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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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Landing gear lever, down.«
    Der Russe nahm auf dem Sitz des Piloten Platz, setzte das Headset auf und ging weiter die Checkliste durch.
    Der Pilot musste sich in den vorderen Teil der Touristenklasse setzen, wo ihm die Hände hinter dem Rücken gefesselt wurden. Durch das Fenster sah man den gelben Gabelstapler zum Flughafengebäude zurückfahren. Einer der Russen versorgte die Schusswunde im Bein seines Kameraden, die anderen fesselten die Geiseln und die Entführer mit Kabelbinder.
    Der Stahlzylinder aus der schwarzen Tasche wurde hervorgeholtund nach einer in harschem Ton geführten Diskussion ins Gepäckfach über einem Sitz verfrachtet.
    Dann sprangen die Düsenmotoren der Maschine an.
     
    »388, welche Richtung nehmen Sie auf?«, fragte der Flugleiter ins Mikrofon.
    Es kam keine Antwort.
    Timo sah zu, wie sich der Airbus in Bewegung setzte.
    »Lassen Sie die Maschine nicht in die Luft!«, wiederholte Michaels zum vielleicht hundertsten Mal. »Sperren Sie die Startbahn! Dafür genügt ein einziges Fahrzeug.«
    »Ich kann keine Entscheidung treffen, solange ich nicht weiß, wobei es sich bei dem Aufklärungsmaterial, von dem Sie reden, handelt.«
    Michaels schien eine Sekunde zu überlegen.
    »Unterschreiben Sie das hier!«, sagte er und zog ein Blatt Papier aus der Tasche, das die Überschrift trug STILLSCHWEIGEABKOMMEN.   In den wenigen Textzeilen verpflichtete sich der Unterzeichnende unter Androhung einer Strafe, sämtliche Informationen, die er über die Operation Pandora erhalten hat, zeit seines Lebens geheim zu halten.
    »Ich kann meinen Namen daruntersetzen, wenn es Sie beruhigt. Aber Sie wissen, dass so ein Papier außerhalb der USA keine Wirkung hat.«
    Timo unterschrieb das Blatt und gab es Michaels zurück. Rämö, der zehn Meter entfernt stand, versuchte erst gar nicht, seine Neugier zu verbergen.
    »Sie wissen bestimmt, was bis heute unsere erfolgreichste psychologische Operation nach dem Zweiten Weltkrieg im Ostseeraum gewesen ist?«, fragte Michaels, wobei sein Blick zwischen Timo und der langsam zur Startbahn rollenden Maschine hin- und hersprang. »Das war Anfang der Achtzigerjahre, als wir die Schweden dazubrachten zu glauben, unsere U-Boote , die als Provokation unter anderem in Hårsfjärden auftauchten, wären russische. Mit einer einzigen Operation konnte die Angst der Schweden vor dem Osten enorm gesteigert werden, wie Untersuchungen belegen.«
    Timo wusste von der Aktion. Es war lupenreine psychologische Kriegsführung gewesen, was erst vor einigen Jahren enthüllt worden war und in Schweden betroffenes Schweigen ausgelöst hatte.
    »Mit der Operation Pandora sollte das Ansehen Russlands in der Welt mindestens ebenso effektiv beschädigt werden. Gleichzeitig galt es, einen Keil zwischen Russland und die EU zu treiben.«
    Timo hörte immer aufmerksamer zu. Womöglich hatte Michaels recht. Sollte man den Start der Maschine doch verhindern – ohne an die anderen Folgen zu denken?
    »In militärischen Kreisen in Washington beobachtet man sehr besorgt den Bau der Gaspipeline in der Ostsee. Aus Sicht der USA ist es ein militärisch wie wirtschaftlich negativ zu bewertendes Projekt. Das Herz der Operation Pandora besteht daher in einer Kapsel, die in unmittelbarer Nähe der Pipeline versenkt werden sollte, jetzt, nachdem die Meeresgrunduntersuchungen entlang der Verlaufsroute abgeschlossen sind.«
    Timo spürte den starken Druck, als er die Maschine unaufhaltsam weiterrollen sah.
    »Aus Täuschungsgründen ist die Kapsel aus russischen Bestandteilen gefertigt worden. Sie enthält technische Vorrichtungen für die Unterwasseraufklärung und für die Überwachung der Pipeline, wie sie die Russen entlang der gesamten Röhre installieren. Unsere Kapsel enthält aber zusätzlich eine Tiefdruckbombe, die bei einer Explosion die Pipeline zerreißen würde.«
    Timo konnte kaum glauben, was er da hörte. Erst jetzterfasste er, mit welchen Einsätzen hier gespielt wurde, und erst jetzt ging ihm auf, warum die Vertreter der USA so gehandelt hatten, wie er es in den letzten Stunden erlebt hatte.
    »Wenn die Kapsel später scheinbar zufällig gefunden worden wäre, hätte der Kreml alle Hände voll zu tun gehabt, um zu erklären, worum es sich handelt. Aber alle Erklärungen wären vergeblich gewesen, denn im Westen hätten die Leute ihren eigenen Augen getraut und ihren Gehirnen: Russland hat offenbar Vorbereitungen getroffen, bei Bedarf mit einem einzigen Knopfdruck die Pipeline zu sprengen – und
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