Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
ein Wutzäpfchen! Ich habe das am Anfang nicht so richtig verstanden, aber später hat er es mir mal erklärt. Rudi kam vom Live-Fernsehen, will sagen: Wenn in den siebziger Jahren vor 20 Millionen am Samstagabend seine legendäre Sendung »Am laufenden Band« lief, dann musste alles klappen, denn es konnte ja nichts nachbearbeitet werden, weil es ja »live« gesendet wurde! Also musste jeder Sketch mit der erforderlichen Requisite vorher genau geprobt werden, um sicher zu sein, dass er so klappte, wie Rudi ihn sich ausgedacht hatte! Dieses professionelle Arbeiten hatte er nie mehr abgelegt, und wer sich damit nicht anfreunden konnte, der hatte ein großes Problem! Rudi war hart, aber meistens fair. Man punktete am besten durch Leistung bei ihm. Und was ganz wichtig war: Wenn er mal einen von uns auf dem Kieker hatte, dann war es besonders wichtig, dass man geradlinig blieb und nicht einknickte. Lieber man stand für einen Fehler ein, als ihn jemand anders in die Schuhe zu schieben. Aber wie schon gesagt – ich hatte eigentlich ein sehr gutes Verhältnis zu Rudi.
Rudi hielt sich ja auch für einen gigantischen Womanizer, und ich erinnere mich noch immer gerne daran, wie er mich so ziemlich am Anfang von »7 Tage« mal gehörig angebaggert hat: »Wie wäre es denn mal mit uns beiden?« Darüber habe ich mich natürlich so beömmelt und weggegeiert, dass er etwas konsterniert geguckt hatte. Ich hab vor Lachen nur so gehustet und geprustet: »Hörense, kleines Räuchermännchen – wat soll dat denn werden? Du gehst mir doch höchstens bis zum Knie!« Auch sein folgender Einwand, dass er mich sehr glücklich machen könnte, hatte leider nicht die gewünschte Wirkung auf mich – es sei denn, er sollte mich in einen Lachkollaps treiben.
Solche Lachflashs hatten wir in anderem Zusammenhang ja öfter, meistens auf unseren Redaktionssitzungen. Die waren oft so unheimlich witzig, es gab keinen Gag-Neid, es herrschte eine lockere und angenehme Atmosphäre … so oft haben wir halb im Spaß und halb im Ernst gesagt, dass diese Sitzungen viel besser waren als die Sendungen. Eigentlich hätten die mal gefilmt werden sollen. Das wäre auf einer DVD ein schönes Bonusmaterial geworden.
Mein Freund Mike Krüger war ja auch fast von Anfang an in der Stammbesetzung von »7 Tage« dabei und kannte Rudi Carrell auch schon ewig und drei Tage. Was Mike und ich immer faszinierend fanden, war die Tatsache, wie scheu und introvertiert Rudi Carrell eigentlich war, wenn er nicht »auf Sendung war«.
Natürlich war Rudi immer gut informiert über die Comedy-Szene, aber eines Tages fragte er mich trotzdem, ob ich nicht noch jemanden wüsste, der gut als öfter einsetzbarer Gast in unsere Sendung passen würde? Ich empfahl ihm Piet Klocke, der mich mit seiner Figur als völlig zerstreuter Professor Schmitt-Hindemith schon mehrfach in den Lachwahnsinn getrieben hatte! Wenn Piet sich durch die wildesten und abstrusesten Geschichten mit weit umherrudernden Armen faselte, ohne je einen einzigen Satz zu Ende zu bringen, dann blieb bei mir wirklich kein Auge trocken! Und sein unwirsches »Herrschaften, Ruhe bitte! Das geht alles von Ihrer Zeit ab!« war lange Zeit auch eine Standartfloskel in meinem täglichen Sprachgebrauch! Nachdem Rudi sich mit ihm getroffen hatte, kam er hinterher zu mir und sagte nur kopfschüttelnd: »Wen hast du mir denn da empfohlen? Der Typ ist doch völlig verrückt!« Ich sagte: »Ist doch prima, dann passt er ja sehr gut zu uns!«
So kam der liebe Piet damals also in unsere Sendung! Besonders habe ich mich natürlich gefreut, als mein alter Freund und Weggefährte Kalle Pohl aus der guten, alten WDR -Hörfunkzeit mit an Bord kam! Mit Kalle bin ich nun schon fast zwanzig Jahre befreundet, und er ist nicht nur ein sehr lustiger Mensch, sondern vor allem auch ein guter Freund, der genau wie Mike das Band zwischen uns nie hat abreißen lassen. Mit Mike habe ich auch dem guten Rudi einen schönen Knaller longline serviert: Der kultivierte Herr Carrell schaute sich jede Aufzeichnung einer Sendung von »7 Tage« gerne abends mit einem gepflegten Bierchen in seinem Hotelzimmer an. Und zwar schön gemütlich im weißen Bademantel, jawoll! Das war ein geliebtes Ritual von ihm und das wusste auch das ganze Team. Also haben Mike und ich uns eines Tages folgenden Spaß erlaubt: Wir hatten uns im selben Hotel eingebucht, uns ebenfalls einen weißen Bademantel angezogen, ein paar Bierchen geschnappt und an Rudis
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