Ein schöner Ort zu sterben
Fotos, den er heute morgen mit dem Intundo Express-Bus auf den Weg gebracht hatte, in Sicherheit war. Doch das Siegesgefühl verging ihm rasch. Er saß immer noch in der Klemme. Schließlich hatte man verbotenes Material bei ihm gefunden.
»Wer hat uns noch gleich von den Fotos erzählt, Dickie?«
»Hat uns ein Vögelchen gezwitschert«, antwortete das Nilpferd, so als sei ihm die Redewendung gerade selbst eingefallen.
Emmanuel warf einen verstohlenen Blick auf die Fotos. Wenn seine Abzüge sicher auf dem Weg zu van Niekerk in Jo’burg waren, dann mussten diese hier aus der Steinhütte des Captains stammen. Eine andere logische Erklärung gab es nicht, und alles, was er heute morgen herausgefunden hatte, wies auf den jüngsten Sohn des Captains.
»Hat euch der hübsche Louis erzählt, wo ihr die Fotos finden würdet?« Emmanuel behielt Dickie im Auge, er wollte sehen, ob der Name und das süffisante Beiwort irgendeine Reaktion auslösten. Doch Dickie kniff nicht etwa die Lippen zusammen, sondern fletschte die Zähne.
»Wie können Sie es wagen, auch nur diesen Namen in den Mund zu nehmen, nach allem, was Sie …« Dickie explodierte förmlich, seine Halsmuskeln traten hervor wie Stahlseile.
»Dickie! Ich weiß, dass dich solche Schandtaten zur Weißglut bringen, aber du darfst dich bei der Arbeit nicht von persönlichen Gefühlen leiten lassen. Wir sind die Bergarbeiter, unsere Arbeit ist es, im Dreck zu wühlen und das Gold zu finden. Du darfst dich nicht von dem Dreck ablenken lassen.«
Schandtaten? Das Wort ließ Emmanuel aufhorchen. Welche Schandtaten brauchte es, um Dickie so sehr aufzuregen, dass er sogar mitten in einem Verhör von seinem Vorgesetzten zur Räson gebracht werden musste. Als ihm die Antwort klar wurde, zuckte er vor Schreck zusammen. Wie tief war eigentlich die Grube, die das engelsgleiche Bübchen für ihn gegraben hatte?
»Hat Louis behauptet, ich hätte ihn belästigt?«
»Was genau wollen Sie eigentlich in diesem Schuppen, Sergeant?«
»Ich suche nach Beweisen.« Emmanuel stemmte sich gegen die aufsteigende Panik. Mit den Fotos als Köder hatte der Blondschopf ihm eine heimtückische Falle gestellt und sie zuschnappen lassen. Und zwar mit einer Anschuldigung, die jeden ordentlichen Mann in Jacob’s Rest auf die Palme bringen musste.
Dickie schnaubte. »Ein Perverser, der einen Perversen verfolgt. Das ist wirklich die Krönung.«
»Geh und stell dich wieder zu den anderen!«, befahl Piet seinem Partner und rollte die verspannten Rückenmuskeln. »Ich bin zu müde, um gleichzeitig den Sergeant zu verhören und dir das kleine Einmaleins der Polizeiarbeit beizubringen.«
»Aber …« Piet bedachte Dickie mit einem vernichtenden Blick, und das Nilpferd stampfte zurück in seine Ecke. Von dort funkelte er Emmanuel an, als sei es dessen Schuld, dass man ihn nicht mehr mitspielen ließ.
»Also, was denn nun?«, fragte Emmanuel? »Gucke ich mir lieber dunkelhäutige Mädchen an, oder bin ich scharf auf weiße Jungelchen?«
»Das schließt sich nicht gegenseitig aus. Sie könnten die Fotos benutzt haben, um das Interesse eines Jungen zu wecken, der Sie ansonsten nicht attraktiv gefunden hätte. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Warum zum Teufel sollte ich auf die Idee kommen, ausgerechnet einem kleinen Buren Fotos von einer Farbigen zu zeigen, um ihn zu stimulieren? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
»Vielleicht waren es die einzigen Fotos, die Sie sich beschaffen konnten.«
»Wir sind Polizisten. Jeder von uns könnte sich Bilder von einer Weißen besorgen, die alles macht, außer vielleicht einen Gorilla zu vögeln. Die Bullen und die Schurken kommen immer an die allerbesten Sachen dran, das wissen Sie doch.«
»Da haben Sie recht.« Piet klopfte auf seine Hemdtasche und holte ein zerdrücktes Päckchen Zigaretten hervor. »Aber das ändert nichts an Louis Pretorius’ Anzeige. Für solche Kinkerlitzchen wie die Hautfarbe der Frau auf den Fotos interessiert die Jury sich nicht. Die Tatsache, dass es um eine Farbige geht, handelt Ihnen nur eine höhere Haftstrafe ein.«
Emmanuel sah hinüber zu der Stelle mit dem Ölfleck, wo das Motorrad gestanden hatte. Jetzt war die Maschine weg und Louis mit ihr.
Warum hatte Louis sich so offenbart? Indem er ihm die Fotos unterschob, entlarvte er sich selbst als derjenige, der die Beweise aus der Steinhütte gestohlen hatte. Das musste er doch gewusst haben. Trotzdem hatte er es riskiert. Warum?
»Hat Louis eine beeidete und
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