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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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möglicherweise ermordet. Die Cops hätten ihn nicht geschützt.«
    Wogen widerstreitender Emotionen kollidierten in ihren Augen. »Ich … ich will nicht, dass Danny stirbt, aber ich … ich kann einfach nicht …«
    »Hey. Es ist in Ordnung.« Ich legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie kurz. »Gehen wir rein und reden drinnen weiter.«
    Aber Gabi schüttelte den Kopf. »Wir müssen erst hier reden. Danny ist da drin. Und meine Schwester Alma und Aricela auch. Das wollte ich Ihnen ja gerade sagen: Als Danny heute Morgen in der Wohnung unserer Schwester Vicky aufgetaucht ist, hat die Verwalterin gedroht, sie würde sie rausschmeißen, sie wollte ihnen einen Räumungstrupp auf den Hals hetzen. Und Vickys Mann, Arturo, er ist in Ordnung, aber er ist auch ein ziemlich harter Brocken. Er …«
    »Ich habe es verstanden, Gabi.« Kurz sah ich, wie sich hinter einem nahen Fenster ein Gesicht materialisierte. Die Hundeaurendame belauschte uns. »Gehen wir trotzdem rein.«
    »Okay, nur eines noch. Ich schäme mich, Ihnen das zu sagen, aber Danny kann nicht … bitte, er kann auf keinen Fall …«
    »Bei Ihnen wohnen«, beendete ich den Satz an ihrer Stelle.
    »Woher wissen Sie das?« Inzwischen flüsterte sie nur noch. »Er macht mir Angst. Mein eigener Neffe macht mir Angst. Sagen Sie es nicht Alma. Ich schäme mich so deswegen.«
    Jetzt begriff ich, warum Gabi bereit war, umsonst für mich zu arbeiten. Sie sehnte sich danach, ihrer Familie zu helfen, aber sie konnte ihr nicht bieten, was sie am dringendsten brauchte: ein Dach über dem Kopf.
    »Gabi? Keine Sorge, wir denken uns etwas aus.«
    Chuy war wieder draußen auf der Treppe, hielt sich aber vom Geländer fern und sprang stattdessen von der obersten Stufe aus bis zum Boden. Bei jeder Landung grunzte er klangvoll. »Du wirst dir noch die Beine brechen«, warnte ihn Gabi matt, als wir das Büro betraten.
    Drinnen kauerte eine Frau, die wie eine kleinere und stillere Ausgabe von Gabi aussah, auf dem Besucherstuhl. Ein ungefähr zwölf Jahre altes Mädchen stand neben ihr und streichelte ihr langes, dunkles Haar. Und auf der Couch hatte sich ein junger Mann zusammengerollt und kehrte dem Raum den Rücken zu.
    »Hey, Danny«, sagte ich sanft, erhielt aber keine Antwort.
    Gabis Schwester hob nicht einmal den Kopf, aber das Mädchen begegnete meinem Blick. »Hi, ich bin Aricela. Das ist meine Mom.«
    Das Kind rührte mein Herz. Es versuchte, erwachsen zu sein und die Verantwortung zu übernehmen. »Hi, Aricela. Ich bin Jaymie.«
    »Alma? Miss Jaymie ist da!« Gabi sprach mit lauter, zuversichtlicher Stimme, ganz so, als wollte sie die Ankunft des Erzengels Gabriel verkünden.
    Alma Armenta hob den Kopf und schaute mich an. Ihre Augen blickten vollends ausdruckslos. »Hallo«, sagte sie mit spröder, brüchiger Stimme.
    »Hi, Alma.« Ich streckte die Hand aus, und nach einem scheinbar endlosen Moment tat Alma das Gleiche. Ihre Hand fühlte sich in meiner leblos an, eiskalt an diesem warmen Sommertag.
    »Mein Sohn … mein Junge, er …«
    »Ja, ich weiß. Ich bin froh, dass Danny nicht mehr im Gefängnis ist.« Ich sah mich in dem kleinen Kreis banger Gesichter um. »Kinder, wie wäre es, wenn ihr mit eurer Tía zur Bäckerei lauft? Holt euch eine Limonade und ein bisschen Gebäck für uns alle.«
    Als Gabi und die Kinder fort waren, zog ich Gabis Stuhl hinter dem Schreibtisch vor und setzte mich. »Alma, können Sie mir erzählen, was heute passiert ist?«
    Danny starrte das Polster an. Dünne Linien, schwarz und grau, zogen sich über den bläulichen Stoff. Dann kreuzte eine weitere Reihe Linien die erste in schiefem Winkel. Das Muster wiederholte sich endlos. Er starrte es noch angestrengter an, und die Linien gerieten in Bewegung. Sie tanzten und ordneten sich mit jedem Blinzeln neu an.
    Die Stimmen im Raum summten wie Bienen. Nein, wie Fliegen. Eher wie Fliegen. Diese Stimmen waren außerhalb seines Kopfes. Die Stimmen im Inneren schwiegen gerade. Waren fortgegangen oder vielleicht schliefen sie auch … vielleicht waren sie auch wütend auf ihn. Vielleicht waren sie sehr, sehr wütend. Schläfrig lauschte er den äußeren Stimmen:
    »Er erinnert sich nicht …« Das war seine Mom. »… wieder seine Medikamente. Im Gefängnis hat man sie ihm weggenommen …«
    »Glauben Sie …« Die Stimme kannte er nicht. Aber die Dame war … nett. Sie hatte ihn besucht, als er … an diesem schrecklichen Ort gewesen war. Gefängnis.
    Grauer Nebel senkte

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