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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Emmanuel. Wenn die Geheimpolizei auch nur den leisesten Wind davon bekam, dass er am helllichten Tag halluzinierte, war er schon Ende der Woche den Fall los und steckte in einem Sanatorium. Van Niekerk würde ihm nicht helfen können. Man würde ihn bis zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens suspendieren, und es war sogar gut möglich, dass das nicht günstig für ihn ausfallen würde.
    »Mach dir keine Sorgen«, säuselte der Sergeant Major. »Ich werde nicht alle Naselang zu Besuch kommen. Wenn ich was Wichtiges zu sagen habe, schaue ich kurz vorbei und sag’s dir. Ich bin doch dafür verantwortlich, dass du am Leben bleibst, schon vergessen?«

8
    Emmanuel blieb noch eine Weile draußen vor der Polizeiwache stehen. Er sah, dass Piet und Dickie über gut und gerne einem Jahrzehnt an Polizeiakten hockten. Auf dem Aktenschrank stand eine Batterie leerer Bierflaschen. Nachdem sie einem ganzen Nachmittag lang nur getrunken und stumpfsinnig in Unterlagen geblättert hatten, waren die beiden Jungs von der Security Branch jetzt bestimmt mieser Laune und würden sich begierig auf alles Neue stürzen. Emmanuel drückte die Tür auf und betrat den Raum.
    »Wo zum Teufel haben Sie denn gesteckt?«, rief Lapping und zündete sich eine Zigarette an.
    »Ein Bad genommen«, antwortete Emmanuel. »Sie hatten recht. Außenermittlungen sind wirklich reine Drecksarbeit.«
    »Ich dachte doch, ich hätte Lavendel gerochen«, bemerkte Dickie.
    Piet ignorierte seinen Partner. »Wie lief Ihr Besuch bei King? Haben Sie irgendwas herausgefunden, das Sie uns gern mitteilen würden, Detective Sergeant?«
    Emmanuel spürte einen Anflug von Angst in der Magengrube. Hatte er wirklich den Nerv, gegenüber der Geheimpolizei Indizien zu unterschlagen? Wenn die Burschen das herausfanden, würden sie Blutzoll fordern.
    »Ich habe die Hütte von Captain Pretorius untersucht«, erklärte er. »Habe aber nichts gefunden. Sie war sehr sauber, so als hätte vorher jemand ordentlich aufgeräumt.«
    »Hütte?«, fragte Dickie, dessen Hirn noch auf Sparflamme lief. »Was für eine Hütte?«
    »Der Captain hat sie sich auf Kings Land gebaut. Für Kameradschaftsabende, falls ihr beiden wisst, was so was ist. Mit Junggesellen in der Armee kennt ihr euch ja nicht so aus.«
    Dickie drückte seine Zigarette so fest im Aschenbecher aus, dass es knirschte. »Eines schönen Tages wird Ihnen mal einer die Fresse polieren, mein Freund. Warten Sie’s nur ab.«
    Emmanuel grinste. »Fressepolierer ist doch schon eine Stufe höher als Arschpolierer, oder? Ihre Muter muss stolz auf Sie sein.«
    Die Adern an Dickies Hals schwollen an. Er sprang auf und ballte die Fäuste.
    »Setz dich wieder hin, Dickie!«, befahl das Teiggesicht Lapping seelenruhig. »Der Detective macht doch nur Witze. Nicht wahr, Detective?«
    Emmanuel zuckte die Achseln und schwieg.
    »Was diese Hütte betrifft …«, nahm Piet den Faden wieder auf, den Dickie verloren hatte. »Sie bringen uns morgen dahin und zeigen uns alles Wesentliche.«
    »Das wird nicht möglich sein«, antwortete Emmanuel. »Morgen ist Sonntag. Da bin ich beim Morgengottesdienst in der Kirche.«
    »Sind Sie etwa religiös?«, fragte Piet ein wenig ungläubig. In der dürren Geheimdienstakte über ihn hatte davon nichts gestanden.
    »Sie etwa nicht?«
    Der Lieutenant nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. »Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass Sie eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten, Detective. Einmal bei Dickie und einmal bei mir. Scheint eine Angewohnheit zu sein.«
    »Offenbar«, gab Emmanuel zurück und erhöhte damit seine Chancen, bei der Unterschlagung von Indizien erwischt zu werden. Piet Lapping war ein vorsichtiger und cleverer Bursche.
    »Lassen Sie sich also auch mal wieder blicken.« Es war Paul Pretorius, der in der Tür zu den Polizeizellen stand.
    »Ich habe Ermittlungen angestellt«, erklärte Emmanuel, während der wie aus dem Ei gepellte Soldat ins Zimmer stolzierte und es sich hinter Hansies Schreibtisch bequem machte.
    »Sagen Sie mal«, fragte Paul, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und das quadratische Kinn vorreckte, »sind eigentlich alle Verdächtigen auf Ihrer Liste Weiße?«
    Emmanuel warf Lieutenant Lapping einen Blick zu. Wer leitete hier eigentlich die Ermittlungen, Lapping oder dieser Zinnsoldat?
    »Beantworten Sie die Frage!«, stieß Lapping kaum vernehmlich hervor. Die Idee, Paul Pretorius mit an Bord zu haben, stammte offensichtlich nicht von ihm.

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