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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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weg.
     
    Emmanuel erwischte den schwitzenden Laborassistenten und stieß ihn heftig gegen die Mauer eines leerstehenden Geschäfts.
    »Sie sind wütend. Das verstehe ich.«
    Emmanuel stieß Achmed erneut.
    »Ich bin ein wenig ärgerlich«, sagte er. »Wütend bin ich, wenn ich Ihnen mit diesem Schlagstock beide Kniescheiben zertrümmere.«
    »Es ist natürlich wegen des Nachtwächters. Ich war ganz zuversichtlich, dass Sie ihn schnell abfertigen würden.«
    »So, waren Sie?« Emmanuel drückte dem verrückten Assistenten beide Daumen tief in das weiche Schultergewebe. Der Mann sollte ihn zu spüren bekommen.
    »Bitte«, winselte Achmed vor Schmerzen. »Sie müssen mir zuhören. Wenn wir unseren Plan zu Ende bringen wollen, müssen wir uns beeilen.«
    »Es ist Ihr Plan, Achmed. Mein Plan war, die Fotos zu holen und einfach aus dem Hintertor rauszumarschieren.«
    »Die Fotos – die gehören jetzt Ihnen.« Der Assistent war so kopflos, dass er sich geradezu enthusiastisch anhörte. »Sie können Sie mit über die Grenze nehmen, wenn Sie mir gestatten, Sie zu führen.«
    Emmanuel verringerte den Druck seiner Daumen auf Achmeds Schultern.
    »Noch so ein Trick wie der von eben, dann bekommen Sie diesen Schlagstock zu spüren, das verspreche ich Ihnen.«
    »Folgen Sie mir, und beenden wir unsere Mission«, erwiderte Achmed und trat mit der Sicherheit einer Kanalratte hinaus in die Dunkelheit. Sie folgten einer staubigen Nebenstraße und bogen dann auf eine breite Allee ein, die von weißen Stuckgebäuden im portugiesischen Kolonialstil gesäumt war.
    Als sie an einer Gruppe älterer Männer vorbeikamen, die vor einem hell erleuchteten Café Karten spielte, beschleunigte Achmed seine Schritte. Sie überquerten einen abendlichen Markt. Emmanuel sah Affen in Käfigen, Ständer mit Baumwollanzügen und Schalen voller Garnelen mit Chili. Nachdem sie zehn Minuten bergauf marschiert waren, blieben sie an einem hölzernen, schief in den Angeln hängenden Gatter stehen. Achmed zwängte sich hinein und winkte Emmanuel in einen überwucherten Garten, durch den im Zickzack ein Pfad zu einem baufälligen Schuppen führte.
    »Mein Haus«, verkündete Achmed stolz und ging voraus zu einem freien Fleckchen im Garten, auf dem sich ein Steinkreis mit getrockneten Blättern und Kleinholz befand. Neben der Feuerstelle stand ein Benzinkanister.
    »Hatten Sie mich erwartet?«, fragte Emmanuel.
    »Jede Woche sage ich mir: ›Achmed, verbrenn diesen Unrat und fertig.‹ Aber ich habe nie die Kraft dazu aufgebracht. Nun aber werde ich mit Ihrer Hilfe meinen Freunden Lebewohl sagen.«
    Es roch penetrant nach Benzin, als der schwitzende Laborassistent die trockenen Blätter besprenkelte. Dann warf er ein brennendes Streichholz in den entzündlichen Haufen. Prasselnd loderte das Feuer auf.
    Emmanuel schwang die Tasche von der Schulter und stellte sie ab. Mit seinen »Freunden« konnte Achmed ja anstellen, was er wollte, er aber musste die Fotos des Captains haben und dann schleunigst aus Mosambik verschwinden. Als er sich hinkniete, um den Stapel pornografischen Materials auszupacken, fuhr ihm ein lodernder Schmerz durch die Schulter und das Bein. Der Schnitt von der Glasscherbe war tief, und die Stelle, wo ihn der Schlagstock getroffen hatte, tat höllisch weh.
    »Geben Sie mir die Fotos!«, sagte er. »Ich muss zurück nach Südafrika, bevor die Grenze dichtmacht.«
    Achmed zog die Umschläge aus der Ledertasche und sortierte sie am Boden fein säuberlich nebeneinander, dann fuhr er zärtlich mit dem Zeigefinger über jeden einzelnen. Beim zweitletzten hielt er schließlich inne.
    »Die hier gehören Ihnen.« Er nahm zwei identische Umschläge hoch, machte aber keine Anstalten, sie zu übergeben. »Sie müssen mir versprechen, die Fotos in der richtigen Reihenfolge anzuschauen. Das ist ganz wichtig. Man kann es nur so machen. Man darf es nur so machen.«
    »Wozu?«, fragte Emmanuel mit aller Geduld, die er aufbringen konnte.
    »Sie müssen es versprechen«, beharrte Achmed. »Sie müssen sie nacheinander ansehen und in der richtigen Reihenfolge auslegen.«
    »Und woher weiß ich, welche die richtige Reihenfolge ist?«, machte Emmanuel sich über den Laborassistenten lustig, der die Fotos mittlerweile an seine Brust gedrückt hatte wie einen heißgeliebten Menschen.
    Achmed griff in den ersten Umschlag und zog vorsichtig zwei Fotos heraus. »Ich habe sie nummeriert«, erklärte er und legte die Abzüge neben dem Feuer ab. »Sie müssen sie genauso

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