Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
Vom Netzwerk:
Jahrzehnten bei einer Sportveranstaltung benutzt haben mochte. Zweifellos eine Requisite, die irgendwann einmal zu einem Kostüm gehört hatte.
    Warum hatte das arg verblasste, blau-rote kegelförmige Ding meine Aufmerksamkeit erregt? Ich hatte keine Ahnung. Ich schoss auch von dem Megafon ein Bild, ehe ich es in den Behälter zurücklegte.
    Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss des El Camino, lehnte mich auf der alten Sitzbank zurück und starrte den fleckigen Stoffhimmel an.
    Verheißungsvolle Hinweise traten ans Licht. Und vielleicht steckte tatsächlich mehr hinter dem einen oder anderen dieser Köder. Aber ich musste mich zügeln. Ich durfte keine vorschnellen Schlüsse ziehen. Schließlich drehte ich den Schlüssel im Schloss, vorwiegend, um dem tröstlichen Brummen des Motors zu lauschen.
    Das Problem war, dass ich nicht am Anfang anfing. Wie viel wusste ich überhaupt über Lili Molina? Der nächste Schritt – der, den ich vermutlich gleich zu Beginn hätte tun müssen – lag plötzlich klar auf der Hand.
    Ich drückte den Rücken durch und zupfte mein Telefon aus der Jeanstasche. »Morgen, Gabi, ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie es heute Morgen pünktlich geschafft haben.« Grinsend hielt ich das Telefon auf Armlänge von mir, als meine PA mich zusammenstauchte.
    »Spaß beiseite, ich brauche die Telefonnummer und Adresse von Teresa Molina. Schicken Sie sie mir per SMS , ja? Bitte«, fügte ich hinzu. Ich hatte den Rotluchs gegen den Strich gestriegelt, und dafür würde ich zweifellos den Rest dieses Tages bezahlen müssen.
    Die Vorstellung, unangekündigt bei Mrs Molina auf der Schwelle zu stehen, behagte mir nicht sonderlich, umso weniger, da ich den Jungen repräsentierte, der des Mordes an ihrer Tochter beschuldigt wurde. Aber als niemand auf meinen Anruf reagierte, gab ich Gas und steuerte den El Camino ins Stadtzentrum von Santa Barbara.
    Ich parkte an der Ecke State und Ortega, stieg aus und ging die Ortega Street in Richtung Westen hinunter. Die Straße wurde von viktorianischen Häusern gesäumt, einige davon berankt mit Blauregen, alle in Wohnungen aufgeteilt. Ein hämmernder Gettoblaster konkurrierte mit einem schreienden Baby um die Lufthoheit. Verbeulte alte Autos kauerten am Straßenrand, besetzten Einfahrten und sogar Vorgärten. In der Innenstadt von Santa Barbara lebten die Menschen auf beengtem Raum, trotzdem waren die Mieten astronomisch, also blieb den Bewohnern keine andere Wahl, als sich Mitbewohner zu suchen.
    Ich hielt inne und musterte das Haus Nummer 536 auf der anderen Straßenseite, ein einst stattliches, inzwischen ziemlich heruntergekommenes Gebäude im Queen-Anne-Stil. Aus einem Fenster im ersten Stock hing ein schmuddeliger Teppichläufer, und ein Großblättriger Feigenbaum beanspruchte den ganzen Vorgarten.
    Mike hatte gesagt, die Molinas hätten eine kleine Wohnung auf der Rückseite von Nummer 536. Ich ging über die Straße und betrat einen schmalen Durchgang zwischen dem Haus und einem Holzzaun, dessen gelbe Farbe großflächig abblätterte. Etwa dreißig Meter weiter fand ich mich in einem Garten voller Sträucher und Blumen wieder. In der hintersten Ecke stand ein umfunktioniertes viktorianisches Sommerhaus mit einer Grundfläche von vielleicht sechzig Quadratmetern. Jemand hatte eine scharlachrot blühende Passionsblume über der Tür aufgehängt.
    Ich wurde langsamer und atmete tief durch, um mich zu erden, denn gleich würde ich einen Ort der Trauer betreten, und mein Besuch würde neuerlichen Schmerz auslösen.
    Ich öffnete die Fliegengittertür und klopfte sacht, ehe ich die Tür wieder zufallen ließ. Von drinnen war kein Laut zu hören, aber im Haupthaus schrie ein Mann auf Spanisch, und eine Frau brüllte nicht minder laut zurück.
    Nach einer Weile hörte ich ein Kratzen jenseits der Tür. Dann wurde sie einen Spalt weit geöffnet, und eine einst schöne Frau mit einem ermatteten Gesicht und stumpfen Augen lugte durch das Fliegengitter heraus. »Ja?« Ihre Stimme klang leblos und mechanisch.
    »Mrs Molina?«, fragte ich zurückhaltend. »Ich bin Jaymie Zarlin. Deputy Dawson meinte, ich sollte mit Ihnen reden. Ihr Verlust tut mir sehr leid.« Meine Worte klangen formelhaft und emotionslos. Plötzlich schämte ich mich, hier auf der Schwelle zu stehen, schämte mich, diese Frau in ihrer Trauer zu stören.
    »Mit mir reden?« Teresa Molina stand so reglos da wie eine Bleifigur.
    »Über Ihre Tochter, Mrs Molina. Wenn das kein guter Zeitpunkt

Weitere Kostenlose Bücher