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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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gelben Gabelstapler näher kommen. Sie standen im toten Winkel hinter dem Bus, sodass man vom Flughafengebäude nicht hatte sehen können, dass der Russe sie von den Fesseln befreit hatte und ihnen Waffen übergeben hatte.
    Patrik begriff, was das war: eine geschickte Inszenierung. Die Männer wollten, dass man im Tower glaubte, sie seien alle zusammen eine Gruppe.
     
    »Ihr dürft die Maschine auf keinen Fall starten lassen«, sagte Michaels im Tower. Er hatte sich das Sakko umgehängt, weil ein Arm bis zur Schulter hinauf verbunden war. Zuvor hatte er so selbstsicher und elegant gewirkt, aber jetzt sah er zerknittert und verzweifelt aus. Timo hatte ihn als einzigen Amerikaner in den Tower gelassen, die anderen hatten trotz Proteste in den Diplomatenfahrzeugen vor dem Terminal bleiben müssen.
    Timo sah durch das Fernglas, wie der Gabelstapler sich der Hecktür des weißen Sprinters näherte. Ringsum standen bewaffnete Männer, darunter auch Vasama und ein weiterer Entführer, der auf dem Schiff gewesen war.
    »Was ist das?«, fragte Timo. »Was laden sie da in den Frachtraum des Flugzeugs um?«
    »Können wir unter vier Augen reden?«, fragte Michaels.
    »Nein. Sagen Sie mir hier und jetzt, was Sie zu sagen haben.«
    Timo setzte das Fernglas nicht ab. Der Gabelstapler fuhr langsam zurück und gab den Blick auf einen mit weißem Plastik verhüllten Gegenstand auf der Transportgabel frei.
    In dem Moment wurde Timo das Fernglas aus den Händen gerissen.
    »Mensch, Nortamo«, keuchte Michaels, das Fernglas nun in seiner gesunden Hand.
    »Geben Sie es zurück, oder ich werde veranlassen, dass Sie und ihre Leute vom Flughafen entfernt werden. Warum soll ich Ihnen nach den Ereignissen im Hafen noch vertrauen?«
    Michaels zögerte erneut, schien aber zu begreifen, dass er keine Wahl mehr hatte. Er bat Timo mit einer Kopfbewegung zur Seite.
    »Auf der
Sigyn
befand sich äußerst brisantes amerikanisches Aufklärungsmaterial«, sagte Michaels leise. »Es darf nicht in fremde Hände gelangten, schon gar nicht in russische.«
    »Weshalb war es auf der
Sigyn

    »Um es in die Nähe der neuen Gaspipeline zu bringen, ohne dass es Aufsehen erregt. Wenn diese Kapsel in die Hände der Russen gerät, bedeutet das   … dass sie gewonnen haben.«
    »Präziser! Aber schnell!« Timo sah, wie der Gabelstapler den zugedeckten Gegenstand zum Laderaum des Airbus fuhr.
    »Das Durcheinander hier trifft einen ungünstigen Zeitpunkt. Der Konflikt in Estland ist ein Test, den die Russen organisiert haben; sie wollen sehen, wie die NATO mit Artikel 5 umgeht«, erklärte Michaels mit sichtbarem Widerwillen. »Es geht um große Dinge. Es geht um einen Krieg, der über die Medien in den Köpfen der Menschen geführt wird. Sie wissen doch, wie Stalin in Russland heute wieder verehrt wird. Die Geringschätzung der russischen Kriegsleistungen steht dort unter Strafe. Die Sowjetunion kommt zurück, sie hat nur einen neuen Namen.«
    Michaels deutete auf die Passagiermaschine, in deren Rumpf der Gabelstapler die Kapsel lud. »Russland wird diese Kapsel dort gegen die Vereinigten Staaten einsetzen, wenn es sie in die Hände bekommt. Sie besitzt einen ungeheuren medialen Wert. Die Vereinigten Staaten werden im globalen Pressekrieg einen gewaltigen Rückschlag erleiden, und Russland wird seine Position stärken.«
    Timo registrierte, wie der Rumpf geschlossen wurde. Der Gabelstapler fuhr davon.
    »Und ihr selbst habt ihnen diese große Gelegenheit verschafft«, sagte Timo.
    »Wir haben die Aufklärung der Russen unterschätzt. Uns war nicht klar, dass sie über die Kapsel Bescheid wussten. Die Russen haben eine Gruppe gieriger Profis angeheuert, um die
Sigyn
zu überfallen. Sie maskierten den Anschlag als Aktion militanter Ökos. Allerdings kam der Zusammenschluss der Gruppe mit den Bilderberg-Geiselnehmern anscheinend auch für die Russen überraschend.«
    Timo schaute wieder mit dem Fernglas zu dem Flugzeug hinüber, das einsam auf dem Rollfeld stand. Gerade war der letzte Entführer in der Passagierkabine verschwunden.
    »Timo, alles hängt jetzt von Ihnen ab«, sagte Michaels. »Mehr, als Sie sich auch nur vorstellen können, hängt jetzt allein von Ihnen ab.«
     
    Im Cockpit packte der Russe Dominik am Arm.
    »Raus. Du auch«, sagte er zu dem finnischen Piloten, der mit der Checkliste auf seinem Platz saß.
    Beide gehorchten.
    »Warte«, sagte ein zweiter Russe an der Cockpittür auf Englisch. »Wie weit warst du auf der Checkliste?«
    »Bei:
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