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Ein Ring von Tiffany - Roman

Ein Ring von Tiffany - Roman

Titel: Ein Ring von Tiffany - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger Regina Rawlinson Martina Tichy
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Sprache. Du darfst das nicht persönlich nehmen, Spatz.« Und dann nickte Leigh und sagte, dass sie es verstünde und dass sie nächstes Mal vorsichtiger sein würde mit dem, was sie sagte, und dass sie es nicht persönlich nehmen wolle.
    »Hi, Dad«, antwortete sie fast schüchtern. Emmy und Adriana
nannten ihre Väter »Daddy«, aber eine derart neckische Anrede wäre bei ihrem Vater undenkbar gewesen. Obwohl er seit sechs Jahren im Ruhestand war, würde Charles Eisner bis ans Ende seiner Tage Cheflektor und Respektsperson bleiben. Zwölf Jahre hatte er als Programmleiter bei Paramour Publishing die Zügel fest in der Hand gehalten - bei ihm gab es keinen »Wischiwaschischmusekurs«, wie er, wenn man ihm Glauben schenken durfte, in allen großen Verlagshäusern Einzug gehalten hatte -, und auch zu Hause war er nach Möglichkeit stets unnahbar und distanziert gewesen. Ob Herbstprogramme oder Terminpläne, ob Ärger mit Volontären oder Druck aus der Chefetage, alles wurde mit der Zeit zur berechenbaren Größe, sogar Autoren. Nur eben Kinder nicht. Diese Unberechenbarkeit war in Leighs Augen schon immer der Grund dafür gewesen, dass er keinerlei Geduld für sie aufbringen konnte. Deshalb bemühte sie sich bis zum heutigen Tag darum, sich in seiner Gegenwart stets so nüchtern und sachlich wie nur irgend möglich auszudrücken. Und vor allem hütete sie sich davor, so zu reden, wie ihr der Schnabel gewachsen war.
    »Meinem zukünftigen Schwiegersohn habe ich schon gratuliert«, sagte er, während er auf Leigh zuging. »Komm her, Kind. Lass mich dich auch beglückwünschen.«
    Nach einer kurzen Umarmung und einem nicht besonders herzlichen Kuss auf die Stirn bat Mr. Eisner die ganze Gesellschaft zu Tisch. Kaum waren sie im Esszimmer, ging es auch schon mit dem Herumkommandieren los.
    »Russell, würdest du bitte den Wein dekantieren? Und wir nehmen die Bechergläser aus der Bar. Carol, machst du bitte den Salat an? Alles andere ist fertig, aber ich wollte mit der Vinaigrette noch warten, damit der Salat nicht matschig wird. Leigh, du setzt dich hin und entspannst. Schließlich ist heute dein ganz besonderer Abend.«
    Seine Bemerkung konnte doch gar nicht anders als nett gemeint sein, oder? Litt sie vielleicht schon unter Verfolgungswahn?
Aber neurotisch hin oder her, sie glaubte auf jeden Fall, eine leise Spitze herausgehört zu haben. »Okay«, antwortete sie. »Dann übernehme ich das Amt der offiziellen Oberentspannerin.«
    Beim Rucola mit Ziegenkäse erzählten ihre Eltern von ihrem Urlaub, beim Filet mit Spargel und Rosmarinkartoffeln erzählten Russell und sie von ihrer Verlobung. Während Russell die Tischgesellschaft mit Anekdoten über den Ringkauf und die Planung des Heiratsantrags unterhielt, ließen sich Leighs Eltern öfter zu einem Lachen hinreißen, als man es sonst von ihnen gewöhnt war, und alles verlief wunderbar friedlich, ja fast freundschaftlich, bis zum Dessert. Denn da klingelte plötzlich Leighs Handy.
    Sie nahm ihre Tasche auf den Schoß und holte das Handy heraus.
    »Leigh!«, schimpfte ihre Mutter. »Wir essen noch.« »Ja, Mutter, ich weiß, aber es ist Henry. Entschuldigt mich bitte kurz.« Zuerst wollte sie sich ins Wohnzimmer verziehen, aber weil dort alle mithören konnten, schlüpfte sie lieber auf die Terrasse hinaus, im Ohr den Kommentar ihres Vaters: »Kein Verleger, für den ich je gearbeitet habe, würde an einem Freitagabend um neun Uhr einen seiner Lektoren anrufen, es sei denn, es wäre eine Katastrophe passiert.«
    »Hallo?«, meldete sie sich beklommen, nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte. Sie war überzeugt, dass ihr Vater recht hatte und Henry nur deshalb anrief, weil er sie feuern wollte. Seit dem Jesse-Chapman-Debakel waren zehn Tage vergangen, und obwohl Leigh sich tausendmal entschuldigt hatte, war Henry ihr gegenüber unterkühlt geblieben.
    »Leigh? Henry hier. Entschuldigen Sie, dass ich Sie so spät noch störe, aber es kann nicht bis morgen warten.«
    Jetzt geht’s los , dachte sie und machte sich auf die Hiobsbotschaft gefasst. Es war übel genug, von dem Verlag vor die Tür gesetzt zu werden, bei dem sie die jüngste Cheflektorin der Geschichte
hätte werden können, aber noch übler war der Gedanke, es gleich ihrem Vater erzählen zu müssen.
    »Ist schon in Ordnung. Ich bin bei meinen Eltern, und wir sind gerade mit dem Essen fertig. Sie hätten sich keinen günstigeren Zeitpunkt aussuchen können. Ist alles in Ordnung?«
    Henry seufzte. Mist.

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