Ein Ring von Tiffany - Roman
Begeisterung aufzubringen. Obwohl die beiden sie oft genug um ihr Lotterleben beneideten und alles dafür gegeben hätten, über ihre zeitlichen und finanziellen Mittel zu verfügen, reichte ihr das seit einiger Zeit nicht mehr. Aber natürlich hätte sie keinen ihrer Jobs geschenkt haben wollen, so viel stand fest. Emmys Gruselgeschichten über selbstverliebte Meisterköche und unverschämte Servicekräfte luden nicht gerade dazu ein, von einer Karriere in der Gastrobranche zu träumen. Leighs Arbeitszeiten waren der reine Wahnsinn, und sie jammerte ständig über durchgeknallte Autoren und einen aberwitzigen Termindruck. Adriana hatte sich schon gefragt, ob sie nicht manchmal sogar ein bisschen neidisch war auf die Leute, die die Bücher schreiben durften und sie nicht bloß lektorieren mussten. Aber Adriana musste auch zugeben, dass die beiden in ihren Berufen trotz allem eine gewisse Erfüllung fanden - eine Bestätigung, die ihr nicht vergönnt war. Womit beschäftigte sie sich denn schon den lieben langen Tag? Mit Körperpflege, Fitness, Restaurantbesuchen, Galas. Dabei hatte sie es sogar auch schon mit Arbeiten probiert, und nicht nur einmal. Gleich nach dem College hatte sie sich beim Luxuswarenhaus Saks um eine Ausbildungsstelle im Einkauf beworben, aber sofort wieder gekündigt, nachdem ihr klar geworden war, dass sie anfangs lediglich für Make-up und Accessoires zuständig sein würde und es Jahre dauern konnte, bis sie sich zur Designermode hochgearbeitet
hatte. Und dann der Job in der Werbeagentur, für den sie sich fast hätte erwärmen können, wäre da nicht ihr Boss gewesen, der die Frechheit besessen hatte, sie in den Schnee hinauszuschicken, um ihm einen Kaffee zu holen. Danach hatte sie es noch ein paar Wochen in einer berühmten Galerie in Chelsea ausgehalten, aber nur so lange, bis ihr dämmerte, wie naiv sie gewesen war, sich einzubilden, dass sie in der Kunstwelt irgendwelche lohnenswerten Heteromänner kennenlernen würde. Immerhin wusste sie nach dieser Pleite genau, dass es sich für sie einfach nicht rechnete, für ein paar tausend Dollar im Monat vierzig Stunden die Woche zu arbeiten und so viele andere Seiten ihres Lebens zu vernachlässigen. Obwohl sie also aus Erfahrung wusste, dass sie ihre Freiheit niemals gegen einen öden, blöden Achtstundenjob eintauschen würde, wünschte sie sich manchmal, noch andere Talente zu besitzen als nur die Gabe der Verführung. Wobei Yani hier momentan die Ausnahme von der Regel darstellte.
»… ich darf also jeden Monat ein bis zwei Wochen in der Weltgeschichte herumreisen. Und er sucht schon nach einem Ersatz für mich im Willow, damit ich mich noch mehr auf die Neueröffnungen konzentrieren kann. Mein Tätigkeitsfeld ist ungeheuer vielseitig: Lokalitäten finden, Personal einstellen, Menüs zusammenstellen und dafür sorgen, dass das Restaurant gut anläuft. Ist das nicht fantastisch?« Emmy strahlte.
Adriana hatte kein Wort mitbekommen. »Wie war das?«, fragte sie.
Leigh funkelte sie an. »Emmy hat gerade erzählt, dass das Jobangebot von Chef Massey noch auf dem Tisch liegt. Und dass sie es annehmen will.«
»Das Gehalt entspricht nicht ganz meinen Erwartungen, aber andererseits bin ich ja die meiste Zeit unterwegs und hab kaum Kosten für den Lebensunterhalt. Und jetzt: das Größte. Meine erste Reise geht wohin? Nach Paris! Als Einstieg. Jetzt seid ihr baff, was?«
Adriana kämpfte die Missgunst nieder, die beim Anblick der überglücklichen Emmy in ihr hochstieg. Ist doch bloß Paris , sagte sie sich. Schon tausendmal gesehen.
Leigh hauchte: »Ein Traum!«
Als Emmy aus Versehen einen Schluck aus Adrianas Kaffeetasse nahm, musste die sich beherrschen, um ihr nicht die Gabel in die Hand zu stechen. Wieso um alles in der Welt war sie so wütend? War sie tatsächlich so eine eifersüchtige, gehässige Person, dass sie sich nicht über den Erfolg ihrer besten Freundin freuen konnte? Sie rang sich ein Lächeln ab und gratulierte ihr auf die einzige ihr mögliche Weise: »Du weißt, was das bedeutet, querida ? Du wirst deine erste Affäre mit einem Franzosen haben.«
»Ja, und ich hab übrigens noch ein bisschen über unsere Abmachung nachgedacht.«
»Du willst doch wohl nicht jetzt schon kneifen?«, fragte Adriana listig. Sie hob die Kaffeetasse an die Lippen.
Emmy räusperte sich und hob spöttisch die Augenbrauen. »Kneifen? Aber ich doch nicht. Ich wollte nur die Regeln ein bisschen präzisieren.«
»Kannst du nicht mal’ne andere
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