Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Keskinen
Vom Netzwerk:
»Teresa? Hallo, sind Sie zu Hause?«, rief ich in den mit Vorhängen verdunkelten Raum.
    Ich hatte gewiss nicht damit gerechnet, eine Teresa vorzufinden, die sich vollständig vom Verlust ihrer Tochter erholt hatte und deren Leben munter weiterging. Dennoch war ich nahezu sprachlos: Die Frau, die zur Tür schlurfte, sah nicht mehr so aus wie die, der ich zuvor begegnet war. Offenbar litt sie unter einer schweren Depression.
    Teresa trug einen Flanellhausmantel für Männer, unter dem ein fleckiges Nachthemd hervorlugte. Ihre Haut war verquollen und unter den Augen gerötet, und ihre Mundwinkel hingen herab. Sie sah aus, als hätte sie seit Wochen nicht geschlafen. Doch ihre Augen blickten scharf und sengend.
    »Teresa«, sagte ich sanft, »darf ich reinkommen?«
    »Ich … habe vergessen, wer …« Ihre Stimme glich einem Krächzen.
    »Ich bin Jaymie Zarlin. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich mich gern ein bisschen mit Ihnen unterhalten.«
    Sie nickte schwach und trat zur Seite.
    Elend hatte sich in dem Raum niedergelassen und die Atmosphäre vergiftet wie Rauch. Jeder Vorhang war zugezogen, und das einzige Licht stammte von einer flackernden Kerze auf dem Altar. Ein unangenehmer Geruch hing in der Luft. Mein Blick fiel auf den Vogelkäfig, der mit einem alten Tischtuch zugehängt war.
    Teresa wedelte mit einer kraftlosen Hand. »Lilis Vogel – ist gestorben. Konnte nicht weiterleben … er hat sie gebraucht.«
    Ihre Worte jagten mir einen kalten Schauder über den Leib. »Teresa, können wir uns in der Küche unterhalten?«
    Ohne ein Wort schlurfte sie voran.
    Auf dem quadratischen Küchentisch standen haufenweise schmutziges Geschirr und ein Katzennapf. Teresa setzte sich auf einen der Stühle, ich nahm den anderen, ihr gegen über.
    Es fiel mir schwer, an Ort und Stelle zu verweilen, statt aufzuspringen und den Tisch abzuräumen. Ich hatte das Bedürfnis, sauber zu machen, die Küche, das Haus und sogar Teresa, die eine Dusche und eine Haarwäsche brauchte.
    »Es tut mir leid, Teresa. Ich sehe Ihnen an, wie schwer das für Sie ist.«
    Ihr Kopf sackte herab.
    »Ich werde Sie nicht lange aufhalten, es sei denn, Sie wollen, dass ich bleibe. Aber ich muss Ihnen etwas erzählen.« Zu gern hätte ich ihre Hand gehalten, während ich mit ihr sprach, aber der Tisch war so voller Unrat, dass ich sie nicht erreichen konnte.
    Ich stand auf und zog meinen Stuhl zum anderen Ende des Tisches. Als ich Teresas Hand umfasste, hätte ich vor Schreck beinahe wieder losgelassen. Sie fühlte sich so leicht an wie ein Papiertuch, so spröde, als wäre sie gefriergetrocknet.
    »Teresa, wissen Sie über Danny Armenta Bescheid?«
    Sie nickte einmal, hob aber nicht den Kopf. »Tot.«
    »Ja, so ist es, leider.« Ich drückte die zerbrechliche Hand. »Ich möchte, dass Sie wissen, dass er Lili nichts getan hat. Gar nichts.« Unnötig, so überlegte ich, ihr zu erzählen, dass auch Danny ermordet worden war.
    »Dann sagen Sie mir, wer … wer …« Ihre Stimme verlor sich, als sie endlich aufblickte und mir in die Augen sah.
    »Das weiß ich noch nicht. Darum muss ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen, Teresa. Und ich verspreche Ihnen, ich werde herausfinden, wer das getan hat.«
    »Das bringt mir mein kleines Mädchen auch nicht zurück.«
    »Nein, das tut es nicht. Aber die werden den Fall abschließen, Teresa. Der Mörder wird davonkommen. Das zu verhindern ist doch wichtig, meinen Sie nicht?«
    »Doch.« Ihre Stimme wurde kräftiger, herber. »Doch, das ist wichtig. Fragen Sie, was Sie wollen.«
    »Danke. Erst mal, Lilis Kostüm. Das wurde doch bei der Gilde angefertigt, richtig?«
    »Ja, die Mädchen haben es dort gemacht. Aber Lili hat es in der Nacht vor der Parade mit nach Hause gebracht, und ich habe auch noch daran gearbeitet.«
    »Warum hat sie es mit nach Hause gebracht?«
    »Die Nähte haben sie gekratzt und halb wahnsinnig gemacht. Sie haben einen ungeeigneten Faden benutzt. Ich habe alle Nähte geöffnet und mit einem ordentlichen, weichen Baumwollgarn wieder zugenäht.«
    »Und am Morgen? Hat sie es hier im Haus anprobiert?«
    »Ja, sie hat gesagt, sie hätte es anprobiert, und es hätte gepasst. Ich war schon bei der Arbeit, aber sie hat angerufen und es mir erzählt.« Teresa blickte wieder zu Boden. »Lili hat das Kostüm geliebt.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte ich sanft. »Also, ich will auf Folgendes hinaus. Hat es irgendeinen Grund gegeben, warum sie es nach der Parade eilig gehabt haben könnte,

Weitere Kostenlose Bücher