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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Piet schwitzte ihn in dicken Tropfen aus. Er nahm sich fest vor, ruhig zu bleiben. Die Security Branch konnte ihm nichts anlasten. Noch nicht.
    »Setzen Sie sich!« Piet zeigte auf einen Stuhl vor dem Jagdtisch und betrat den Schuppen. Dickie und seine zwei Bulldozer folgten ihm und postierten sich zu beiden Seiten der Tür. Emmanuel gehorchte und setzte sich.
    »Dickie.« Piet streckte die Hand aus und nahm von seinem Stellvertreter einen dünnen Aktenordner entgegen, den er Emmanuel unter die Nase hielt. »Wissen Sie, was das ist, Sergeant?«
    »Ein Aktenordner«, sagte Emmanuel. Es war das Dossier, das der Bote an dem Tag gebracht hatte, als er nach Mosambik gefahren war.
    »Ein Aktenordner …« Piet legte eine Kunstpause ein und kramte in seiner Hosentasche nach einer Zigarette. »Der uns extra vom Hauptquartier geschickt wurde. Haben Sie diesen Aktenordner schon einmal gesehen, Sergeant Cooper?«
    »Nein.«
    Piet zündete sich die Zigarette an und ließ dabei sein silbernes Feuerzeug länger brennen als nötig, dann klappte er es geräuschvoll zu. Er trat vor und legte Emmanuel den Ordner sanft in den Schoß.
    »Sehen Sie ihn sich gut an! Machen Sie ihn auf und sagen Sie mir, ob Ihnen daran etwas komisch vorkommt.«
    Emmanuel brach das gelbe Siegel und tat so, als würde er den Ordner gründlich studieren, dann schloss er den Aktendeckel und ließ seine Hände darauf ruhen.
    »Er ist leer.«
    »Hast du gehört, Dickie? Er ist leer.« Der Lieutenant ließ Zigarettenasche auf den Aktenorder fallen, aber Emmanuel ignorierte sie. »Jetzt ist mir auch klar, warum Cooper so schnell befördert wurde. Er ist nämlich ganz schön schlau. Er hat was hier oben im Kopp. Da, wo es drauf ankommt. Nicht war, Detective Sergeant?«
    Emmanuel zuckte die Achseln. Das hier war ja kein Gespräch. Lieutenant Lapping hakte nur die übliche, leutselige Standard-Eröffnung für ein Verhör ab, nach der der Beamte zumindest einen Versuch unternehmen sollte, alles durch ein freiwilliges Geständnis herauszubekommen. Verdächtige zu prügeln tat weder den Händen noch den Nackenmuskeln gut, und so wie Piet aussah, hatte er schon eine harte Nacht in der Zelle hinter sich.
    »Ich bin überhaupt nicht sauer.« Der Lieutenant ging auf die Knie wie ein Freier bei einem Heiratsantrag. »Ich will nur wissen, wie zum Teufel Sie es geschafft haben, eine geheime Akte leerzuräumen, die sich hinter Schloss und Riegel befand.«
    Jetzt, von nahem, erkannte Emmanuel die blauen Ränder unter Pocken-Piets Augen und roch die widerlichen Ausdünstungen von Blut und Schweiß, die von dem Mann ausgingen. Ein ekelhafter Schlachthofgestank, der überdeckt wurde vom schwachen Lavendelduft einer billigen Seifenmarke.
    Emmanuel versuchte sein Bestes, um nicht unwillkürlich vor dem Geheimpolizisten zurückzufahren. »Vielleicht haben die im Hauptquartier ja vergessen, die Sachen überhaupt reinzutun«, sagte er.
    Piet grinste und nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. »Wissen Sie, bei jedem anderen Polizeidezernat würde ich Ihnen diese Erklärung abkaufen. Aber das ist meine Truppe, und meine Truppe macht keine Fehler.«
    »Dann würde ich mal im Bezirkshauptquartier anrufen und fragen, wer den Bericht getippt und abgeschickt hat«, schlug Emmanuel vor.
    »Schon längst passiert«, antwortete Piet beinahe freundlich. »Und dabei habe ich Folgendes herausgefunden: Sie, Detective Sergeant Cooper, waren derjenige, der dem Boten geholfen hat, die Akte im Polizeipostfach zu deponieren, als er in die Stadt kam.«
    »Ich wollte nur nett sein. Alle Polizeiressorts sollen einander doch unter die Arme greifen, oder?«
    »Mein erster Gedanke war, dass Ihr Busenfreund van Niekerk Ihnen einen Tipp gegeben hat, was sich in den Ordner befand. Sie wussten, dass die Akte unterwegs war, und irgendwie haben Sie es geschafft, die Unterlagen beiseitezuschaffen. Hat eine von diesen alten Jungfern im Postamt Sie etwa ans Polizeipostfach gelassen? Wir waren bislang zu beschäftigt, um sie selbst zu fragen, aber ich denke, nach einer Stunde mit mir allein werden sie schon zugänglich werden – wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Die Geheimpolizisten lachten über Piets Anzüglichkeit, und Emmanuel spürte bei den Männern eine geradezu perfide Vorfreude auf die Aussicht, die beiden Landpomeranzen ins Verhör nehmen zu können. Die reizende, zutrauliche Miss Byrd mit ihrer Vorliebe für Federhüte – schon fünf Minuten mit Lieutenant Lapping würden ausreichen, um sie

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