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Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Titel: Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Köster
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der rechten Hand festhalten, Frau Sonnenschein! Das war so demütigend. Mag sein, dass auch mit diesem Satz nur mein Ehrgeiz geweckt werden sollte. Wurde er aber nicht. Ich dachte nur, wie gerne ich wutheulschnaubend auf ZWEI gesunden Beinen aus dem Zimmer gelaufen wäre und ihr im Vorbeigehen in den pomadigen Hintern getreten hätte … wenn ich hätte können!
    Das waren die Situationen, in denen ich mich oft gefragt habe: Ob mein Mitmensch eigentlich weiß, was er da so leichtfertig sagt? Wahrscheinlich nicht, aber ich muss hier dann auch mal die Schwestern und Pfleger in Schutz nehmen, denn der normale Alltag mit so vielen Kranken und deren psychischen und physischen Bedürfnissen und unterschiedlichsten Therapiebehandlungen lässt in so einer großen Klinik wenig Raum für permanente Selbstreflexion. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass man mit dem Netto-Verdienst als Pfleger nicht zwangsläufig bei Forbes hinter Bill Gates in der Liste der reichsten Menschen der Welt auftaucht, wundert es mich nicht, dass dieser Beruf für viele mittlerweile so attraktiv ist wie eine Woche Yak-Dung schüppen in Katmandu! Ich möchte auch wirklich nicht den Eindruck erwecken, dass die Damen und Herren vom Personal nicht nett waren. Im Gegenteil! Und außerdem war – und bin – ich ja auch nicht ohne, is schon klar! Wenn ich da nur an meine Messerwerfernummer denke!
    Ich musste ja immer viel trinken, und durch den anfänglichen Bewegungsmangel bekam ich auch ab und zu ein Abführmittel, damit verdauungstechnisch keine Probleme auftraten. An einem Tag hatte man mir also alles verabreicht, mich mit meinem neuen Rolli ins Zimmer geschoben und vorsichtshalber oben an den Griffen die Bremsen angezogen. Ich musste aber auf einmal dringendst zur Toilette, konnte aber die Bremsen nicht lösen, weil ich nicht drankam. Leider konnte ich somit auch nicht die Schwesternklingel erreichen. Was nun? Aufgeben und alle Dämme brechen lassen? Glücklicherweise stand ich vor meinem Tisch, auf dem noch das Tablett mit dem Mittagessen war. Also nahm ich in meiner Not das komplette Besteck und warf es einzeln, aber mit voller Wucht gegen meine Zimmertür, um auf mich aufmerksam zu machen! Irgendwann kam zwischen fliegenden Messern eine Schwester rein und fragte entsetzt: »Was ist denn hier los?« Ich sagte nur trocken (sozusagen gerade
noch
trocken): »Kommen Sie ruhig rein, es fängt gerade erst an!«
    Einmal, am Sonntagmorgen hatte ich volle Pulle MTV laufen, denn es lief »Purple Rain« vom Herrn Prince, und das hatte mich an alte Zeiten erinnert! Es war jedenfalls ziemlich laut in meinem Zimmer, und ich möchte fast in alter »Was bin ich«-Manier lembkeesk hinzufügen: Geh ich recht in der Annahme, dass die Musik so brüllend laut war, dass die komplette Station 6 mitsingen konnte? Plötzlich kam Professor Hartman herein, ein Spitzenneurologe, noch dazu ein feiner Kerl und stolzer Vater von acht Kindern. Ich machte den Fernseher leiser, und er sagte fast fassungslos: »Was ist denn jetzt los? Warum ist das denn jetzt so leise, machen Sie das wieder lauter! Ich bin doch nur deshalb reingekommen!« Das war schon sehr lustig, wir haben dann noch lange zusammen rumgealbert und uns über die deutsche Rechtschreibung lustig gemacht, denn auf meinem Nachtschränkchen stand »Bettisch«, was nach der neuen Rechtschreibung aber eigentlich ein »Bet-Tisch« gewesen wäre. Also ein Tisch zum Beten! Aber kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die meisten Krankenhäuser ja auch fest in kirchlicher Hand sind!
    Wo wir gerade bei den Professoren sind: Die Visite vormittags konnte oft sehr unterhaltsam sein, was wiederum meistens an Professor Dr. Thomas Rommel lag! Ein begnadeter Arzt und – wenn er will – ein sehr charmanter, schwäbischer Entertainer! Meistens im Verbund mit Dr. Romeo von Scharpen, einem sehr gut aussehenden Dreibein im Weißkittel. Eines Tages stand Monsieur Scharpen auf dem Flur und hatte den Hintern so rausgestreckt … ich muss schon sagen … sehr sexy, da hätte ich sehr gerne reingekniffen! Ein sexy Hintern ist und bleibt ein sexy Hintern, da ändert auch ein Schlaganfall nichts dran. Ich hab ja schließlich Augen im Kopf.
    Damit diese nicht von den ewig gleichen Bildern leben mussten, habe ich auch oft Fernsehen geguckt. Auf der Suche nach guter Unterhaltung habe ich auch häufiger auf VIVA gezappt (gute Unterhaltung und VIVA stehen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang, das ist mir schon klar, das wäre ja wie RTL 

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