Ein Ring von Tiffany - Roman
»Nein?!«
»Nein.«
»Was meinst du, ist irgendwas faul an dem Typen? Das hat es doch noch nie gegeben, dass Adriana mit einem erfolgreichen,
berühmten, gut aussehenden Kerl ausgeht und nicht mit ihm im Bett landet - weder beim ersten noch beim zweiten Date.«
»Wem sagst du das?« Leigh lachte. »Ich glaube fast, sie nimmt eure Wette ernst. Mir kam es nämlich nicht so vor, als ob an ihm viel auszusetzen ist. Er ist charmant - vielleicht ein kleines bisschen übertrieben hollywoodmäßig, aber nicht eklig oder schleimig. Er ist höflich, sympathisch und ganz eindeutig in sie verknallt.«
»Und sie?«, fragte Emmy.
»Schien von ihm auch hin und weg zu sein. Wir waren zusammen im Odeon essen, aber Russell und ich hätten genauso gut zu Hause bleiben können. Die zwei haben sich die ganze Zeit abgeknutscht.«
»Ist ja wirklich toll«, antwortete Emmy automatisch. Natürlich hätte sie sich darüber freuen müssen, dass die bindungsscheue Adriana die wahre Liebe entdeckt hatte. Genau wie über Izzies Schwangerschaft. Aber es gelang ihr nicht so richtig.
»Abwarten. Nächstes Wochenende fliegt sie zu ihm nach L. A. Ich würde sagen, danach hat sie ihren Teil der Wette wahrscheinlich verloren. Sie hält es im Leben nicht durch.«
»Aber Leigh! So redet man doch nicht über seine beste Freundin.« Emmy spielte die Empörte, obwohl sie sich insgeheim ins Fäustchen lachte.
»Mach mich ruhig nieder. Aber wir kennen doch unsere Adriana, und wir wissen, dass sie nicht der Typ treusorgendes Eheweib ist. Es ist süß, dass sie es versuchen will, aber ich glaub’s erst, wenn ich es sehe.«
»Schön, schön. Und wie geht es dir so? Was macht Russell?«, fragte sie zerstreut. Die beiden jungen Männer auf der anderen Seite des Pools packten ihr Backgammonspiel zusammen und wünschten sich mit einem lässig lockeren Abklatschen eine gute Nacht. Der Blondere der beiden ging mit den Bierflaschen in der Hand und dem Spiel unter dem Arm zurück ins Haus. Der Dunklere kam zum Whirlpool herübergeschlendert.
»Dem geht’s gut. Da gibt’s nicht viel zu berichten. Unsere Mütter drehen zwar bereits wie die Verrückten am Hochzeitsrad, aber wir halten uns nach Möglichkeit raus.«
»Sehr vernünftig«, murmelte Emmy. Nicht sonderlich entzückt beobachtete sie, wie der Typ sein Handtuch nicht weit von ihr auf eine Liege warf und anfing, sein kurzärmeliges weißes Leinenhemd aufzuknöpfen. Wieso musste er sich ausgerechnet direkt neben sie pflanzen, wo doch rings um den gesamten Poolbereich gähnende Leere herrschte?
»Ja, dafür hab ich im Moment auch keine Nerven. In der Arbeit geht es sowieso schon zu wie im Tollhaus, und jetzt hat sich auch noch herausgestellt, dass ich nächste Woche nach Long Island fahren muss.«
»Hmm«, machte Emmy, die kein Wort mitbekommen hatte. Nun zog sich der Typ auch noch die Jeans aus. Darunter trug er dunkelblaue Schwimmshorts. Ausgezogen sah er wesentlich dünner aus, vielleicht sogar mager. Emmy fiel dazu spontan der Ausdruck »gertenschlank« ein. Aber konnte man ein männliches Wesen überhaupt als gertenschlank bezeichnen? Irgendwie war er süß, trotz seines flachen Bauchs und der eher schmächtigen Brust, ein bisschen wie der Musiker John Mayer. In sich gekehrt und stimmungsabhängig. Vielleicht sogar sexy, wenn man mal von dem Hemd absah.
Leigh erzählte irgendwas von den Hamptons und einem neuen Autor, aber Emmy hörte überhaupt nicht mehr zu. Weil der Typ jedes Wort, das sie von sich gab, mitbekam, sagte sie: »Leigh? Ich geh lieber wieder rein. Kann ich dich in ein paar Minuten zurückrufen?«
»Ich schlafe schon im Sitzen. Lass uns lieber morgen weiterreden. Russell ist...«
»Machen wir. Also dann, schlaf schön.« Emmy klappte das Handy zu, ohne Leighs Antwort abzuwarten.
Der Typ lächelte sie an - ein nettes Lächeln, wie sie fand, wenn auch nichts Spektakuläres. Er ließ sich von der obersten
Stufe in das Becken gleiten und schien überhaupt nicht zu bemerken, wie heiß das Wasser war. »Na«, sagte er. »Schmachtest du nach deinem Freund?«
Emmy wurde rot, was sie ärgerte. »Nein. Das war nicht mein Freund. Ich hab gar keinen Freund. Das war meine Freundin Leigh. Aus New York.«
Er grinste. Am liebsten hätte sie erst ihm und dann sich selbst eine runtergehauen. Wieso konnte sie nie die Klappe halten? Was ging es diesen Kerl an, mit wem sie telefonierte und ob sie einen Freund hatte oder nicht? Dass sie viel zu redselig war, wusste sie selber. Aber musste er sie
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