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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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lügen und unreine Frauen belästigen und entführen? Wann haben Sie diesen Ruf vernommen, Louis? In Suiver Sprong oder erst später im Theologischen Seminar?«
    Für einen Augenblick schienen Louis die hübschen Gesichtszüge zu entgleiten, doch dann entgegnete er: »Alles, was ich tue, tue ich im Dienste des Herrn.«
    »Dann hat Ihnen also der Herr letztes Jahr befohlen, diese Frauen zu belästigen?«
    »Das war das Werk des Teufels. Ich habe mich aus seinen Ketten befreit und bin von aller Sünde reingewaschen.«
    »War das die Art, mit der man Ihnen auf dieser Farm die Sünden ausgetrieben hat? Mit kalten Duschen und Angstmacherei?« Auf van Niekerks Liste der Therapien, die in dieser pseudoreligiösen Klapsmühle praktiziert wurden, waren auch Wasserbehandlungen aufgeführt. Welche Methoden mochte der in Deutschland ausgebildete Dr. Hans de Klerk angewandt haben, um den Pretorius-Jungen von seinen Sünden reinzuwaschen?
    Louis kniff die Augen zusammen. »Alles, was für mich getan wurde«, sagte er, »geschah im Dienste des Herrn. Ich war verloren und wurde wiedergefunden.«
    Emmanuel verspürte einen unerwarteten Anflug von Mitleid. Louis war von seiner Mutter in dem Glauben großgezogen worden, er sei das Licht der Welt. Von seinem Vater jedoch hatte er den Geschmack an einem Leben jenseits der strikten Moralvorstellungen des Burenvolks geerbt. Er war hin- und hergerissen, und der faule Zauber der »Neuausrichtung« oben in den Drachenbergen hatte ihn nur noch gefährlicher gemacht.
    »War Ihr Vater ein unreines Geschöpf, Louis?«, fragte Emmanuel. Er wollte wissen, wie der Junge zur Scheinheiligkeit des Captains stand.
    »Pa wurde vom Teufel verführt, genau wie ich.« Der Junge blickte den Zulu-Constable an. »Mein Pa war ein guter Mensch, stimmt das nicht, Shabalala? Ein gottesfürchtiger Mann.«
    »Das glaube ich.«
    »Die Güte Ihres Vaters bezweifle ich auch nicht«, entgegnete Emmanuel. »Ich frage mich nur, wie heftig er sich gegen den Teufel gewehrt hat. Sie selbst haben sich auf diese Farm begeben und den Teufel besiegt. Aber Ihr Vater ist dageblieben und … nun ja, ein paar Mal pro Woche hat er wohl den Teufel gewinnen lassen. Fast ein Jahr lang.«
    »Captain Pretorius war nicht mit dem Teufel im Bunde.« Hansie war so aufgebracht und verwirrt, dass seine Stimme drei Oktaven nach oben sprang. »Sie haben ihn ja nicht gekannt. Er war von Kopf bis Fuß rein.«
    »Kein Mensch ist von oben bis unten rein.« Emmanuel wandte sich wieder Louis zu und bemühte sich, weiter freundlich und friedfertig zu klingen. »Sie wissen ja selbst, wie es ist, wenn man mit dem Teufel ringt, nicht wahr, Louis? Sie wollten ein Heiliger sein. Und jetzt stehen Sie hier auf dem Gipfel eines Berges, mit einer Frau, die starr ist vor Angst, einem Gewehr und mit einem Seil auf Ihrer Bibel.«
    »Diese Frau ist die Wurzel allen Übels.« Louis umklammerte Davidas Unterarm so fest, dass sie vor Schmerz keuchte. »Sie ist diejenige, die von ihrer Fleischeslust befreit werden muss.«
    »So wie Sie Ihren Vater am Fluss befreit haben?« Emmanuel versuchte, den Sexualtäter und den Mörder miteinander in Verbindung zu bringen. Ein verwirrter Junge mit einem Präzisionsgewehr und der Illusion, er sei Gott, war wie ein gefährliches Tier. »Das haben Sie doch getan, oder? Sie haben ihm eine Audienz beim Allmächtigen verschafft und dann seine Leiche ins Wasser gezogen, um seine Sünden abzuwaschen. War es nicht so?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden?«
    »Sie haben Ihren Vater getötet, um ihn zu reinigen, nicht wahr, Louis?«
    »Natürlich nicht!«
    »Sie wussten, er würde nicht aufhören zu sündigen, also haben Sie ihm geholfen, aus der Falle des Teufels zu entkommen. Das verstehe ich. Ich verstehe, wie es dazu kam.«
    Louis lockerte seinen Griff um Davidas Handgelenk und warf dem englischen Detective einen vernichtenden Blick zu. »Ich habe meinen Vater geliebt. Als mich der Teufel in den Klauen hatte, hat mein Vater mit mir gebetet, und gemeinsam haben wir einen Ausweg gefunden. Nie hätte ich die Hand gegen ihn erhoben. Er hat mich gerettet.«
    »Sie haben ihn am Fluss also nicht erschossen?«
    »Nein. Ehre deine Mutter und deinen Vater, auf dass du lange leben mögest auf Erden. Das ist Gottes Verheißung.«
    »Aber als er noch lebte, haben Sie Ihrem Vater nachspioniert. Finden Sie das etwa ehrenhaft?«
    »Ich habe über ihn gewacht.« Louis ließ Davidas Arm los und strich sich das wirre blonde Haar aus der Stirn. »Ich

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