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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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der bei dem Anschlag verwendet wurde. Die Zulassungsdaten führten zu einem Mann namens Urmas Saaver. Im Verhör hat er ausgesagt, er habe das Auto einem Mann aus Tallinn geliehen, an dessen Namen er sich anfangs nicht erinnern wollte. Dank angemessener Drohungen und Versprechungen fiel ihm der Name aber doch wieder ein: Andrus Reedla. Der Mann hat bar bezahlt, und zwar sehr großzügig. Ich habe eine Anfrage über ihn bei ICID eingegeben.«
    ICID war eine internationale Datenbank für Verbrechensaufklärung – umfassend, aber bürokratisch; sie enthielt private Personendaten und funktionierte grenzüberschreitend, aber all die Genehmigungen, Sicherungen und Bestätigungen sowie der Rechercheprozess selbstwaren unerhört zeitraubend und langsam. Zu allem Überfluss wachten die nationalen Polizeiorgane auch noch eifersüchtig über ihre Informationen.
    Åsa wies mit einer Kopfbewegung auf eine Nachrichtenüberschrift von BBC, die sie gerade auf dem Bildschirm hatte: »
Russische Organisation verteilt Care-Pakete an Estlandrussen in Tallinn

    »In Estland scheint die Fieberkurve steil nach oben zu gehen.«
    Timo trat neben sie, um die Meldung zu lesen. Er roch Åsas Parfüm, das er inzwischen gut kannte. Lag darin etwas von der Frische der schwedischen Fjällbäche? »Ziemlich brüske Geste. Da werden die Esten beleidigt sein.«
    »Das ist ja auch die Absicht«, sagte Åsa. »Es werden härtere Bandagen angelegt.«
    Timo stand so dicht bei Åsa, dass er sogar ihre Körperwärme spürte. Die schwedische Kollegin widmete sich vollkommen ihrer Arbeit, sie schien sich ihrer Anziehungskraft überhaupt nicht bewusst zu sein, oder aber es war ihr gleichgültig, was ihre Attraktivität nur noch steigerte.
    »Um was wetten wir, dass der Kreml bald in Erinnerung rufen wird, wie sehr er sich auch für die außerhalb Russlands lebenden Russen verantwortlich fühlt?«, meinte Åsa trocken.
     
    Patrik hörte interessiert zu, als Dominik erläuterte, wie es ihnen gelingen würde, auf die
MS Sigyn
, das Atommüllfrachtschiff, zu gelangen. Sobald sie an Deck wären, würden sie eine große Banderole ausrollen und die ganze Pracht auf Video festhalten. Es bestand kein Zweifel daran, dass dieser Film im Nu in allen Medien Verbreitung finden würde. Diese Vorstellung faszinierte Patrik.
    Es war ein bewölkter und windstiller Frühjahrsabendund die
Live-Baltic!
-Gruppe saß bei Bruno zu Hause in Nienhagen bei Rostock. Bruno Schwartz stammte aus der DDR, er war Kfz-Mechaniker und trug den Spitznamen »Der Schlaflose«. Als Patrik ihm zum ersten Mal begegnet war, hatte ihn der Blick des Deutschen erschreckt, und er hatte den Spitznamen auf der Stelle begriffen. In den von dunklen Ringen eingefassten Augen des wortkargen, glatzköpfigen, ewig unrasierten Mannes lag eine Weltuntergangsstimmung, wie sie Patrik nicht einmal unter den Glücksrittern der Fremdenlegion gesehen hatte, die von Europa aus in den Kongo gegangen waren.
    Patrik sah zu Dominik Gladbach hinüber und dachte, dass der in seinem schwarzen Pullover und seinen Stiefeln etwas von der gleichen Kraft und Härte ausstrahlte wie Herman.
    Dann hörte er zu, was Bronislaw, Andrus, Bruno und Konstantins zu dem Plan für die
Sigyn
-Aktion zu sagen hatten. In Schweden wurden auf dem Schiff regelmäßig Führungen für Journalisten angeboten, und Dominik wollte, dass Patrik und Andrus sich als Journalisten ausgaben und an einem solchen Besuch teilnahmen. Es klang, als hätte Dominik die wichtigsten Entscheidungen längst auf eigene Faust getroffen. Das ärgerte Patrik.
    Nach dem Gespräch folgte er Dominik nach draußen. Es war kühl geworden, und vom Meer her zog Nebel auf.
    »Wir brauchen dafür weitere Profis«, sagte Patrik. »
Echte
Profis. Ich möchte, dass du einen Amerikaner namens Herman McQuinn kennenlernst.«

9
    Am Himmel über dem schwedischen Oskarshamn ließen sich die Möwen laut schreiend vom Wind tragen. Patrik betrat soeben mit einer Gruppe von Journalisten die
MS Sigyn
. Hinter ihnen, am Ufer, ragte das Zwischenlager für atomare Brennstoffe wie ein weißer Riese aus dem grünen Nadelwald auf. Patrik sah sich besorgt um. Wo war Andrus?
    »Und wie Sie sicherlich nicht vergessen haben, ist das Fotografieren an Bord nicht gestattet«, sagte Pressesprecherin Janina Johansson zu den Journalisten, die ihr folgten. »Sie erhalten von uns Pressefotos vom Beladen der
Sigyn

    Patrik sah zu den zwei Männern hinüber, die bei der Anlegebrücke standen und zur Crew des

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