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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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so wäre es voreilig, eine solche Zusage zu geben.“
    „Aber Sie werden künftig wenigstens nicht mehr versuchen, allein gegen Ihre Stimmung anzukämpfen“, bat Edith. „Versprechen Sie mir, daß Sie in schlimmen Augenblicken zu uns kommen, uns an Ihrem Schicksal teilnehmen und uns versuchen lassen, Ihnen zu helfen. Wir können vielleicht nicht viel tun, aber auch das wenige wird besser sein, als wenn Sie mit Ihren Gefühlen allein fertig werden wollen.“
    „Ich werde zu Ihnen kommen, wenn Sie es erlau ben“, versetzte ich.
    „O gewiß, gewiß, ich bitte Sie darum“, gab sie eifrig zur Antwort. „Ich möchte alles tun, was in meinen Kräften steht, um Ihnen zu helfen.“
    „Mir die Teilnahme zu bewahren, die Sie mir jetzt zu schenken scheinen“, versetzte ich, „ist alles, was Sie tun können.“
    „Es ist also abgemacht“, sagte Edith lächelnd mit feuchtschimmernden Augen, „daß Sie bei der nächsten trüben Stimmung zu mir kommen und mir Ihr Leid klagen und nicht wieder durch ganz Boston unter Fremde laufen.“
    Der Gedanke, daß wir einander keine Fremden seien, überraschte mich kaum, so nahe waren wir uns in diesen wenigen Minuten durch meinen Kummer und ihre teilnehmenden Tränen gekommen.
    Mit einem allerliebst schalkhaften Ausdruck, der jedoch allmählich dem der Begeisterung wich, redete Edith weiter: „Ich verspreche Ihnen, daß ich mir alle menschenmögliche Mühe geben werde, Sie so herzlich zu bedauern, wie Sie es nur wünschen mögen. Allein bilden Sie sich auch nicht für einen Augenblick ein, daß ich Sie wirklich beklage, oder daß ich meine, Sie selbst würden noch lange über Ihr Los jammern. Ich weiß, was ich weiß! Daß im Vergleich zu Ihrer Zeit die Welt jetzt ein Himmelreich ist, und daß binnen kurzem nur ein Gefühl Sie beseelen wird: das der Dankbarkeit gegen Gott, daß Ihr Leben in jenem Zeitalter auf so seltsame Weise ein Ende nahm, um Ihnen in dem jetzigen wiedergegeben zu werden.“

 
9. Kapitel
Gleicher Lohn
     
    Doktor Leete und seine Frau traten jetzt ein. Sie erschraken offenbar, als sie erfuhren, daß ich heute morgen schon allein in der ganzen Stadt herumgewandert war. Es beruhigte sie jedoch, mich nach meinem Ausflug anscheinend so wenig aufgeregt zu sehen.
    „Ihre Wanderung muß gewiß sehr interessant gewesen sein“, sagte Frau Leete, als wir bald darauf bei Tische saßen. „Sie müssen sehr viel Neues gesehen haben.“
    „Ich habe verschwindend wenig gesehen, was nicht neu gewesen wäre“, versetzte ich. „Allein mehr als manches andere hat es mich überrascht, auf der Washingtonstraße keine Läden und auf der Statestraße keine Bankgeschäfte mehr zu finden. Was haben Sie mit den Kaufleuten und Bankiers gemacht? Vielleicht haben Sie alle aufgehängt, wie dies die Anarchisten zu meiner Zeit schon tun wollten?“
    „So schlimm ist es ihnen gerade nicht ergangen“, erwiderte Doktor Leete. „Wir brauchen sie einfach nicht mehr. In der modernen Welt hat sich ihre Tätigkeit überlebt.“
    „Wer verkauft Ihnen denn aber die Dinge, die Sie zu kaufen wünschen?“ fragte ich.
    „Heutzutage gibt es weder ein Verkaufen noch ein Kaufen; die Verteilung der Güter geschieht auf andere Weise. Was die Bankier anbetrifft, so bedürfen wir dieser Herren nicht, weil wir kein Geld haben.“
    „Fräulein Leete“, wandte ich mich an Edith, „ich fürchte, daß Ihr Herr Vater Scherz mit mir treibt. Ich verüble ihm das durchaus nicht, meine Einfalt muß ihn ja sicher in außerordentlich große Versuchung dazu führen. Aber auch mein Glaube an die möglichen Veränderungen der Gesellschaftsordnung hat schließlich seine Grenzen.“
    „Mein Vater denkt gar nicht daran, zu scherzen“, gab sie mir mit einem beschwichtigenden Lächeln zur Antwort.
    Die Unterhaltung wendete sich nun einem anderen Gegenstand zu. Wenn ich mich recht erinnere, so lenkte Frau Leete sie auf die Moden der Frauen im neunzehnten Jahrhundert.
    Erst nach dem Frühstück kam der Doktor auf das frühere Thema zurück, als ich mich mit ihm auf das Dach des Hauses zurückgezogen hatte, das offenbar eines seiner Lieblingsplätzchen zu sein schien.
    „Sie waren von meiner Behauptung überrascht“, sagte er, „daß wir ohne Geld und ohne Handel auskämen. Allein kurzes Nachdenken wird Sie davon überzeugen, daß zu Ihrer Zeit einzig und allein der Handel existierte und das Geld nötig war, weil die Produktion Privatunternehmern überlassen blieb. Heutzutage ist beides folglich überflüssig

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