Ein Ring von Tiffany - Roman
sie die Zweiundzwanzigjährige in sich freisetzen wollte; sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm
ins Ohr: »Du siehst heute Abend ja so was von scharf aus. Ich kann’s kaum erwarten, bis wir - ungestört sind.«
Er strahlte ungeniert. »Echt?«
Lieber Gott, es war doch dermaßen einfach. Mr. Superstar-Regisseur mochte vor Großspurigkeit und Selbstbewusstsein nur so strotzen, wenn es ums Filmemachen ging, aber an diese Art von Kompliment war er eindeutig nicht gewöhnt. Adriana übte sich kurz in Kopfrechnen und kam zu dem Ergebnis, dass sie soeben die Suche nach dem Ring des Jahres 2008 vermutlich um einen vollen Monat verkürzt hatte.
»Echt«, gurrte sie.
Der Portier hieß sie namentlich willkommen und geleitete sie zu dem üppig ausgepolsterten Fahrstuhl. »Damit gelangen Sie bis ganz nach oben«, sagte er ohne eine Spur von Ironie. Adriana verdrehte die Augen, und Toby lachte. Doch nicht so übel , dachte sie und ließ sich von Toby rücklings umarmen, als die Tür sich schloss. Er ist knuddelig und süß, und er liebt mich. Ich könnte mich daran gewöhnen, wenn es sein muss.
Was exakt zehn Sekunden anhielt, genau die Zeit, bis der Fahrstuhl sie direkt in das Penthouse-Apartment entließ und Adriana mit der ersten Person in Reichweite Blickkontakt aufnahm.
»Ja, wen haben wir denn da«, krähte Toby, ließ Adriana los und streckte dem Mann die Hand entgegen. »Süße, darf ich vorstellen. Dean Decker, das ist Adriana de Souza. Adriana, Dean.«
Adrianas Hirn arbeitete auf Hochtouren. Woher kannten Dean und Toby einander? Hatte sie damals auf dem Flug Dean gegenüber Toby erwähnt? Würde sie gleich von irgendwem für irgendwas festgenagelt oder eingebuchtet werden? Nein, soweit sie das in der Eile überblicken konnte, hatte sie sich nichts zuschulden kommen lassen, trotzdem war sie noch zu geschockt, um auch nur halbwegs angemessen zu reagieren. Zum Glück wirkte Dean sehr viel gefasster, wenn nicht sogar amüsiert.
»Adriana, ja? Toller Name. Hey, nett, Sie kennenzulernen.« Er hielt ihr die Hand hin.
»Ganz meinerseits«, brachte sie mit Mühe heraus. Und spürte, wie sich sämtliche Härchen auf ihren Armen aufrichteten, als ihre Hände sich berührten. Er war einfach zum Anbeißen, daran gab es nichts zu deuteln, vor allem, nachdem er exakt in der gleichen Aufmachung (schwarzer Blazer, weißes Hemd und Jeans) wie Toby erschien. Keine zwei Sekunden zuvor hatte Toby noch einigermaßen attraktiv gewirkt, doch nun, im direkten Vergleich mit Dean, kam er wie ein altnorwegischer Troll daher. In Gedanken sah Adriana ein verstörendes Bild vor sich: Fotos von Toby und Dean, Seite an Seite in der Kolumne »Kein Vergleich, sagt der Scheich« von US Weekly , bei der sich die Befragten zu hundert Prozent für Dean entscheiden würden. Was ihres Wissens noch nie da gewesen war - nicht mal bei der Gegenüberstellung von Rosie O’Donnell und Naomi Campbell -, aber vor ihrem inneren Auge sah sie die Resultate kristallklar vor sich.
Toby, der sich offenbar weder des Partnerlooks mit Dean noch seiner vernichtenden Niederlage im Vergleich bewusst war, legte ostentativ einen Arm um Adrianas Schultern und schob sie näher zu Dean hin, bis ihre Köpfe nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. »Wir haben Dean gerade für die Hauptrolle in Around Her verpflichtet«, verkündete er verschwörerisch.
Adrianas Blick wanderte blitzschnell zu Dean.
»Stimmt.« Dean nickte und grinste.
Vor Überraschung wurde ihr schwindlig. »Echt?«, quiekte sie. Reiß dich zusammen! , schalt sie sich und holte dann das Killerlächeln aus der Kiste, das sie sich eigentlich nur für besondere Anlässe vorbehielt (der Frau eines aktuellen Lovers vorgestellt werden, Papa um ein neues Auto bitten etc.).
»Wie wundervoll ! Meinen herzlichen Glückwunsch euch beiden!« So. Das traf es schon eher.
Eine hochgewachsene, auffallende Erscheinung in einem zeitlosen Chanelkostüm trat auf sie zu.
»Willkommen bei unserer kleinen Soiree«, säuselte sie und verteilte Luftküsse rings um das Grüppchen. »Wie schön, dass ihr Jungs aus Kalifornien es alle hierhergeschafft habt.«
»Catherine«, sagte Toby, nahm ihre Hände und küsste sie auf beide Wangen.
Adriana bekam das kalte Grausen. Also wirklich! Schlimm genug, wenn Europäer sich wie Europäer aufführten, aber Amerikaner , die sich wie Europäer aufführten, waren echt der Abschuss.
»Ich möchte dir meine Freundin Adriana de Souza vorstellen.« Bei den Worten »meine
Weitere Kostenlose Bücher