Ein schmutziges Spiel
öffnete und in den lockeren Sand trat. Mike war sofort neben mir und passte sich meinen Schritten an, als ich über den Strand zu dem grünen Sichtschutz stapfte.
Ein halbes Dutzend Cops und Leute von der Spurensicherung hatten sich eingefunden. Einer sah uns und sagte etwas. Sofort drehten sich alle Köpfe zu uns herum.
»Da ist Deirdre«, murmelte ich.
»Ich kümmere mich um Deirdre. Du würdest ihr ja doch nur einen Gefallen tun, wenn du jetzt auf sie losgehst.«
Selbst, als wir bereits nahe genug waren, um mit ihnen zu sprechen, starrte uns die Horde noch an. »Mike? Ich habe eigentlich angenommen, du würdest allein kommen«, setzte Deirdre an. »Denn Ms Zarlin hat hier …«
»Officer Krause? Ich würde gern unter vier Augen mit Ihnen reden«, sagte Mike in ruhigem Tonfall.
Gestern hätte ich mich darüber aufgeregt, wie Deirdre nun gurrend dahinschmolz, als er mit ihr fortging. Gestern hätte das für mich eine Rolle gespielt. Heute nicht.
Ich konzentrierte mich auf den Leichnam, der ausgestreckt auf dem festen, feuchten Sand lag.
Das wollte ich in ihm sehen, ein Objekt, ein Ding.
Aber nein, es war Danny . Meine Hand schoss zu meinen Lippen, aber zu spät, um das Stöhnen zu unterdrücken.
Danny lag da, eingewickelt in sein Sweatshirt. Teerverschmutzter Seetang klebte an seiner blau angelaufenen Wange, und ein etwas längeres Stück hatte sich um seinen Hals gewickelt. Und, lieber Gott, Dannys Miene: Die Augen waren weit aufgerissen und starrten zum Himmel empor, und sein Gesicht war zu einer Maske des Entsetzens gefroren.
In diesem Moment schwor ich mir, ich würde dafür sorgen, dass Alma ihren Sohn nicht zu sehen bekam, ehe der Bestatter den kosmetischen Teil seiner Arbeit getan hatte.
Neben ihm kniete ich mich zu Boden und griff nach seiner freien, linken Hand.
»Nicht anfassen«, blaffte mich einer von Deirdres Schergen an.
Ich achtete nicht auf ihn. Ich musste Kontakt herstellen, musste Danny mit meinem eigenen Fleisch und Blut wärmen. Musste ihn zu mir zurückholen, zu seiner Familie, in die Welt der Lebenden.
»Hey, haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?« Eine Hand packte mich grob an der Schulter.
Mach deine Arbeit, befahl ich mir in Gedanken. Du hast nur ein paar Minuten Zeit. Du musst dir möglichst alles genau ansehen, ehe Deirdre zurückkommt.
»Okay, okay.« Ich ließ Dannys Hand los.
Es war offensichtlich, dass er um sein Leben gekämpft hatte. Der mit einem Reißverschluss ausgestattete Sweater fesselte seine Arme und seinen Torso wie eine Zwangsjacke. An seinem Hals waren keine sichtbaren Spuren, auch wenn sich etwas unter dem Tang verbergen mochte. Und … meine Aufmerksamkeit kehrte zurück zu seiner Hand.
Ich beugte mich dicht an sie heran, um mir Dannys Fingernägel anzusehen.
»Also gut, Lady, das war’s.«
Noch ein rascher Blick, und ich erhob mich. Ich hatte alles gesehen, was ich sehen musste.
»Das ist die Leiche von Daniel Armenta«, verkündete ich. »Er hat bei mir gewohnt, und ich kann ihn offiziell identifizieren. Zu Ihrer Information, er hat sich nicht umgebracht. Danny wurde ermordet.«
Ich blickte hinaus auf den Kanal, wo das Wasser wie zerdrückte Folie unter einem perlmuttfarbenen Himmel glitzerte.
Die See hatte Dannys Leiche bei Flut hoch auf den Strand gespült und sich anschließend zurückgezogen. Als hätte Mutter Natur gewollt, dass wir Menschen Zeuge dessen werden, was wir einem der unseren anzutun imstande sind.
Mike warf den kehlig klingenden Motor an. »Wir müssen rüber zur Westside. Ich habe Gabi angerufen; sie wartet dort auf uns.« Eine Hand am Steuer drehte er sich zu mir um und musterte mich eingehend. »Die sagen, es war Selbstmord, Jaymie. Aber dich habe ich gerade von Mord sprechen hören.«
»Richtig.« Ich starrte zum Fenster hinaus. Ein paar Teenager saßen an einem Picknicktisch am Rand des Parkplatzes und teilten sich vor Schulbeginn einen Joint. »Danny ist nicht vom Kai gesprungen, Mike. Er wurde gestoßen.«
»Woher weißt du das?«
»Er hat mit aller Kraft um sein Leben gekämpft. Unter seinen Fingernägeln sind Splitter, und er hat einen Bluterguss auf dem Handrücken. Die Kriminaltechniker werden eine Übereinstimmung finden, wenn sie die Splitter mit dem Holz des Kais vergleichen. Danny muss, als er gestürzt ist, den Rand umfasst und sich um seines lieben Lebens willen festgeklammert haben. Aber dann hat ihn ein Tritt mit einem Stiefel oder einem Schuh zum Loslassen gezwun gen.«
»Mein Gott. Was hast
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