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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Die Schnapsidee von der Revolution wäre eigentlich ein guter Witz gewesen, hätte sie nicht von der Geheimpolizei gestammt. »Diese Leute, die zum zivilen Ungehorsam aufrufen, stehen doch eher darauf, ihre Personalausweise zu verbrennen und während der Ausgangssperre zum Rathaus zu marschieren. Sie wollen, dass die Rassentrennungsgesetze der National Party wieder aufgehoben werden. Polizisten umzubringen passt überhaupt nicht zu denen.«
    »Vielleicht wissen die Jungs von der Security Branch mehr als wir. Auf jeden Fall haben sie dafür gesorgt, dass ich über ihr spezielles Interesse an diesem Fall informiert bin. Sie wollen umgehend über jede neue Entwicklung informiert werden.«
    »Ein spezielles Interesse, mehr nicht?« Selbst die Plattfüße bei der Polizei wussten, dass »spezielles Interesse« nichts anderes hieß als »die Kontrolle übernehmen«.
    Es entstand eine lange Pause. »Ich vermute mal, dass sie sich wieder zurückziehen, sobald diese Aufrufe zum zivilen Ungehorsam im Sande verlaufen sind. Falls nicht, kann kein Mensch vorhersagen, was sie machen. Die Zeiten haben sich geändert, Cooper.«
    Emmanuel hatte überhaupt nicht den Eindruck, als würden die Aufrufe zum zivilen Ungehorsam bald im Sande verlaufen. Kaum im Amt, hatten Premierminister Malan und die National Party ihre Pläne in die Tat umgesetzt. Die neuen Rassentrennungsgesetze unterteilten die Menschen in verschiedene Gruppen und schrieben ihnen vor, wo sie zu leben hatten und wo sie arbeiten durften. Das Gesetz gegen Unsittlichkeit ging sogar so weit, ihnen vorzuschreiben, wen sie lieben und mit wem sie schlafen durften. Die immer lauter werdenden Aufrufe zum zivilen Ungehorsam konnten nur eines bedeuten: Die Special Branch, wie die Geheimpolizei landläufig hieß, würde auf der Matte stehen und die Schüsse einzeln nachzählen.
    »Wann können Sie weitere Männer für den Fall abstellen, Sir?«
    »In 24 Stunden«, antwortete van Niekerk. »Im Moment konzentrieren sich alle auf eine weibliche Leiche, die an den Eisenbahngleisen gefunden wurde. Zum Glück ist es eine Weiße. Das bedeutet, dass die Presse an der Sache dran bleibt. Und das wiederum bedeutet, dass ich einen Tag extra habe und in aller Stille ein paar Mann vom Dezernat abziehen und auf Ihren Fall ansetzen kann.«
    Major van Niekerk, der Sprössling einer englischen Mutter aus besten Kreisen und eines reichen kapholländischen Farmers, versuchte immer, sein oberstes Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Police Commissioner zu werden, der oberste Polizeichef des Landes. Sein gegenwärtiger Majorsrang war ihm nicht genug und sein Motto einfach: Was gut für mich ist, ist auch gut für Südafrika. Dass er auf den Anruf irgendeines Spinners hin einen einzelnen Polizisten zu einer Angelegenheit losgeschickt hatte, die sich nun als waschechter Mordfall entpuppte, gehörte nicht zu den Dingen, die er gern publik machte.
    »Und die Geheimpolizei?«, fragte Emmanuel.
    »Um die kümmere ich mich schon.« Van Niekerk tat so, als sei das eine Kleinigkeit, aber in Wahrheit wäre es leichter gewesen, einem Zigeuner ein Messer zu entwinden. »Inzwischen können Sie so tun, als sei dies ein ganz normaler Mordfall und nicht ein Testfall für die neuen Rassentrennungsgesetze. Seien Sie f …«
    Der Rest des Satzes wurde von statischem Rauschen verschluckt, dann zischte es nur noch.
    »Major?«
    Ein Piep Piep Piep verkündete, dass die Leitung tot war. Emmanuel hängte ein. Froh? War dies das letzte Wort des Majors gewesen? Seien Sie froh?
    Emmanuel kippte den Inhalt der Schublade auf den Schreibtisch des Captains und fing an, ihn zu sortieren. Bestellformulare, Büroklammern, Bleistifte und Gummibänder schob er zur Seite. Übrig blieben eine kleine Schachtel Munition und eine Zeitung, schon eine Woche alt. In der Schachtel befanden sich einige Reihen goldglänzender Patronen. Die Geschichten in der Zeitung hatte Emmanuel schon letzten Mittwoch gelesen. Nicht sehr ergiebig also.
    »Sergeant?«
    Shabalala stand in der Tür und hielt einen dampfenden Becher Tee in der Hand. Für einen solch großen Mann bewegte er sich geradezu erschreckend leise. Er trug nur noch sein Unterhemd und seine Hose, die an mehreren Stellen feucht war von dem Versuch, den Stoff zu säubern. Die schwarze Location lag fünf Meilen nördlich der Stadt, zu weit weg, um sich nur mal eben umzuziehen.
    »Danke, Constable.« Emmanuel nahm den Tee an und sah hinab auf das säuberlich gebügelte Hemd, das er eine halbe

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