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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Stunde zuvor angezogen hatte. Das Protea Guesthouse, eine Pension, wo er seine Tasche abgestellt und sich gewaschen und umgezogen hatte, lag im Herzen der Stadt. Die benachbarten Häuser gehörten alle Weißen. Shabalala würde bis zum Abend warten müssen, bis er sich den Geruch des toten Captains abwaschen konnte.
    »Wo ist Ihr Schreibtisch?« Das Vorderzimmer war hier wie auch im Bezirksdezernat den europäischstämmigen Polizisten vorbehalten.
    »Da drin.« Shabalala trat zurück und ließ Emmanuel den Vortritt durch die Seitentür. In dem Raum befanden sich zwei Zellen und eine Nische mit einem Schreibtisch und einem Stuhl. An einer Reihe Haken über dem Schreibtisch hingen die Zellenschlüssel und die tödliche südafrikanische Variante des englischen Bobby-Schlagstocks, eine Shambok genannte Peitsche aus Rhinozeroshaut. Unter einem in den Hinterhof hinausgehenden Fenster stand ein Tischchen mit einer Schachtel Roobios-Tee, einer Teekanne und einigen nicht zueinander passenden Porzellanbechern. Teller, Becher und Löffel für den eingeborenen Polizisten, allesamt aus Blech, befanden sich auf einem anderen Bord.
    »Was ist da draußen?«
    Shabalala schob die Hintertür auf und ließ Emmanuel höflich vorgehen. Emmanuel nahm den Tee des schwarzen Mannes vom Tisch, reichte ihm den Blechbecher, dann betrachteten beide das staubige Land. Am anderen Ende stand ein riesiger Avocadobaum, der von seinem eigenen Schatten umgeben wurde wie von einem Rock. Ein Stück weiter vorne brannte in einem aus Steinen zusammengelegten Kreis ein Feuer, um das ein paar Stühle standen. Darauf lagen Shabalalas Mantel und Uniformjacke, die er mit Hilfe eines nassen Lappens aus einem dreckstarrenden in einen nur noch schmutzigen Zustand überführt hatte. Man brauchte nur einmal kurz einzuatmen und konnte sich sofort vorstellen, wie es in der Wache Freitagabends herging, bei Braai und frischem Bier.
    »Kannten Sie den Captain schon lange?« Emmanuels Tee war weiß und süß. Vermutlich hatte Pretorius ihn so gemocht.
    Der Schwarze trat verlegen von einem Bein aufs andere. »Schon seit früher.«
    Emmanuel wechselte ins Zulu. »Sind Sie zusammen aufgewachsen?«
    Der Polizist nippte an seinem Tee und nickte zur Bestätigung.
    Stille breitete sich zwischen ihnen aus, während sie nur dastanden und ihren Tee tranken. Emmanuel warf Shabalala einen verstohlenen Seitenblick zu und bemerkte die Anspannung in dessen Nacken und Schultern. Der Schwarze hatte etwas auf dem Herzen. Emmanuel wartete, bis der andere von sich aus anfing.
    »Der Captain …« Shabalala sah hinaus auf den Hof. »Der war nicht wie die anderen Holländer.«
    Emmanuel machte ein zustimmendes Geräusch, sagte aber nichts. Sonst würde das zarte Band der Verständigung, das er zwischen sich und dem eingeborenen Constable spürte, vielleicht wieder reißen.
    »Er war …«
    Emmanuel wartete. Als nichts kam, blickte er in Shabalalas Gesicht und sah, dass es wieder genau so seltsam ausdruckslos aussah, wie es ihm schon am Tatort aufgefallen war. Beinahe so, als habe der Zulu-Shangani irgendwo in sich einen Schalter umgelegt und die Energieversorgung unterbrochen. Die Verbindung zwischen ihnen war gerissen. Was auch immer Shabalala bewegte – er hatte beschlossen, es wegzuschließen.
    Trotzdem musste Emmanuel herausbekommen, warum die Geheimpolizei in diesem Mordfall herumschnüffelte.
    »Zu welchen Vereinen hat der Captain gehört?«, fragte er Shabalala.
    »Er ist jeden Sonntag in die holländische Kirche gegangen und außerdem in den Sportklub, wo er und seine Söhne Ball spielten.«
    Emmanuel nippte an seinem Tee. Falls der Captain einer geheimen Burenvereinigung wie dem Broederbond angehört hatte, hätte Shabalala davon sicher als Letzter erfahren. Emmanuel musste einen einfacheren Weg finden, um die Verbindung zur Special Branch zu knacken.
    »Gibt es außer dem Telefon hier in der Wache noch eins in der Stadt?«
    Shabalala antwortete: »Das Krankenhaus hat Telefon, außerdem der alte Jude, die Werkstatt und das Hotel. Das Postamt hat einen Apparat für Telegramme.«
    Emmanuel trank seinen Tee aus. Zwei Telefonate waren über den Mord geführt worden, von denen er wusste. Eines mit van Niekerk, der eher Pferdescheiße gefressen hätte als die Geheimpolizei auf den Plan zu rufen, das andere mit Paul Pretorius bei eben dieser Geheimpolizei. Es wurde Zeit, dass er direkt zur Quelle ging, ins Haus der Familie, und dort nachforschte.
    »Ich statte der Witwe einen

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