Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
Vom Netzwerk:
Gunsten entschieden hätte. Allem Anschein nach war Captain Pretorius ein Fachmann darin, Dinge aus den Akten und der öffentlichen Wahrnehmung zu halten.
    »Wann ist die nächste Rate fällig?«
    »Nächsten Dienstag.«
    »Werden Sie sie einfordern?«
    Anton stand auf. »Glauben Sie etwa, ein Farbiger kann einfach so in das Haus eines Weißen reinmarschieren und sein Geld verlangen? Glauben Sie das wirklich, Detective?«
    Emmanuel sah zu Boden. Antons Gefühlsausbruch war ihm peinlich. Der Mechaniker hatte keine Chance, sein Geld zu sehen, falls nicht ein Weißer, der mehr Macht hatte als Erich Pretorius, sich für ihn einsetzte. Sie wussten beide, dass das die bittere Wahrheit war.
    Die Kirchentür ging einen Spalt auf, und die Kindfrau Mary spähte herein.
    »Anton?« Da bemerkte sie Emmanuel. Sofort kniff sie die Lippen zusammen und stand da wie eine Gazelle, die im Lichtkegel eines Jägers gefangen ist.
    »Was ist los?«, fragte Anton.
    »Granny Mariahs Curry …«, haspelte Mary, zog den Kopf wieder zurück und verschwand.
    Anton rang sich ein Lächeln ab. »Das war meine Schwester Mary. Ich glaube, sie wollte mir nur sagen, dass nicht mehr viel von Granny Mariahs Curry übrig ist. Es ist bei unseren Gemeindefesten ziemlich begehrt.«
    Emmanuel stand auf. »Sie war doch eines der Opfer in diesem Belästigungsfall, oder?«
    »Ja.« Der Mechaniker fuhr mit einem Finger über die Kirchenbank. »Deshalb ist sie auch so, wie Sie sie gerade erlebt haben. Vor Männern, die sie nicht kennt, hat sie Angst.«
    »Wer hat damals ihre Aussage aufgenommen?«
    »Erst Lieutenant Uys und dann Captain Pretorius.«
    Emmanuel trat in den Mittelgang und schlenderte langsam zum Portal.
    »Wurde Mary auf der Polizeistation oder zu Hause vernommen?«, fragte er.
    »Sowohl als auch.« Anton kam ihm nach. »Warum? Wird der Fall neu aufgerollt?«
    Emmanuel blieb an der Tür stehen. »Ich rolle ihn auf«, sagte er.
    »Gut.« Diesmal kam das Lächeln des Mechanikers von Herzen. »Es hat uns nie gepasst, dass damals auf die Anzeigen hin gar nichts passierte.«
    »Irgendwas an dem Fall passt mir auch nicht«, sagte Emmanuel. Er musste an die verschwundenen Polizeiakten denken. Und daran, wie empört Paul Pretorius den Gedanken verworfen hatte, einer aus seinem auserwählten Volk könnte die Rassenschranken durchbrechen, um sich ein bisschen Erregung zu verschaffen.
    Anton drückte die Tür auf und ließ dann Emmanuel den Vortritt. Draußen war das gemeinschaftliche Büffet in vollem Gange. Der Duft von Maisbrot und Curry lag in der Luft. Die meisten Familien saßen mit Tellern vor sich im Gras oder standen im Schatten der Eukalyptusbäume. Die alten Damen hatten schon damit begonnen, sich aus den fast leeren Schüsseln zu bedienen.
    »Meinen Sie, von Granny Mariahs Curry ist noch was übrig?«, fragte Emmanuel scherzend, während sie die Stufen hinabgingen und auf den Rasen traten. Auf Antons Gesicht lag immer noch der hilflose Ausdruck, den das Gespräch über das Geld hervorgerufen hatte.
    »Ich hoffe.« Der Mechaniker blieb am Fuß der Treppe stehen und winkte den Frauen am Tisch zu. »Möchten Sie einen Teller mit uns essen, Detective? Sie müssen nicht. Ich bin sicher, die Holländer haben bestimmt auch ihr Picknick. Es ist nur … Ich dachte, vielleicht …«
    »Ich nehme einen Teller«, sagte Emmanuel und marschierte auf die alten Damen zu. Ein Mittagessen mit Hansie und den Pretorius-Brüdern erschien ihm ebenso verlockend wie der Moment, als ihm der Feldsanitäter mit einem Taschenmesser eine Kugel aus der Schulter gepult hatte. Und da die Jungs von der Geheimpolizei so unbedingt darauf bestanden, dass er die Spur mit der sexuellen Belästigung verfolgte, würde er demnächst ja wohl in den Häusern der Farbigen ein- und ausgehen. Dies hier war eine gute Gelegenheit, dass sie ihn kennenlernten und sich an seine Anwesenheit gewöhnten.
    Als Anton und Emmanuel auf den Tisch zukamen, wurde es still unter den Leuten. Eine Mutter schlug ihrer Tochter auf die Hand, damit sie den Mund hielt, während die Gemeinde das Näherkommen der beiden misstrauisch verfolgte.
    Emmanuel ging betont langsam und lässig. Dass ein weißer Detective aus der Großstadt je zur Lieblingsperson bei einem nicht-weißen Picknick wurde, war kaum zu erwarten. Anton reichte ihm einen blauen Emaille-Teller. Emmanuel schlenderte am Tisch entlang und bekam, als sei er beim Essenfassen in der Army, von den alten Damen einen Schlag Kartoffelsalat, ein Stück

Weitere Kostenlose Bücher