Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Titel: Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
Version der Welt überhaupt nicht.
    Fühlt man sich so, wenn man ein Geist ist?, fragte er sich.
    Er ging über die Ampel und stieß die Tür zur Bar des Caledonian Hotel auf. Das Lokal schien gut besucht zu sein. Auf der Hi-Fi-Anlage lief Jazz, und Freddie war mit einem Cocktailshaker zugange. Eine Kellnerin wartete darauf, ihr Tablett mit Drinks zu einem Tisch voll lachender Menschen bringen zu können. Alle sahen wohlhabend und selbstbewusst aus. Manche hielten sich ein Handy ans Ohr, auch während sie mit ihrem Tischnachbarn sprachen. Rebus ärgerte sich einen Moment darüber, dass sein Barhocker besetzt war. Tatsächlich waren alle Barhocker besetzt. Er wartete, bis der Barkeeper die Gläser vollgeschenkt hatte. Die Kellnerin entfernte sich mit dem Tablett, und Freddie entdeckte Rebus. Sein Stirnrunzeln verriet ihm, dass sich die Situation inzwischen geändert hatte. Die Bar war nicht mehr leer, und Freddie würde zu Gesprächen nicht bereit sein.
    »Das Übliche, bitte«, sagte Rebus trotzdem. Und dann: »War keine Übertreibung, das mit Ihrer Doppelschicht …«
    Diesmal kam der Whisky gleich mit der Rechnung. Rebus lächelte, um Freddie zu signalisieren, dass er nichts dagegen hatte. Er goss ein paar Tropfen Wasser ins Glas und ließ es dann in der Hand kreisen, roch daran, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ.
    »Sie sind weg, falls es Sie interessiert«, sagte Freddie.
    »Wer?«
    »Die Russen. Sind offenbar heute Nachmittag abgereist. In Richtung Moskau abgedüst.«
    Rebus versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Was mich interessiert«, sagte er, »ist, ob Sie diesen Namen gefunden haben.«
    Der Barkeeper nickte langsam. »Ich hätte Sie morgen angerufen.« Die Kellnerin war mit einer weiteren Bestellung gekommen. Zwei große Gläser Rotwein und ein Glas vom Hauschampagner. Rebus konzentrierte sich auf die Unterhaltung seiner Tresennachbarn. Zwei Geschäftsleute mit irischem Akzent, die kein Auge von der Fußballübertragung auf dem stumm gestellten Fernseher wandten. Irgendein Immobiliendeal war geplatzt, und sie ertränkten ihren Kummer in Alkohol.
    »Und Gott gewähre ihnen einen langsamen Tod«, schien ihr momentaner Lieblingstrinkspruch zu sein. Was Rebus an Bars mit am meisten gefiel, war die Gelegenheit, anderer Leute Leben zu belauschen. Machte ihn das zu einem Voyeur, nicht viel anders als Charles Riordan?
    »Die geringste Chance, dass wir sie unsererseits linken können …«, sagte einer der Iren gerade. Freddie hatte die Champagnerflasche in den Eiskübel zurückgestellt und kam wieder an Rebus’ Platz.
    »Es ist der Minister für Wirtschaftsentwicklung«, erklärte der Barkeeper. »Minister werden auf der Website des Parlaments als Erste aufgelistet. Sonst hätt’s schon eine Weile länger dauern können …«
    »Wie heißt er?«
    »James Bakewell.«
    Rebus fragte sich, woher er den Namen kannte.
    »Ich hab ihn vor ein paar Wochen im Fernsehen gesehen«, fuhr Freddie fort.
    »In Question Time?«, fragte Rebus. Der Barmann nickte. Ja, weil Rebus ihn da ebenfalls gesehen hatte, wie er sich, über Alexander Todorow hinweg, mit Megan Macfarlane in den Haaren lag. Alle schienen ihn Jim zu nennen … »Und er war mit Sergei Andropow hier, am selben Abend wie der Dichter?« Wieder nickte Freddie.
    Und auch am selben Abend wie Morris Gerald Cafferty. Rebus legte die Hände auf den Tresen und stützte sein ganzes Gewicht darauf. Ihm drehte sich der Kopf. Freddie hatte sich entfernt, um eine weitere Bestellung entgegenzunehmen. Rebus dachte an die Aufzeichnung von Question Time. Jim Bakewell war ein nicht hundertprozentig zurechtgehobelter New-Labour-Mann gewesen. Entweder er ließ keinen Imageberater an sich heran, oder das war sein Image. Ende vierzig, mit einer dunkelbraunen Mähne und einer Nickelbrille. Kantiger Unterkiefer, blaue Augen und eine selbstironische Art. Dass er einen sicheren Sitz in Westminster aufgegeben hatte, um für das Schottische Parlament zu kandidieren, hatte ihm nördlich der Grenze eine Menge Sympathien eingebracht. Das machte ihn in der Tat zu einer seltenen Spezies. Rebus hatte den Eindruck, dass nach wie vor viele politische Talente nach London abwanderten. Freddie hatte keine Aufpasser erwähnt, was Rebus ebenfalls interessant fand. Wenn Bakewell sich in amtlicher Funktion mit den Russen getroffen hätte, wären mit Sicherheit allerlei Assistenten und Berater dabei gewesen. Der Minister für Wirtschaftsentwicklung …

Weitere Kostenlose Bücher