Ein Ring von Tiffany - Roman
nach meinem Abschluss machen - wisst ihr noch? -, aber dann hat mein Dad mir die Assistentenstelle bei Brook Harris verschafft und immer gesagt, ein guter Lektor - oder Autor - bräuchte keinen höheren akademischen Abschluss; das Beste, was ich für meine Karriere tun könnte,
wäre, einfach loszulegen.« Sie lachte bitter. »Wobei wir beide nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen haben, dass das gar nicht die Karriere ist, die ich wollte.«
»Aber Leigh, Schätzchen«, wandte Emmy ein, »du bist doch so ein Ass in der Branche! Stehst kurz vor einer Megabeförderung, arbeitest mit einem Megabestsellerautor -«
»Habe mit ihm gearbeitet. Betonung auf ›habe‹«, unterbrach Leigh sie.
Adriana seufzte. Leigh konnte manchmal echt theatralisch werden. »Bloß weil du mit ihm geschlafen hast, musst du doch nicht gleich als seine Lektorin das Handtuch werfen, Leigh. Wenn jeder sich weigern würde, mit jemandem zu arbeiten, der schon mal bei ihm im Bett gelandet ist, würde die gesamte Weltwirtschaft zusammenbrechen.«
»Da hast du recht«, sagte Leigh. »Das hätten wir vielleicht hinbekommen. Und Henry wäre es weiß Gott egal gewesen, solange das Manuskript nur rechtzeitig vorliegt. Ich sagte Betonung auf ›habe‹, weil ich bereits gekündigt habe. Gestern, um genau zu sein.«
»Jetzt hör aber auf!«, plärrte Emmy. Eine Touristengruppe im Vorrentenalter starrte zu ihnen herüber. »Du machst Witze, oder?«, flüsterte sie.
»Wieso hast du mir gestern beim Shoppen nichts davon gesagt?«, fragte Adriana und packte Leigh am Arm. »Hast du bloß vergessen, es zu erwähnen?«
»Ich brauchte ein bisschen Zeit, um es zu verarbeiten. Ich habe Henry gesagt, dass es nicht eilt und ich so lange bleibe, bis alles reibungslos übergeben ist, aber dass ich definitiv gehen will.«
»O nein«, keuchte Emmy.
»Wie hat er es aufgenommen?«, fragte Adriana. Wider Willen war sie ein klitzekleines bisschen angefressen, dass Leigh ihr die Schau gestohlen hatte. Immerhin war sie ja selbst mit aufregenden Neuigkeiten zu dem Treffen gekommen.
»Er war ziemlich überrascht. Sagte, er bekäme seit Wochen bizarre Anrufe von Jesse, der behauptete, es gäbe da etwas - worauf er nicht näher eingehen wolle -, womit er mir womöglich auf den Schlips getreten sei, und es sei ganz und gar seine Schuld, und es würde nie wieder vorkommen, und offenbar hat er Henry fast auf Knien angefleht, ihm keinen anderen Lektor zu geben.«
»Na, das war doch nett von ihm. Henry weiß aber nicht Bescheid, oder was meinst du?«, fragte Emmy.
»Nein. Er denkt offenbar, Jesse hätte mich irgendwie angebaggert und in eine blöde Situation gebracht, woraufhin ich ausgeflippt bin. Und meint nun, dass ich deswegen nicht mehr mit ihm arbeiten will; er hat sogar versucht, mir einzureden, gelegentliche Perversoanfälle eines Autors gehörten mit dazu, seien sozusagen Berufsrisiko oder so was.« Leigh lachte verlegen und nippte an ihrem Tee. »Was er wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass ich Jesse praktisch ins Bett gezerrt habe?«
» Querida , ich fass es nicht, dass du tatsächlich gekündigt hast! Wie sieht dein Schlachtplan aus?«
»Ob du’s glaubst oder nicht - zum ersten Mal in meinem Leben kann ich es dir nicht genau sagen.« Was Leigh nicht sonderlich zu beunruhigen schien. Sie goss sich Tee nach. »Ich will mir einfach eine Auszeit nehmen, nichts übereilen, vielleicht ein bisschen verreisen, bevor ich hoffentlich im Herbst mit der Uni anfange. So ganz im Detail habe ich’s mir noch nicht überlegt, aber wahrscheinlich werde ich mein Apartment verkaufen müssen und« - sie blickte zu Emmy - »mir jemanden zum Zusammenwohnen suchen. Fühl dich um Gottes willen nicht unter Druck gesetzt, Em, aber ich weiß, dass du mit deiner Wohnung todunglücklich bist und schon seit Ewigkeiten davon redest auszuziehen, also, lass dir Zeit mit der Antwort, aber wie wär’s, und wir suchen uns zusammen irgendwo eine nette kleine Dreizimmerwohnung?«
Leigh machte alles kaputt! Da hatte Adriana sich so einen
tollen Plan zurechtgelegt und daraufhin gefiebert, Emmy davon zu erzählen, und jetzt vermasselte ihr Leigh den großen Auftritt. Sie versuchte, sich einzuschalten: »Also, wisst ihr was? Ich hätte da etwas -«
»O Gott, ist das dein Ernst?«, quiekte Emmy. »Das wäre einfach super. Super, super, super. Ich halt’s keine Sekunde länger in dieser Scheißschuhschachtel aus. Ich ziehe überall hin. Egal, wohin! Ich will nur einen Backofen. Und einen
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