Ein Ring von Tiffany - Roman
sichtlich erleichtert.
»Wie wäre es, wenn ein Schweizer als Joker gilt?«, schlug Leigh vor. »Die Schweiz ist neutral. Ich finde, wenn du mit einem Schweizer schläfst, kann er für jeden Kontinent zählen.«
Die drei lachten und konnten sich gar nicht mehr einkriegen, als wären sie noch alberne Collegemäuse.
Adriana nahm ein blaues Töpfchen aus ihrer Yogatasche und cremte sich mit einer klaren Salbe die Lippen ein, ein kleines Ritual, das nicht nur ihre Freundinnen, sondern auch die (männlichen) Gäste an den Nebentischen mit gebannter Aufmerksamkeit verfolgten. Es tat ihr gut, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Zu oft quälte sie sich in letzter Zeit mit dem Gedanken, dass Schönheit nicht von Dauer war. Gewusst hatte sie das natürlich schon immer - so wie man als Teenager weiß, dass man irgendwann sterben muss -, aber sie hatte ihre Schwierigkeiten damit, es wirklich zu begreifen, obwohl ihre Mutter keine Gelegenheit ausließ, sie daran zu erinnern, seit sie sich als Vierzehnjährige an einem Abend mit zwei verschiedenen Jungen verabredet hatte. Auf die Frage, mit welchem von beiden sie sich denn nun treffen wollte, hatte Adriana ihre attraktive Mutter verständnislos angeblickt und sie gefragt: »Wieso soll ich denn einen von ihnen enttäuschen, Mama? Der Abend ist lang genug für beide.«
Lachend hatte ihre Mutter ihr die Hand an die heiße Wange gelegt. »Genieß deine Jugend, Kind. Sie ist früh genug vorbei.«
Adriana hatte einfach nicht damit gerechnet, dass dieses »früh genug« schon so bald eintreten würde. Es wurde allmählich Zeit, dass sie mehr aus ihrer Schönheit machte und sie nicht nur dazu benutzte, einen Lover nach dem anderen in ihr
Bett zu locken. Der Vorsatz, sich einen festen Freund zu suchen, war ein Schritt in die richtige Richtung, aber er ging ihr noch nicht weit genug.
Mit großer Geste und einem dramatischen Seufzer hob Adriana die linke Hand. »Seht ihr diese Hand, Mädels?« Leigh und Emmy nickten. »In einem Jahr wird diese Hand ein Ring schmücken. Mit einem dicken, fetten Diamanten. Hiermit erkläre ich, dass ich mich in den nächsten zwölf Monaten mit dem perfekten Mann verloben werde.«
»Adriana!«, quietschte Emmy. »Du willst mich doch bloß übertrumpfen.«
Leigh verschluckte sich an einem Stück Melone. »Verloben? Mit wem? Hast du schon jemanden im Auge?«
»Nein, noch nicht. Aber Emmys Plan, ihr Leben zu ändern, hat mich inspiriert. Außerdem müssen wir langsam den Tatsachen ins Auge sehen, Mädels. Wir werden auch nicht jünger, und ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich zu bedenken gebe, dass die Auswahl an reichen, gut aussehenden und erfolgreichen Männern zwischen dreißig und vierzig begrenzt ist. Wenn wir uns nicht bald einen schnappen,« - sie legte die Hände um ihre strammen Brüste und drückte sie nach oben - »können wir es genauso gut vergessen.«
»Endlich, du hast’s kapiert«, rief Emmy belustigt. »Ein brillanter Plan. Von den Dutzenden, ach was Hunderten erfolgreicher, gut aussehender, alleinstehender Männer um die Dreißig, die wir kennen, suchen wir uns einfach einen aus und rei ßen ihn uns unter den Nagel. Genial.«
Adriana lächelte und tätschelte Emmy herablassend die Hand. »Aber reich sein sollte er schon auch, querida . Ich sag ja gar nicht, dass wir es alle so machen sollten. Du musst dich sowieso zuerst ein bisschen austoben, und ich denke auch, ein paar Partien Bäumchenwechseldich sind genau das, was dir der Onkel Doktor jetzt verschreiben würde. Aber nachdem ich mich in diese Gefilde schon vorgewagt habe …«
»Du meinst wohl, nachdem du sie abgegrast hast«, warf Leigh ein.
»Lach du nur«, sagte Adriana gereizt. Wie immer hatte sie das Gefühl, nicht ganz ernst genommen zu werden. Und das tat weh. »Aber bei einem Fünfkaräter in einer Pavéfassung von Tiffany würde dir das Lachen schon vergehen.«
»Ich finde es zum Schießen«, sagte Emmy, während Leigh losprustete. »Adriana verlobt? Das kann ich mir nicht mal in meinen kühnsten Träumen vorstellen.«
»Ach nein? Auch nicht unwahrscheinlicher, als dass die Weltmeisterin der Monogamie mit jedem Kerl in die Federn hüpft, der ihr unterkommt.«
Leigh wischte sich eine Träne ab, aber sie passte gut auf, dass sie nur ja nicht an der empfindlichen Haut unter ihrem Auge rieb, die infolge ihrer früheren Nikotinsucht vermutlich sowieso schon nicht mehr zu retten war. Und dann kam auf einmal irgendetwas über sie. Lag es an den Endorphinen
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