Ein Ring von Tiffany - Roman
auf der Piste, wie jeder normale Mensch, amüsiert sich und genießt die nette Gesellschaft, und du hast dich geweigert mitzugehen?«
»Ich habe mich nicht geweigert , ich habe mich bloß anders entschieden. Außerdem habe ich einen Berg von Arbeit.«
»Okay, okay, querida . Ich muss los. Wenn ich noch eine Minute länger bleibe, rege ich mich nur tierisch über dich auf. Dann klinge ich wie meine Mutter und frage dich, warum jemand, der so jung und schön und charmant ist wie du, darauf besteht, sich in einem chronischen Winterschlaf einzumotten statt aufzublühen.«
» Aufzublühen? Hast du das gerade gesagt?« Leigh warf einen Blick auf den Umschlag eines Katalogs von Sharper Image und feuerte auch ihn in den Papierkorb.
»Ach!« Adriana hob resigniert die Hände. Die Frau war echt unmöglich. Und ihr perfekter Freund war glatt an sie verschwendet. Russell wollte vermutlich einfach nur ausgehen, ein bisschen entspannen, ein bisschen Spaß haben, und seine Freundin wusste nicht einmal, was das Wort bedeutete. »Ich finde, du solltest zu diesem langweiligen Dinner gehen, und ich amüsiere mich irgendwo mit Russell.«
Leigh verdrehte die Augen. »Ab mit dir! Grüß Toby von mir. Und benimm dich, ja? Keine Faxen bei der Dinnerparty.«
»Was, hast du Sorge, dass wir es auf dem Gästeklo miteinander treiben?«, fragte Adriana und grinste.
»Ich habe eher Sorge, dass du es auf dem Gästeklo mit jemand anderem als Toby treibst.«
Adriana legte das Gesicht gespielt in Falten. »Hmmm. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Sehr interessant...«
Die Fahrt bis zur Kreuzung 74. Straße/Park Avenue wollte kein Ende nehmen. Sie, Adriana de Souza, war zu jung für formelle Abendeinladungen in gediegenen Wohngegenden! Zu jung, um ihre Traumfigur unter knielangen Röcken und Trenchcoats zu verstecken! Zu jung, um den Rest ihres Lebens mit einem einzigen Mann zuzubringen! Es war doch total albern, diese Hechelei, nur ja einen Mann zu finden, bloß weil sie bald dreißig wurde. Was für ein Druck! Von ihren Eltern, aber auch von ihren Freundinnen: Warum waren sie so überzeugt, dass ihr Weg der richtige war? Mit jeder Straße, die sie querten, wuchs Adrianas Zorn; als sie am MetLife-Gebäude vorbeirauschten, stand ihr Entschluss fest. Sie würde dieser Farce ein Ende machen, ein für alle Mal. Und wenn sie damit eine Wette verlor - auch egal.
Die Limousine zischte an Bear Stearns vorbei, und Adriana musste an Emmys Duncan denken, wie immer, wenn sie das Gebäude
sah, in dem er einst den (jedenfalls von ihr) unvergessenen Spruch losgelassen hatte, er säße hier »am Drücker«. Sie hatte ihn nie gemocht, aber sie musste zugeben, dass er ein halbwegs attraktiver, mit überreichlichem Selbstbewusstsein gesegneter, typischer New Yorker Banker mit freier Auswahl unter den Mädels war. Wenn Duncan Emmy gegen ein acht Jahre jüngeres Modell ausgetauscht hatte, konnte man dann nicht davon ausgehen, dass seine Freunde und Kollegen es ihm gleichtun würden? Aber sicher doch. Und dann war da immer noch Yani. Im Lauf der letzten Monate hatte sie sich verstärkt bemüht, mit ihm zu flirten, ihn auf sich aufmerksam zu machen - bis zu dem vernichtenden Moment, als sie ihn nach einem Vormittagskurs ein anderes Mädchen küssen sah. Das weder schöner noch besser in Form war, o nein, aber einen klaren und unbestreitbaren Vorteil aufzuweisen hatte: Sie konnte keinen Tag älter als zwanzig sein. Und schließlich Toby. Auch wenn die Erkenntnis von ihrer Mutter stammte, musste Adriana ihr beipflichten: Es gab zwar jede Menge erfolgreiche, gut aussehende und vermögende Männer, aber nicht allzu viele von ihnen waren hetero oder ungebunden. Und wie viele von diesen Letzteren würden lieber eine Frau von dreißig plus statt einer knackfrischen Zweiundzwanzigjährigen heiraten, die sie aus großen Augen anhimmelte und deren Miene sagte: »Ich bete dich an, und jede Silbe, die du von dir gibst, klingt für mich wie Gottes Wort«? Adriana wusste, dass sie anfangs noch ein bisschen mogeln konnte, aber die Zeiten, in denen sie den Männern zu Füßen gelegen hatte, waren lang vorbei - wenn sie ihrer Aufmerksamkeit wert waren, durften sie herzlich gern ihr zu Füßen liegen.
Bei ihrer Ankunft erwartete Toby sie vor dem Haus. Adriana hätte ihm beinahe gesagt, Stoffhosen zu seinem Blazer wären passender gewesen als Jeans - in der Park Avenue galten doch deutlich andere Bekleidungskriterien als in den Hollywood Hills -, aber dann fiel ihr ein, dass
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