Ein schmutziges Spiel
Vertrauen Sie mir, ich werde es tun.«
In aller Frühe quetschte Gabi ihren Chrysler-Kombi in eine knapp bemessene Parklücke am Straßenrand. Sie musste den Wagen alle fünfundsiebzig Minuten bewegen, solange sie keinen Stellplatz gefunden hatte, den sie für wenig Geld mieten konnte.
Auf dem kleinen Vorplatz war es still. Santa Barbara war keine Stadt, in der der Tag schon früh am Morgen begann. Es war auch keine Stadt, die spät zu Bett ging. Folglich bekamen die Bewohner viel Schlaf.
Gabi hielt inne, um einen Kolibri zu bewundern, der den Schnabel in eine apricotfarbene Engelstrompetenblüte steckte. Doch dann schlüpfte eine struppige, streunende Katze durch das Gebüsch und bedachte sie mit einem bösen Blick, und sie hoffte, dass das kein Omen war.
Sie ging weiter zu Suite D. Dort bückte sie sich mit steifen Knochen unbeholfen hinab und hob eine Terrakottafliese aus Saltillo hoch, die neben den Stufen lag. Dann nahm sie den Schlüssel, der darunter zum Vorschein kam, an sich, öffnete die Bürotür und steckte den Schlüssel ein. Den Schlüssel draußen liegen zu lassen, würde ab sofort ein Ende haben. Wenn sie nur an die Akten dachte, an all die persönlichen Informationen! Sie würde Miss Jaymie einen Ersatzschlüssel anfertigen lassen und sie darüber in Kenntnis setzen, dass sie nun ein neues und besseres System hatten.
Kaum drin, ließ sie ihre Einkaufstasche auf den Schreibtisch fallen, zog die Rollos hoch und öffnete sämtliche Fenster. Frische Luft und Organisation, das würde sie in diesen Laden bringen.
Gabi nahm eine rosarote Papiertüte und ein halbes Pfund frisch gemahlenen Kaffee aus ihrer Einkaufstasche und brachte beides in das Hinterzimmer. Dort schüttelte sie stirnrunzelnd den Kopf: das vollgestopfte Zimmer war eine klägliche Mischung aus Küche und Büroraum. Zerfledderte Aktenmappen, verschmiert mit etwas, das aussah wie Kakaopulver nebst ein paar vereinzelten Zuckerkristallen, waren gefährlich unsicher auf dem Abtropfblech gestapelt.
Sie füllte kaltes Wasser in die fleckige Kaffeekanne und nahm sich vor, unten im Smart & Final eine Packung Kaffeekannenreiniger zu kaufen, während sie im Schrank nach einer Filtertüte suchte. Als sie darauf wartete, dass der Kaffee durchlief, nahm sie sich noch einige andere Dinge vor.
Die emaillierte Spüle war schadhaft und fleckig, der Wasserhahn tropfte. Ein modriger Geruch hing in dem Raum, wahrscheinlich wegen einer Undichtigkeit im Spülenschrank. Ein verschrammter Ahorntisch nahm ein Drittel der Bodenfläche ein, und ein Gebirge aus Akten, Broschüren, Rechnungen und diversen anderen Papieren umzingelte eine stumpf gewordene Schreibunterlage. Dass Miss Jaymie am liebsten hier hinten arbeitete, war unverkennbar, wie sie hier aber je imstande war, irgendetwas wiederzufinden, war ein Mysterium.
Ihre neue Chefin brauchte Hilfe, wie Gabi befriedigt feststellte.
Sie griff in die Bäckertüte, nahm ein Gebäckstück mit Schokoladenfüllung heraus, bewunderte es kurz und legte es auf ein Papiertuch, um kein Geschirr schmutzig zu machen. Mrs Cavanaugh, ihre Mittwochschefin, hatte dutzendweise Pakete niedlicher Cocktailservietten, die nach einer Gartenparty übrig geblieben waren, in einer Küchenschublade verstaut und dort vergessen. Nächste Woche würde Gabi sich ein paar davon ausborgen.
Mit Kaffee und Gebäck kehrte sie zu dem Schreibtisch in dem größeren Raum zurück. Ja, das war, wie sie bereits beschlossen hatte, ihr Schreibtisch. Sie nahm auf dem großen Stuhl Platz und drehte sich einmal im Kreis. Ganz wie erwartet fühlte sich das nach ihrem rechtmäßigen Platz auf Erden an.
Das Telefon klingelte. »Santa Barbara Investigations«, meldete sich Gabi.
Ich schloss mein Fahrrad an das gusseiserne Geländer und hielt lauschend inne. Mariachi-Musikfetzen pulsierten durch die Ritze unter meiner Bürotür.
»Buenos Días!« Gabi Gutierrez beugte sich seitlich hinter dem Monitor vor. Die Frau war so klein, dass sie nicht über ihn hinwegschauen konnte.
»Sie haben früh angefangen«, maulte ich. Die Zwei-Personen-Party bei Zave hatte bis zum frühen Morgen gedauert, und die vergangene Nacht war ebenso kurz gewesen, also war ich entsprechend kurz angebunden.
»Ja, und es ist gut, dass ich schon hier war. Ich habe gerade mit Ihrer Klientin Nummer eins gesprochen. Sie möchte Sie heute Vormittag um zehn sprechen.«
Was sollte das unsinnige Gerede? »Meine Klientin Nummer eins?«
»Mrs Richter. Ich bezeichne sie als Numero uno, weil
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