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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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ich glaube, dass Sie, von mir und meiner Familie abgesehen, gar keine anderen Klienten haben. Ich weiß es, weil ich gerade Ihre Akten geordnet habe.«
    »Geordnet?«
    »Ja, und wissen Sie was? Ich habe ein System speziell für dieses Büro eingeführt. Ich möchte die Namen der Klienten nicht außen auf dem Ordner sehen. Das ist zu indiskret, wissen Sie? Darum habe ich alles nach Straßen abgelegt.«
    »Straßen?« Das konnte alles nicht real sein.
    »Natürlich. Dort, wo das Verbrechen stattgefunden hat. Beispielsweise ist Lili Molina, Gott sei ihrer Seele gnädig, an der Indio Muerto ermordet worden.«
    »Das alte System war völlig in Ordnung«, jammerte ich. Aber zugleich spürte ich, wie meine Laune sich ganz gegen meinen Willen besserte, denn ich konnte den himmlischen Duft frischen Kaffees wahrnehmen – echten Kaffees, tiefschwarz und kräftig. Ich folgte meiner Nase in die Küche. Dort, platziert auf einem Tablett, das ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte, standen zwei Tassen, eine Zuckerdose, ein Milchkännchen und zwei Gebäckstücke, aus denen flüssige Schokolade sickerte.
    »Ich dachte, wir könnten ein paar Dinge durchgehen, während wir Kaffee trinken«, rief Gabi aus dem anderen Zimmer.
    »Okay.« Ich fühlte, wie mir die Kontrolle entglitt. »Aber machen Sie bitte diese Partymusik leiser. Ich bekomme langsam Kopfschmerzen.«
    »Gern. Lustig, nicht wahr: Mir hilft laute Musik, mich zu konzentrieren. Und jetzt, Miss Jaymie, kommen Sie und setzen Sie sich her. Dieser Raum ist aufgeräumter. Warten Sie nur, den anderen Tisch nehme ich mir morgen vor.«
    Ich tat, als hätte ich ihre Worte nicht gehört, als ich in den vorderen Raum ging und auf dem Besucherstuhl Platz nahm. »Also, wo finde ich diese Darlene Richter?« Ein winziges Schokoladenrinnsal entfleuchte meinen Lippen. »Hope Ranch oder Montecito, nehme ich an.«
    »Genau, Montecito, an der Hot Springs Road. Alle Hundediebstähle finden in Montecito statt. Ich weiß es, weil die Suchplakate in meiner Nachbarschaft in der Lower Westside hängen.« Geziert leckte sich Gabi einen Finger ab. »Ich habe Ihnen schon eine Anfahrtsskizze zu ihrem Haus ausgedruckt. Sie liegt auf Ihrem Schreibtisch.«
    »Meinem Schreibtisch?« Allmählich wurde ich, dem Kaffee sei Dank, wach. »Aber Sie sitzen an meinem Schreibtisch.«
    »Nein, nein, der große in der Küche. Der Tisch.« Gabi lächelte aufmunternd. »Ich weiß, dass Sie den lieber mögen.« Sie bedachte mich mit einem schiefen Blick. »Ich habe es gern ordentlich, Sie nicht?«
    »Ich habe gern Ordnung in meinem Kopf«, gab ich zurück, ehe ich den Rest meines Gebäckstücks verputzte. »Der ganze andere Scheiß interessiert mich nicht so sehr.«
    Gabi verzog das Gesicht, hatte sich aber schnell wieder im Griff. »Sehen Sie, wir geben ein gutes Team ab.«
    Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Immerhin war in dem, was sie gerade gesagt hatte, ein klitzekleiner wahrer Kern enthalten. »Da wir gerade von Ordnung reden, ich muss noch mit jemandem sprechen, ehe ich mich mit Mrs Richter treffe. Wenn ich Minuets Mami noch irgendwann vor dem Mittagessen reinquetschen soll, muss ich mich beeilen.«
    »Wie kommen Sie dorthin? Montecito ist zu weit für das Fahrrad. Haben Sie einen Wagen?«
    »Den lasse ich zu seinem eigenen Schutz meist zu Hause. In der Stadt benutze ich das Fahrrad.« Ich sah keine Notwendigkeit, ihr zu erklären, dass der in Ehren gehaltene El Camino Brodie gehört hatte. Nach dem Tod meines Bruders hatte ich die astronomischen Abschleppgebühren bezahlt und ihn mit nach Hause genommen.
    »Nehmen Sie meinen«, drängelte Gabi. »Dann sind Sie schneller. Aber lassen Sie sich von mir, Ihrer PA , noch einen Rat geben. Ihre Verabredung mit Darlene Richter ist nicht ›irgendwann vor dem Mittagessen‹. ›Irgendwann vor dem Mittagessen‹ wäre die mexikanische Zeit. Hier geht es um die amerikanische Zeit: Punkt zehn Uhr vormittags.«
    Ich stand am Rinnstein und stierte in den alten Kombi. Ja, die Frau war ordentlich, so viel stand fest. In dem Wagen lag eine mit militärischer Präzision geordnete Sammlung aus Wischmopps, Staubwedeln, Besen und Bürsten. Sie hatte sogar ein aus Holz konstruiertes, selbst gemachtes Regalsystem geschickt in den Wagen eingebaut.
    Eine Ammoniakwolke schlug mir entgegen, als ich die Tür öffnete. Ich ließ mich auf den lammwollgepolsterten Fahrersitz fallen und drückte auf die Knöpfe zum Absenken der Seitenfenster. Als ich den Schlüssel im

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