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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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fanden das nicht richtig, dass eine von uns sich so mit Weißen abgab.«
    »Hat jemand sie denn mal gefragt, was sie bei den Weißen trieb?« Emmanuel konnte sich den alten Juden mit seinem Beschützerinstinkt und die scheue braune Maus beim besten Willen nicht beim hitzigen Austausch von Körperflüssigkeiten vorstellen. Sein Verhältnis zu ihr wirkte väterlich, nicht sexuell.
    »Bücher gelesen, genäht, gebacken, alles Mögliche. Sie hatte immer eine Erklärung dafür, warum sie gerade da war.« Anton kratzte mit dem Fingernagel einen Klumpen Asche von dem Ziegelstein. »Ich hatte damals ein Auge auf Davida geworfen. Wir sind zusammen spazieren gegangen, und ich habe auch ein paar Küsse ergattert, aber dann hat Davida sich verändert. Es war, als würde sie sich in ein Schneckenhaus zurückziehen, als das Gerede anfing. Wissen Sie, früher war Davida nicht so, wie Sie sie jetzt erleben, so verschleiert und still. Früher war sie ein echter Feger.«
    »Tatsächlich?«
    »O ja. Wunderschöne lockige Haare bis weit über die Schultern, und ganz natürlich, nicht etwa glattgezogen. Bei allen Vergnügungen war sie als Erste auf der Tanzfläche und saß als Letzte wieder auf ihren vier Buchstaben. Mit der hatte Granny Mariah alle Hände voll zu tun, das können Sie mir glauben.«
    Die Beschreibung passte nicht einmal annähernd auf die verschlossene Frau, die sich unter dem Kopftuch verbarg. Dadurch, dass die scheue braune Maus früher einmal lange schwarze Haare gehabt hatte, kam sie nun auch als mögliches Modell auf den Fotografien des Captains in Frage. Wie mochte sie wohl unter den formlosen Kleidern aussehen, die wie Säcke an ihr hingen?
    »Was ist denn passiert?«, fragte Emmanuel.
    »Ich weiß es bis heute nicht«, erwiderte Anton. »Die Sache mit dem Perversen hatte sie eigentlich gut überstanden. Aber dann waren eines Tages ihre Haare ab, und sie ging nicht mehr mit mir aus.«
    »Und wann hat sie sich so verändert?«
    »Irgendwann im April.« Anton warf den kaputten Ziegelstein in die Schubkarre. »Zweigman und seine Frau haben sich um Davida gekümmert, weil sie irgendwie krank war, und als sie wieder auftauchte, war alles anders als vorher.«
    Im April – genau in diesem Monat hatte Captain Pretorius herausgefunden, dass der deutsche Krämer in Wahrheit ein ausgebildeter Arzt war. Hatte Zweigman etwa Davida bei der Behandlung ihrer mysteriösen Krankheit das wahre Ausmaß seiner medizinischen Kenntnisse offenbart? Und wenn ja, wie hatte Willem Pretorius das herausgefunden? Die scheue braune Maus war das einzige Bindeglied zwischen den beiden Männern.
    »Danke für Ihre Hilfe, Anton«, sagte Emmanuel und streckte dem anderen zum Ende der inoffiziellen Vernehmung die Hand hin. »Viel Glück beim Aufräumen.«
    Er würde gemeinsam mit Shabalala noch einmal sämtliche Verbindungen zwischen Willem Pretorius und Davida Ellis überprüfen, damit er die Hinweise besser einordnen konnte. Erstens hatte Donny Rooke den Captain hinter dem Viertel der Farbigen gesehen. Zweitens war Davida in der Steinhütte aufgetaucht. Drittens waren irgendwie die Himmlischen Freuden aus Zweigmans Bibliothek in Pretorius’ verschlossenes Zimmer gelangt. Allmählich fügte sich alles zusammen.
    »Sergeant.« Anton lief ihm nach. »Das mit Granny Mariah war kein Scherz. Sie würde es mir nie verzeihen, wenn ich ihre Enkelin in Schwierigkeiten brächte.«
    Emmanuel wusste nicht, wie er dem Mechaniker sagen sollte, dass Davida wahrscheinlich erheblich größere Schwierigkeiten hatte als nur ein Gerücht, das von einem Exfreund gestreut wurde. Wenn sich herausstellte, dass die scheue braune Maus Hauptzeugin des Mordes an einem weißen Police Captain war, dann würde jedermann in ganz Südafrika ihren Namen und ihr Gesicht kennen.

16
    Granny Mariah und Davida waren im Garten und pflanzten gerade in eine Furche frisch umgegrabener Erde Samen ein. Die Ältere sah auf und blinzelte mit ihren grünen Augen den weißen Polizisten und seinen schwarzen Untergebenen an, die an diesem Frühlingstag in ihrem Garten herumliefen.
    »Was wollen Sie?« Die farbige Matriarchin richtete sich auf und stemmte die Hände gegen die Hüften.
    »Ich muss mit Davida sprechen.« Trotz Granny Mariahs offener Feindseligkeit blieb Emmanuel ruhig und freundlich. Es gab nicht viel, was eine Nicht-Weiße gegen den Arm des Gesetzes ausrichten konnte.
    »Was wollen Sie von ihr?«
    »Das geht nur mich und Davida etwas an.«
    »Nicht mit mir. Ich lasse nicht zu, dass

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