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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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nur um Sie zu schützen.«
    Louis machte einen Schritt vor, der Finger lag fest am Abzug. »Mit dem, was meinem Vater widerfahren ist, habe ich nichts zu tun. Er wurde vor der Zeit abberufen, und ich bete zum Allmächtigen, dass er Pa in sein Herz schaut und ihm seine Verfehlungen vergibt.«
    »Louis …« Hansies dumpfe blaue Augen quollen schier über vor verzweifelten Tränen. »Jetzt sag dem Sergeant doch endlich, dass das alles ein Irrtum ist. Dass du diese farbigen Frauen nicht angerührt und der Captain nicht das gemacht hat, was er behauptet … das mit dem Geschlechtsverkehr und dem Teufel und der Nebenfrau.«
    Louis lächelte. Unter allen Engeln Gottes war er wirklich der schönste – und der wahnsinnigste. »Weißt du, was mir mein Pa mal gesagt hat, Hansie?«
    »Nein.«
    »Dass man Gott erst erkennt, wenn man mit dem Teufel gerungen und der Teufel die Oberhand behalten hat.« Er wandte sich Davida zu, um es auch ihr zu erklären, doch Davida war weg. Behände hob er sein Gewehr und zielte auf den Eingang der Höhle, wo nur noch der flüchtende Schatten der Frau zu sehen war. In kunstgerechter Manier stellte er ein Bein aus, um seinem Oberkörper mehr Stabilität zu verleihen und die Chance zu erhöhen, dass er sein Ziel auch traf.
    »Waffe fallen lassen, Louis!«, rief Emmanuel über den Felsvorsprung hinweg. Seine Pistole war genau aufs Ziel gerichtet. »Fallen lassen, oder ich schieße.«
    Der Schatten verschwand vom Höhleneingang, und Louis senkte sein Gewehr langsam bis zur Hüfte. Der Finger am Lauf zuckte, doch die Waffe blieb unten.
    »Keine Bewegung.« Während Emmanuel sich Louis rasch näherte, rief er weiter eindeutige Befehle. »Waffe fallen lassen und mit dem Fuß in meine Richtung schieben. Sofort.«
    Louis gehorchte, und das Gewehr rutschte scheppernd über den Fels. Shabalala hob es auf und schwang es sich über die Schulter. Der jüngste Sohn des Captains hockte sich langsam hin und blickte über das schier endlose Buschland aus grünen und braunen Tupfern. Im sanften, friedlichen Nachmittagslicht sah die Landschaft aus, als hätte jemand sie auf die Leinwand der Erde gemalt.
    »Jetzt wird sie nie errettet werden«, sagte Louis.
    Emmanuel bedeutete Shabalala, Wache zu halten, während er in der Höhle nachsah.
    »Davida« rief er, als er Louis’ skurriles Bergdomizil betrat. Er fand sie gleich am Eingang, wo sie mit angezogenen Knien kauerte. Emmanuel hockte sich neben sie, berührte sie aber nicht, obwohl sie zitterte wie Espenlaub. Weiße Männer, die ihr zu »helfen« versuchten, hatte sie nun wahrlich zur Genüge erlebt.
    »Es ist alles in Ordnung. Sie sind jetzt in Sicherheit.« Emmanuel sah, dass ihre Haut von der Waschung, die Louis mit Steinen und reinem Quellwasser vollzogen hatte, feine rote Kratzspuren davongetragen hatte. »Hat er Sie irgendwo verletzt, wo ich es nicht sehen kann, Davida?«
    »Nicht da, wo Sie denken. Da nicht.«
    »Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
    »Nein, jetzt nicht. Haben Sie meine Granny gefunden?«
    »Zweigman ist bei ihr. Er sagt, sie ist zwar verletzt, wird aber wieder gesund. Er wird sich ordentlich um sie kümmern, das wissen Sie ja.«
    »Das ist gut. Das ist gut.« Davida fing an zu weinen. Emmanuel stand auf und holte von dem improvisierten Lager die graue Decke. Er hielt sie ihr hin.
    »Darf ich Ihnen die umlegen? Sie müssen trocken werden und sich aufwärmen, bevor wir von hier verschwinden.«
    »Draußen. Ich lege sie mir draußen um. Ich will nicht hier drin bleiben.«
    Sie verließen die Höhle, und Davida kauerte sich am Eingang hin. Ihr Urinstinkt verlangte von ihr, in der Nähe eines sicheren Ortes zu bleiben. Emmanuel legte ihr die Decke um die Schultern. Er registrierte, dass sie den Blick auf Louis vermied.
    »Sie riecht nach ihm.« Davida streifte sich die Decke von den Schultern. »Wie Blumen auf einem Grab.«
    »Sie müssen sie umbehalten, bis Sie sich aufgewärmt haben«, sagte Emmanuel. »Danach fahren wir zurück nach Jacob’s Rest.«
    »Wenn Sie fahren, komme ich mit«, antwortete sie, legte das Kinn auf die Knie und sah zu den langen weißen Wolkenfahnen am Himmel hoch. Emmanuel ging zu Shabalala und stellte sich neben ihn. Der Zulu-Constable sah traurig aus, so als sei dieses Ende noch schlimmer als alles, was er befürchtet hatte.
    »Und was jetzt?«, fragte Louis über Hansies Schniefen hinweg. »Verhaften Sie mich?«
    »Mir bleibt keine andere Wahl«, antwortete Emmanuel. »Sie stehen unter Verdacht der

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