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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Schiffes zu gehören schienen. Er überlegte, ob sie womöglich Körpervisitationen vornahmen. Dann würden sie das Kamerahandy in seiner Tasche entdecken. Und was geschah, wenn Andrus beim Filmen der Innenräume des Schiffes erwischt wurde? Das wäre vermutlich ein Fall für die Polizei. Dann käme alles heraus. Es war unsinnig, ein solches Risiko einzugehen.
    Die Männer nickten den Journalisten aber nur zu und begannen dann, das Deck zu schrubben. Patrik ließ den Blick schweifen und nahm ganz ruhig das Telefon aus der Tasche. Hinter den Rücken zweier Journalisten machte er ein Bild vom Außendeck, auf dem man die Reling erkennen konnte.
    Das rot-weiß gestrichene Schiff sah auf den ersten Blick wie ein gewöhnlicher Frachter aus. Die Gruppe stieg in den Rumpf hinunter, wo gerade ein großer Transportzylinder fixiert wurde. Der Anblick des Atommüllbehälters weckte in Patrik unschöne Erinnerungen, die er zu unterdrücken versuchte, indem er sich auf die Erläuterungen der Pressesprecherin konzentrierte.
    »Die Wände des Rumpfes sind mit Beton verstärkt, und der Boden ist vier Meter dick. Behälter, die für den Transport von Atommüll vorgesehen sind, müssen einen Aufprall aus neun Metern Höhe, einen halbstündigen Brand bei achthundert Grad Hitze und einen Wasserdruck, der dem in viertausend Metern Tiefe entspricht, aushalten können.«
    »Und was ist mit Terroranschlägen?«, fragte jemand. »Was werden da für Vorkehrungen getroffen?«
    »Wir haben es hier mit einem normalen zivilen Frachtschiff zu tun, aber trotzdem sind alle relevanten Aspekte in Betracht gezogen worden. So besteht zum Beispiel eine ständige Verbindung zwischen Schiff und Festland, und einige Crew-Mitglieder haben eine Sicherheitsschulung sowie die dazugehörige Ausrüstung erhalten.«
    Nach dem oberflächlichen Rundgang verließ die Journalistengruppe das Schiff wieder und begab sich in das Zwischenlager für atomare Brennelemente, das den Namen »Clab« trug. Mit zunehmender Besorgnis blickte Patrik sich um, und zu seiner Erleichterung sah er Andrus ganz hinten in der Gruppe. Mit seiner runden Brille und den dunklen Locken ging der Este einwandfrei als Journalist durch. Patrik wandte den Blick sofort wieder ab. Es durfte nicht der Eindruck entstehen, dass sie sich kannten.
    In der riesigen Haupthalle des Clab schaute Patrik über das Geländer nach unten. Der Anblick war immer wieder imponierend: Auf dem Boden des flachen Beckens, fastzum Greifen nah, befanden sich wabenartige Zellen, die im dunkelblauen Wasser Unheil verkündend zitterten.
    Patrik war schon häufiger in dem Zwischenlager gewesen, früher, als er noch als Geologe bei der finnischen Firma arbeitete, die für den Bau des weltweit ersten atomaren Endlagers in tiefem Felsgrund verantwortlich war.
    »Die Brennstäbe werden hier etwas dreißig Jahre gelagert und anschließend ins Endlager verbracht«, sagte die Pressefrau. »Nach dem momentanen Stand werden sie in Kupferkapseln mehrere hundert Meter tief im Grundgestein eingelagert. Der skandinavische Fels ist sehr stabil und eignet sich hervorragend für die Endlagerung.«
    Patrik kannte diese Lügen. Es waren die üblichen, und er ließ sie zum einen Ohr herein und zum anderen wieder hinaus.
    »Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass die Endlagerungskapseln aus Kupfer schon innerhalb weniger Hundert Jahre anfangen zu lecken, woraufhin radioaktives Material ins Grundwasser gelangt«, sagte ein junger Redakteur von der Parteizeitung der schwedischen Grünen. »Wenn das passiert, ist die Umgebung für mehrere Tausend Jahre verseucht.«
    Patrik warf einen kurzen Blick auf den Mann. Wahrscheinlich stammten dessen Informationen zum Teil aus dem Bericht, den Patrik einige Jahre zuvor erstellt hatte.
    Nach dem Rundgang tat Andrus so, als wolle er ein Taxi bestellen, und Patrik bot ihm höflich an, ihn im Mietwagen mitzunehmen.
    »Wohin bist du plötzlich verschwunden?«, wollte er sofort wissen, als sie losfuhren.
    Er war überrascht, als Andrus ein Aufnahmegerät, das er sich mit Tape auf die Haut geklebt hatte, unter dem Hemd hervorholte und die kleine Kamera aus einem Knopfloch seiner Jacke löste.
    »Warum hast du mir davon nichts gesagt?«, fragte Patrik.
    »Ich habe nicht gedacht, dass ich das anmelden müsste. Bist du nicht froh, wenn deine Kollegen Eigeninitiative ergreifen und effektiv handeln?«
    »Kapierst du nicht, was es für ein Risiko darstellt, alleine durch das Schiff zu wandern? Und wozu brauchen wir

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