Ein schicksalhafter Sommer
er würde sich bewähren.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er hörte, wie die Haustüre geöffnet wurde. Katrin kam, um die Kuh zu melken. Verdammt, er musste ewig hier gestanden haben, tief in Gedanken versunken und nur mit seiner Unterhose bekleidet. Schnell ging er in seine Unterkunft.
Katrin betrat den immer noch dämmrigen Stall und stellte die Laterne ab. „Morgen, Melli. Hast du schon auf mich gewartet?“
Die Kuh muhte zur Antwort und lachend setzte Katrin sich auf ihren Melkschemel. Die Welt war schön und sie war glücklich. Fröhlich begann sie zu melken. Ab und an ermahnte sie sich selbst, dass sie sich ein bisschen zusammen nehmen sollte, aber wie von selbst wanderten ihre Gedanken immer wieder zu Robert zurück. Mit kribbelndem Bauch hing sie ihren Tagträumen nach.
„Guten Morgen.“
Katrin blickte auf und ihr Herz machte einen freudigen Sprung. Robert stand in der Stalltüre. „Guten Morgen“, gab sie strahlend zurück. „Kommst du mich besuchen?“
„Dass mich jemand so freudestrahlend begrüßt, daran muss ich mich erst noch gewöhnen“, erwiderte er und grinste breit. „Ja, ich wollte dich sehen. Aber leider ist das nicht der einzige Grund, warum ich hier bin. Ich hab den Stall noch nicht ausgemistet.“
„Hast du verschlafen?“
„Nein, nur die Zeit vergessen.“ Langsam trat er näher.
„Ja, das passiert mir in letzter Zeit auch öfter“, sagte sie schelmisch. „So, Melli, für heute Morgen bist du fertig.“
Sie griff nach dem Milcheimer und stand auf, doch Robert nahm ihn ihr aus der Hand. „Danke, du bist ja ein richtiger Kavalier.“
Als Antwort küsste er sie hart auf den Mund und drückte sie fest an sich. Dann trat er zurück und sah sie an „Ich bin so froh, dass es dir gut geht“, stieß er aus.
„Robert“, sagte sie atemlos. Er hatte sie beinahe erdrückt.
„Ich muss den Schweinestall ausmisten.“ Damit gab er ihr unsinnigerweise den Eimer zurück und ging.
Katrin sah ihm sprachlos hinterher. Hier stand sie, mitten im Stall, eine Kuh im Rücken, ein en Milcheimer in der Hand, mit gequetschten Rippen, während ihr Kavalier sich gerade die Mistgabel schnappte. Der Schauplatz für ihr Stelldichein ließ, wie auch die anderen Male, was die Romantik betraf, sehr zu wünschen übrig. Lachend ging sie zum Kühlbottich. Sie wollte sich nicht beklagen.
„So, haben wir jetzt alles?“ Nervös ging Hermann noch einmal um den Wagen herum und kontrollierte, ob auch nichts herunterfallen konnte. Die meisten Sachen, wie Kartoffeln, Gemüse, Kohl und Marmelade, hatten sie schon gestern bei Tageslicht aufgeladen. Jetzt luden sie noch die restlichen, leichter verderblichen Waren auf, wie sämtliche Eier der letzten Woche, Käse, Butter und alles, was Luise noch einfiel.
Es war noch dunkel, und bei Laternenlicht war dies ein umständliches Unterfangen.
„Luise, die Kohlköpfe sind erbärmlich klein, ich hab es dir ja die Tage gleich gesagt, dass sie noch etwas brauchen. Ich glaub, die nehm ich nicht mit.“
„Hermann, je mehr du anzubieten hast, umso besser. Wir können jeden Pfennig gebrauchen. Und du bist bestimmt der einzige, der schon Weißkohl anbietet. Außerdem sind sie doch schon ganz ordentlich. Ich hatte vor, in den nächsten Tagen schon Sauerkraut davon zu machen.“
„Ich weiß, dass wir jeden Pfennig gebrauchen können. Du brauchst nicht noch drauf rumzureiten“, sagte er mürrisch.
„Ich sag am besten gar nichts mehr.“ Sie lud noch einen Korb Käse auf und unsanft landete er auf dem Karren. „Bald hab ich es satt“, murmelte sie in sich hinein.
„Was sagst du, Mama?“
Luise drehte sich um. Katrin brachte noch ein paar Eier. „Ach, nichts. Sag Robert, er soll doch noch schnell einen Sack Bohnen holen. Hier ist noch Platz.“ Luise überlegte, was sie noch verkaufen konnten, aber jetzt fiel ihr wirklich nichts mehr ein. Gestern war ihr in ihrer Not noch die Marmelade eingefallen. Und Not hatte sie.
Den ganzen Sommer über hatten sie beinahe alles gespart, was sie eingenommen hatten. Und das war weiß Gott nicht viel gewesen. Die paar Mark, die die Milch brachte, die der Milchmann morgens holte und das Geld, welches der Verkauf donnerstags auf dem Markt im Dorf brachte.
Aber Bauern gab es hier zur Genüge, und die waren ebenfalls alle auf dem Markt vertreten, also wurden sie dort nicht allzu viele Waren los. Aber wenig Geld war mehr als gar nichts, und so hoffte Luise, dass sie zusammen mit dem Verkauf heute auf dem
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