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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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arbeiten, mochten sie wollen oder nicht. Scheint es Ihnen aber nicht, daß sie auch unter der heutigen Ordnung hinreichend zu möglichst vollendeten Leistungen angefeuert werden?“
    Ich erwiderte, mir schiene nur ein einziges Bedenken gegen die gebräuchlichen Mittel zu sprechen, die höchste Leistungstüchtigkeit zu wecken: sie müßten allzu stark wirken und einen allgemeinen leidenschaftlichen Wetteifer der jungen Leute entfesseln. Und ich nehme mir die Freiheit, heute hinzuzusetzen, daß dies meine Meinung geblieben ist, auch nachdem mich ein längerer Aufenthalt in der neuen Gesellschaft mit ihren Einrichtungen eingehend vertraut gemacht hat.
    Doktor Leete gab mir jedoch einiges zu bedenken, und ich gestehe gern zu, daß seine Darlegungen meinen Einwand vielleicht entkräften. Er machte geltend, daß die Arbeiter im zwanzigsten Jahrhundert für ihre Existenzmittel ganz und gar nicht von ihrem Range abhängen, und daß folglich die Sorge um sie Enttäuschungen bei der Berufstätigkeit nicht bitterer machen kann. Ferner, daß die Arbeitsstunden kurz sind, die Ferien regelmäßig, und daß aller Wetteifer mit dem fünfundvierzigsten Jahre aufhört, also schon in der Mitte des Lebens.
    „Um Mißverständnissen vorzubeugen“, setzte Doktor Leete hinzu, „muß ich noch zwei oder drei Punkte aufhellen. Unsere Arbeitsorganisation (räumt zwar dem besseren Arbeiter einen Vorzug vor dem weniger guten ein, allein das widerstreitet durchaus nicht dem Grundprinzip unserer Gesellschaftsordnung, daß das Verdienst aller Personen gleich groß ist, die ihr Bestes leisten, mag nun dieses Beste groß oder klein sein. Ich habe Ihnen gezeigt, daß unsere Organisation sowohl Schwache wie Starke durch die Hoffnung auf Beförderung anfeuert. Daß die leitenden Stellungen mit den Leistungsfähigeren besetzt werden, bedeutet keineswegs eine Zurücksetzung, einen Makel für die Schwächeren. Es ist dies nur eine Maßregel, die vom allgemeinen Wohl gefordert wird.
    Weiter dürfen Sie nicht übersehen, daß wir wohl dem spornenden Wetteifer freies Spiel lassen, ihn jedoch nicht als eine Triebkraft betrachten, deren edlere Naturen bedürfen, und die ihrer würdig ist. Diese finden die Beweggründe ihres Handelns in sich und nicht außer sich; sie bemessen ihre Pflicht nach ihrer eigenen Begabung, nicht nach der ihrer Nächsten. Solange ihre Leistungen ihren Kräften ebenbürtig sind, würden sie es für widersinnig halten, Lob oder Tadel zu erwarten, weil das Ergebnis zufälligerweise gut oder schlecht ausgefallen ist. Solchen Naturen erscheint der Wetteifer vom philosophischen Standpunkt aus als töricht, vom moralischen als verächtlich. Verdrängt er doch in unserem Empfinden über die Erfolge oder Mißerfolge unserer Nächsten die Bewunderung durch Neid, das teilnehmende Bedauern durch egoistisches Frohlocken.
    Aber selbst im letzten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich nicht alle Menschen zu dieser Gesinnung emporgeschwungen. Daher müssen die übrigen zu möglichst vollkommenen Leistungen durch Mittel angefeuert werden, die ihrer gröberen Natur angemessen sind. Für sie soll der feurigste Wetteifer ein beständiger Ansporn sein. Wer dieses Ansporns bedarf, wird ihn fühlen, wer über ihn erhaben ist, bedarf seiner nicht.
    Ich darf nicht vergessen, eines zu erwähnen“, fuhr Doktor Leete fort. „Es besteht bei uns eine besondere Klasse für die Betätigung von Leuten, die geistig oder körperlich zu schwach sind, als daß sie billigerweise in das Hauptheer der Arbeiter eingereiht werden könnten. Sie hat keinen Zusammenhang mit den übrigen Abteilungen der Arbeitsarmee. Es ist dies eine Art Invalidenkorps, dessen Mitgliedern leichtere Arbeiten angewiesen werden, die ihren Kräften entsprechen. Alle unsere körperlich oder geistig Kranken, unsere Taubstummen, Blinden, Lahmen und Krüppel, ja sogar unsere Wahnsinnigen gehören diesem Invalidenkorps an und tragen seine Abzeichen. Die Stärksten von ihnen leisten oft fast volle Arbeit, die Schwächsten dagegen natürlich gar nichts, aber die Arbeit ganz aufgeben will niemand von ihnen, der irgend etwas nützen kann. In ihren lichten Augenblicken beeifern sich sogar unsere Irren, zu tun, was sie nur können.“
    „Die Idee des Invalidenkorps ist wirklich vortrefflich“, sagte ich. „Sogar ein Barbar des neunzehnten Jahrhunderts muß das einsehen. Das Invalidenkorps bedeutet eine außerordentlich schöne Form, die Mildtätigkeit zu verhüllen; die Gefühle der Empfänger

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