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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
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auf einer Tour an der Grenze entlang.
    »Sehen Sie, Ms Zarlin. Alles sicher umzäunt. Und unter dem Brasilholzzaun reicht ein Kaninchendraht weit genug in die Erde, um Nagetiere fernzuhalten.«
    »Wann sind Ihre Gärtner üblicherweise hier?«
    »Montags und freitags. Sie dürfen gern am Freitag wiederkommen und mit Jorge und seinen Leuten sprechen. Aber ich muss Ihnen sagen, ich vertraue ihnen bedingungslos. Jorge ist Marisols Bruder, müssen Sie wissen.«
    »Das hat mir Marisol gar nicht erzählt.« Ein Tigerschwalbenschwanz segelte auf dem Wind vorüber. »Mrs Richter, um diese Frage komme ich nicht herum: Ist es möglich, dass sie etwas verheimlicht?«
    Darlene Richter legte die Stirn in Falten. »Das würde meiner Ansicht nach gar nicht zu ihr passen. Ich beschäftige Marisol jetzt seit siebzehn Jahren und Jorge beinahe ebenso lang. Sie sind gewiss nicht perfekt, aber ich hatte nie derartige Probleme mit einem von ihnen. Sie sind beide ehrliche Menschen.«
    Wir setzten unseren Spaziergang am Zaun entlang fort. Die Blumenbeete waren akribisch gepflegt. Überall waren Rechenspuren zu sehen, wellenlinienförmig, wie in einem japanischen Garten.
    Was auch bedeutete, dass es mir sofort auffiel, als wir zu einer Stelle gelangten, an der die Linien verwischt waren.
    Ich folgte den verwischten Linien zu einem Hain von gut dreieinhalb Meter hohen Kameliensträuchern. Dort kniete ich mich auf den Boden. Und tatsächlich hatte jemand ein sauberes Loch in den unteren Bereich des Brasilholzzauns gesägt. Mehrere lange Haare, einige weiß, einige braun, hatten sich an dem gesplitterten Rand verfangen.
    »Mrs Richter, hier ist etwas, das Sie sich ansehen sollten.«
    »Gabi! Komm ganz schnell her!«, bettelte ihre Schwester Vicky am anderen Ende der Leitung.
    »Ich arbeite. Außerdem hat sich mi Jefa heute Morgen meinen Wagen geliehen. Geht es um diese überlaufende Toilette?«
    »Toilette? Wovon redest du? Er ist hier, Gabi, hier in meiner Wohnung. Und wenn Danny nicht in einer Stunde wieder verschwunden ist, lässt die Verwaltung uns zwangsräumen. Nimm ein Taxi. Ich bezahle.«
    »So schnell geht das nicht, Vicky.«
    »Was redest du da? Die Verwalterin weiß, dass wir keine Papiere haben. Wenn sie will, kann sie einfach die Einwanderungsbehörde rufen!«
    »Okay, okay. Aber Danny ist raus aus dem Gefängnis? Wie ist das möglich?«
    »Woher soll ich das wissen? Der Kautionstyp hat ihn hier abgesetzt. Das hier war Dannys letzte Adresse – irgend so ein Blabla hat mir der Kerl erzählt.«
    »Vicky, hör mir zu. Ist er … ist er verrückt?«
    »Natürlich. Was denkst du denn? Glaubst du, der Knast hätte ihn geheilt?« Gabi hörte, wie ihre Schwester hektisch nach Luft schnappte. »Aber er ist nicht so verrückt, falls du das meinst. Danny ist ziemlich still, aber er führt Selbstgespräche, so wie immer, weißt du?«
    »Tja, vielleicht könntest du …«
    »Gabi, versteh das doch. Er kann nicht mehr hierbleiben. Und Alma, sie tut einfach gar nichts, sitzt nur da und starrt den Fußboden an. Du musst kommen und ihn holen. Alma und die Kinder auch, sonst kommt Danny doch nur wieder zu ihnen zurück. Und ich rate dir, beeil dich, bevor Arturo auftaucht.«
    »Arturo, Arturo«, grollte Gabi. »Warum hast du den Kerl überhaupt geheiratet?«
    »Das tut nichts zur Sache. Aber ich bitte dich, Gabi, komm schnell.«
    In dem Moment, in dem Gabi die Tür des Taxis zuknallte, hörte sie den Ärger schon. Gebrüll und Geschepper. Sie hastete mitten hinein in die Wohnanlage, nur um gleich darauf wie angewurzelt stehen zu bleiben. Acht oder zehn Nachbarn – einige davon sogenannte Freunde – hatten sich vor Vickys Tür versammelt, brüllten und klopften auf Töpfe und Pfannen.
    »Raus! Raus! Raus! Raus!«
    »Aufhören! Sofort aufhören!« Ihr Herz wurde klamm vor Furcht, als sie voranpreschte. »Lasst meine Familie in Ruhe!«
    »Familie. Tolle Familie haben Sie da!«, kreischte eine Frau. »Wir haben auch Kinder. Töchter! Wir wollen, dass er verschwindet!«
    Die Tür zu Vickys Wohnung hatte sich einen Spalt weit geöffnet, und Gabi sah ein Auge – Vickys Auge – herausblicken.
    Gabi war die große Schwester, eine Rolle, der sie nun gerecht werden musste. Sie drehte sich zu der augenrollenden Frau um. »Gut. Ich bringe Danny weg. Wenn Sie verschwinden, hören Sie? Hocken Sie sich wieder vor Ihre Telenovelas!«
    »Sie haben dreißig Minuten«, brüllte jemand. »Die Verwalterin ist schon losgezogen, um den Räumungstrupp zu

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