprechanlage summte: Goodyear kam mit den Tonbandspulen und den Digitalrekordern zurück.
»Was genau glauben Sie, was wir da rausholen könnten?«, fragte Grimm und starrte auf die Plastiksäcke, die Goodyear auf den Boden stellte.
»Um ehrlich zu sein, weiß ich’s selbst nicht«, gestand Clarke ein. Hazel Harmison hatte den Termin vereinbart und starrte jetzt mit morbider Faszination auf die Säcke. Sie hatte wieder einmal die Arme verschränkt, aber die Wirkung ließ offenbar viel zu wünschen übrig.
»Hast du den Termin auf heute oder morgen gelegt?«, fragte Grimm, in der Hoffnung, sie abzulenken.
»Morgen Mittag.«
»Dieser Mitschnitt, den Sie im Parlament gemacht haben …«, fragte Clarke Grimm. »Sie sagten, Sie hätten einen der Ausschüsse aufgenommen, dürfte ich fragen, welchen?«
»›Urbane Regeneration‹«, antwortete er. »Nicht gerade rasend spannend, das können Sie mir glauben.«
»Ich glaub’s Ihnen«, erwiderte Clarke. Trotzdem interessant. »Dann haben also Sie die eigentlichen Aufnahmen gemacht – nicht Riordan?«
»Wir beide.«
»Die Vorsitzende dieses Ausschusses ist Megan Macfarlane, richtig?«
»Woher wissen Sie das?«
»Sagen wir mal, ich interessiere mich für Politik. Was dagegen, wenn ich da mal reinhöre?«
»Ins Urban Regeneration Committee?« Er klang völlig verdutzt. »Das nenne ich schon nicht mehr ›politisch interessiert sein‹, Sergeant …«
Sie ging auf das Spiel ein. »Sondern?«
»Masochismus«, erklärte er und wandte sich zum Mischpult.
»Gill Morgan?«, fragte Rebus in die Gegensprechanlage. Er stand vor einem
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