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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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schieben.«
    Piet zog eine weitere Zigarette aus seiner Schachtel und zündete sie gemächlich an, bevor er antwortete. »Sie und Ihre Brüder sind die geschädigte Partei, aber nicht das Gesetz. Das Gesetz bin ich, verstanden?«
    »Ja.« Paul sah beinahe beleidigt aus. Für einen Soldaten konnte er mit Befehlen nicht sonderlich gut umgehen.
    Die Beule auf Emmanuels Kopf meldete sich pochend zurück. Wenn man die Pretorius-Brüder auch nur ansatzweise an den Ermittlungen beteiligte, konnte das in einem Desaster enden. War der Leutnant vielleicht scharf auf Blutrache? Oder versuchte er nur, Paul und seine mächtigen Handlanger an der Seitenlinie zu halten?
    »Glauben Sie, an dieser Geschichte mit dem Perversen ist etwas dran?«, fragte Piet.
    Immerhin genug, dachte Emmanuel, um zwei wütende Farbige dazu zu bringen, dass sie sogar mit Gewalt drohten, nur um ihre Frauen zu schützen. Ein reines Hirngespinst war dieser Voyeur also nicht.
    »Die neuen Gesetze machen Männer mit bestimmten Gelüsten nervös«, sagte er. »Öffentliche Demütigung und eine Haftstrafe reichen durchaus als Motiv für einen Mord. Sogar hier in Jacob’s Rest.«
    »Gibt es irgendwelche politischen Verdachtsmomente?«
    »Das habe ich noch nicht überprüft. Aber viel Eindruck haben die Leute, die Busse boykottieren und ihre Pässe verbrennen, hier draußen nicht gemacht.«
    »Noch nicht«, antwortete Piet düster. »Diese verdammte Widerstandsbewegung ist wie eine Seuche. Das ganze Land kann dabei in Flammen aufgehen. Es gibt nichts, was diese Genossen nicht tun würden, um die Regierung zu stürzen. Sie wollen eine Revolution. Sie wollen unseren Lebensstil …«
    Krachend flog die Tür zur Polizeiwache auf. In einer Woge von zerknitterten schwarzen Anzügen und Bierdünsten schwemmten die Pretorius-Männer in den kleinen Raum. Shabalala blieb draußen auf der Veranda, nüchtern und teilnahmslos.
    »Was gibt’s Neues?«, fragte Henrick in die Runde und sackte auf die Kante von Hansies Schreibtisch. Sein sonnengebräuntes Gesicht war marmoriert mit roten Flecken, die von hemmungslosem Heulen und hemmungslosem Trinken herrührten.
    »Sergeant …« Es war Hansie, nach ein paar Gläsern zuviel nunmehr hirntot. »Was gefunden? Ham Sie bei King was Gutes gefunden?«
    »Nichts«, antwortete Piet Lapping und warf dabei Emmanuel einen vielsagenden Blick zu. Welche Informationen herausgegeben wurden, war einzig und allein Sache der Security Branch.
    Emmanuel schwieg. Er brauchte Zeit, um der Sache mit dem Kalender nachzugehen, während Piet und Dickie sich wie zwei Rammböcke dem möglichen politischen Aspekt der Ermittlungen widmeten.
    »Sie haben nichts herausbekommen?« Es war Louis, der einzige männliche Vertreter der Familie Pretorius, der keine glasigen Augen und entgleiste Gesichtszüge hatte.
    »Nichts«, wiederholte Piet. Jeder hier musste kapieren, dass er jetzt die Ermittlungen leitete und nicht mehr van Niekerks Schoßhund.
    Unter Louis’ unverwandtem Blick trat Emmanuel nervös von einem Bein auf das andere. Trotz Piets endgültigem Bescheid wollte der Junge seine Antwort hören. Emmanuel blickte ihm in die Augen und schüttelte den Kopf.
    Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Shabalala plötzlich eilig die Veranda verließ und auf die Piet Retief Street lief. Man hörte ein Gerangel und jemanden laut brüllen.
    »Captain!«, schrie eine betrunkene Stimme. »Captain! Bitte!«
    »Was zum Teufel ist da draußen los?« Im Nu war Paul auf den Beinen und wollte den Kommandosoldaten geben.
    »Captain! Bitte, Captain!«
    Die Pretorius-Männer liefen hinaus. Emmanuel stürzte ihnen hinterher und sah mitten auf der Straße Harry stehen, den alten Soldaten. Shabalala versuchte ihn wegzuführen, aber der Mann im grauen Mantel weigerte sich mitzukommen.
    »Captain«, greinte er weiter. »Bitte, Captain … meine Briefe!«
    Paul und Henrick waren als Erste unten an der Treppe. Ein Stoß gegen die Brust des hageren alten Mannes reichte, und schon fiel er mit wedelnden Armen und Beinen auf den harten Straßenbelag.
    »Wir haben Pa heute Morgen beerdigt.« Henrick beugte sich über das Häufchen Elend. »Halt deinen Mund, hörst du?«
    »Meine Briefe.« Die Warnung war bei Harry nicht angekommen. Er rappelte sich hoch und wankte weiter auf die Polizeiwache zu. »Captain! Bitte! Kommen Sie raus!«
    Erich packte den verwirrten Soldaten am Kinn. »Mein Vater ist tot. Und jetzt halt den Rand.«
    »Captain!«, machte Harry weiter. »Meine Briefe!

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