Ein Ring von Tiffany - Roman
diejenige zu sein, die auf irgendwelchen Bänken eingezwängt
wurde. »Wie kommt eigentlich Russell damit klar, dass du menschliche Nähe nicht ertragen kannst?«
»Das stimmt doch gar nicht, dass ich menschliche Nähe nicht ertragen kann. Ich brauche bloß eine kleine Pufferzone, ein bisschen Bewegungsfreiheit. Was gibt es denn dagegen einzuwenden?«, gab Leigh zurück.
»Ist ja gut. Trotzdem interessiert es mich, wie er damit umgeht. Akzeptiert er deinen Tick? Oder eher nicht?«
Leigh seufzte noch einmal. »Er stört sich daran. Und das macht mir zu schaffen. Er kommt aus einer großen, glücklichen Familie, wo jeder jeden abküsst! Ich bin ein Einzelkind, und meine Eltern sind in etwa so zärtlich wie Porzellanfiguren. Ich arbeite daran, aber ich kann doch auch nichts dafür, dass mich dieses ganze Geschmuse und Getatsche wahnsinnig macht.«
Adriana lenkte ein. »Mehr wollte ich gar nicht wissen. Hauptsache, du bist dir über das Problem im Klaren.«
Leigh nickte. »Ich bin mir darüber im Klaren. Permanent, pausenlos, immerzu. Und ich werde weiter versuchen, mich zu ändern. Versprochen.«
Emmy pflanzte sich neben Adriana auf die Bank. »Und, wie war es beim Yoga? Hast du Yani endlich rumgekriegt?«
»Noch nicht. Aber über kurz oder lang muss er meinen Reizen erliegen«, antwortete Adriana.
Leigh pflichtete ihr bei. »Die Kerle können gar nicht anders. Bei Adriana wird jeder schwach.«
Emmy schlug mit der Hand auf den Tisch. »Mädels, Mädels! Wir haben doch hoffentlich unsere Abmachung nicht schon vergessen? Adriana verzichtet auf Gelegenheitssex. Natürlich darf Yani gern ihr fester Freund werden, aber nicht ihr One-Night-Stand. Das sind die Regeln.«
»Ach ja, die Abmachung. Da hatten wir wohl alle einen Cocktail zu viel intus. Und über die Regeln waren wir uns doch auch noch nicht einig. Ich finde, bis dahin darf ich mir Yani ruhig als Appetithappen zwischendurch genehmigen.« Adriana
lächelte mädchenhaft, so dass ihre Grübchen zum Vorschein kamen.
Emmy warf ihr einen Handkuss zu. »Spar dir deine Grübchen für deinen Zukünftigen auf. An diesem Tisch nützen sie dir gar nichts. Außerdem muss ich euch was erzählen.«
»Über Duncan?«, rutschte es Leigh automatisch heraus. Eine Sekunde lang hatte sie ganz vergessen, dass die beiden jetzt schon seit fast drei Wochen getrennt waren.
»Nein, nicht über Duncan. Aber dabei fällt mir ein, dass ich seine Schwester getroffen habe. Sie hat mir erzählt, dass er zusammen mit seiner jungfräulichen Cheerleaderin und drei anderen Pärchen für den Juli und August ein Sommerhaus in den Hamptons gemietet hat.«
»Ein Superplan. Sie blättern zwanzig Riesen für ein winziges Zimmerchen mit gemeinschaftlicher Badbenutzung hin, um sich ansehen zu können, wie sich Stoßstange an Stoßstange die Autos vorbeischieben, während sie zwei Monate lang keinen Sex haben? Klingt nach einem Traumurlaub. Ich muss euch doch nicht an den Sommer 2003 erinnern?«
Adriana schüttelte sich. Schon beim bloßen Gedanken daran bekam sie das große Nervenkribbeln. Das Ganze war ihre Idee gewesen. Sie konnte sich kaum etwas Besseres im Leben vorstellen als eine Villa mit Swimmingpool und Tennisplatz, in der vierzig bis fünfzig etwa gleichaltrige Singles Ferien machten. Sie hatte Emmy und Leigh damit so lange in den Ohren gelegen, bis sie schließlich ja sagten. Der konstante Höllenlärm, die Vierundzwanzigstundenpartys und das Komasaufen waren ihnen derma ßen zuwider gewesen, dass sie die ganze Zeit wie siamesische Drillinge hinter dem Pool aufeinandergehockt hatten. »Nein, bitte nicht. Fang bloß nicht davon an. Wenn ich nur daran denke, kriege ich heute noch ein posttraumatisches Stresssyndrom.«
»Keine Bange. Von mir aus können Duncan und seine Tussi zur Hölle fahren. Ich hatte diese Woche ein langes Gespräch mit Chef Massey. Sein Angebot, mich als Scout ins Ausland zu
schicken, steht noch. Allein in diesem Jahr will er zwei neue Restaurants eröffnen, und dafür braucht er Leute vor Ort, die alles überwachen, bei der Personalauswahl helfen und so weiter. Und natürlich, wenn irgend möglich, neue Menüvorschläge mitbringen. Ich fange Montag in einer Woche an.«
»Herzlichen Glückwunsch!«, sagte Leigh.
Adriana drückte Emmys Hand und gab sich große Mühe, sich für sie zu freuen. Schließlich hatte sie es in der letzten Zeit wirklich nicht leicht gehabt. Trotzdem fiel es ihr manchmal schwer, für die beruflichen Erfolge ihrer Freundinnen die nötige
Weitere Kostenlose Bücher