Ein schicksalhafter Sommer
kann sagen was ich will, er sagt, er hat mich stürzen sehen und mit so etwas soll ich nicht spaßen. Als ob ich das auf die leichte Schulter nehmen würde. Aber so ist er eben.“
„Was du einen guten Mann hast, Fia. Vergiss das nie. Ha, euer Vater hat mich noch die Schubkarren voll Mist schieben lassen, als ich beinah schon in den Wehen lag. Ja, ja, die feinen Leute“, schwärmte Luise. „Auf jeden Fall bin ich ja jetzt beruhigt, dass es dir gut geht. Dein Georg hat es uns zwar versichert, aber jetzt, wo wir es mit eigenen Augen sehen können, ist es doch was anderes, nicht wahr, Katrin?“
„Sofia, wenn ich mir vorstelle, was hätte passieren können.“ Katrin setzte sich zu ihrer Schwester aufs Bett.
Sofia freute sich über das freundliche Lächeln ihrer Schwester, auch wenn sie wusste, dass es jetzt gleich ganz bestimmt wie weggewischt sein würde. „Katrin, auch wenn du jetzt gleich wieder wütend auf mich sein wirst, aber ich muss Mama endlich erzählen, welchen Verdacht ich habe. Ganz besonders, nachdem mir das gestern Abend passiert ist.“
Sie wartete auf einen wütenden Kommentar ihrer Schwester, doch verwundert musste sie feststellen, dass diese nur seufzend den Kopf schüttelte.
„Was denn für einen Verdacht?“ Luise sah von einer Tochter zur anderen. Als sie bemerkte, wie Sofia ein wenig herumdruckste, rief sie bestimmt: „Also, raus mit der Sprache, Mädchen, was ist hier los?“
„Nun, also schön.“ Noch einmal sah sie entschuldigend zu ihrer Schwester. „Katrin und Robert“, würgte sie den Namen hervor „sind sich schon seit einiger Zeit näher gekommen, Mama.“ Sie wartete auf die Ausrufe ihrer Mutter, doch diese schnaubte nur abfällig. „Das wolltest du mir sagen? Ich bin doch nicht blind.“
„Ach? Tja, umso besser. Aber darum geht es auch gar nicht. Sondern darum, was deshalb passiert ist.“
„Was du glaubst, dass es passiert sein könnte“, verbesserte ihre Schwester.
„Von mir aus, wenn du auf solch Haarspalterei bestehst.“ Sofia zuckte die Schultern. „ Mama“, sagte sie dann bestimmt, „du musst die Katrin zur Vernunft bringen. Ich erzähle dir jetzt, wie ich die Dinge sehe, und du sagst mir, ob ich verrückt bin.“
„Ja, warte. Ich muss mich jetzt besser erst mal setzen.“ Luise ließ sich auf den Schaukelstuhl fallen, der in der Ecke stand und nickte dann auffordernd ihrer Tochter zu.
„Du weißt, dass ich von Anfang an vermutet habe, der Knecht habe was auf dem Kerbholz. Und an dem Tag, als er Katrin und Karl zusammen in der Kutsche begegnet ist, da war er so eifersüchtig, dass er sich vor Wut die Hand an einem Baum kaputtgeschlagen hat.“ Sie hob die Hand, als ihre Schwester etwas einwenden wollte. „Das willst du ja wohl nicht abstreiten, dass er deshalb solch eine Wut hatte. Das kann man sich ja wohl im Nachhinein zusammenreimen. Karl hat uns erzählt, wie unverschämt er ihn fand, als er euch begegnet ist. Also, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, also, ich hab sein Gesicht gesehen und ich kann euch sagen, da ist es mir kalt den Rücken runtergelaufen. Als Nächstes hab ich ihn beobachten können, als er die Szene vor der Kirche gemacht hat. Er hat den Karl angesehen, als wolle er ihn umbringen. Und das hat er ja denn auch später versucht.“
„Was?“ , rief Luise entsetzt dazwischen.
„Das ist Unsinn, Mama.“ Katrin erhob sich vom Bett und lief zum Fenster.
„Das ist es nicht. Mama, er war da, auf dem Erntedankfest. Er stand im Wald und hat Katrin und Karl beobachtet. Und als sie zusammen weggegangen sind, da wird er so wütend gewesen sein, dass er sich an Karls Kutsche zu schaffen gemacht hat.“
„Sofia, weißt du, was du da sagst?“ Ihre Mutter sah sie ernst an.
„Mama, Katrin hört mir einfach nicht zu, aber ich versichere euch, ich hab ihn gesehen. Ich hab ihn erkannt. Er. War. Da!“ Sie sah ihre Schwester herausfordernd an, doch diese sah stur aus dem Fenster. „Aber das ist noch nicht alles. Nachdem Karl uns erzählt hat, wie sich der Unfall abgespielt hat, hab ich Georg von meinem Verdacht erzählt. Daraufhin hat Georg Karl erzählt, dass wir Kalter verdächtigen. Karl war fest entschlossen, Schritte gegen Kalter zu unternehmen. Das war es auch, worüber er mit Georg unbedingt noch reden wollte, ehe er abreisen würde. Aber er ist nie bei uns angekommen. Und auch sonst nirgendwo.“
Luise setzte sich unruhig in ihrem Stuhl zurecht. „Ehrlich gesagt, finde ich das alles schon recht eigenartig“, murmelte sie
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