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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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oder ihren Garten gegossen haben wollten.
    »Ist Captain Pretorius oft rübergefahren?«
    »Ein paar Mal im Jahr.«
    »Mit der Familie oder allein?«
    Der Lieutenant blickte neugierig zu ihm hoch. »Glauben Sie, einer von da drüben war es?«
    »Vielleicht. Wissen Sie, ob der Captain je dienstlich in Lorenzo Marques zu tun hatte?«
    »Fragen Sie doch den Eingeborenen!« Der Lieutenant zeigte sich bockig.. »Der sagt es Ihnen, wenn ihm gerade danach ist.«
    »Sie sind jetzt schon seit zwei Jahren hier«, setzte Emmanuel nach. Es fiel ihm immer schwerer, diesem Mann gegenüber freundlich zu bleiben. »Da müssen Sie Captain Pretorius doch ein wenig kennengelernt haben.«
    »Selbst sein Mord ist wieder mal typisch für ihn.« Sarel schüttelte fassungslos den Kopf. »Ganz typisch, sage ich Ihnen, für die Art, wie er mich behandelt hat.«
    Emmanuel hatte Mühe, dieser Logik zu folgen. »Wieso?«
    »Hat sich natürlich genau dann umbringen lassen, als ich gerade im Urlaub war, und weder die Leiche finden noch die Kripo rufen konnte. Meine einzige Chance, wieder nach Scarborough zu kommen, und er sorgt dafür, dass ich sie nicht ergreifen kann.«
    »Captain Pretorius hat sich ja wohl nicht absichtlich ermorden lassen«, sagte Emmanuel.
    »Er wusste alles, was in dieser Stadt vor sich ging. Da muss er auch gewusst haben, dass er in Gefahr war. Ich hätte ihm helfen können, wenn er mir nur ein Sterbenswörtchen gesagt hätte, was los war.«
    Emmanuel sah, wie die schmalen Finger des Lieutenants über eine abgewetzte Stelle an seiner Hose rieben. Vielleicht brauchte Sarei Uys ja unbegrenzten Urlaub von der Polizei und nicht nur sechs Tage in Mosambik.
    »Er hat mich nie um Hilfe gebeten.« Uys stierte über die leere Straße. »Ich hätte seine rechte Hand sein können, wenn er mir nur die Chance gegeben hätte.«
    Statt Verbitterung sprach jetzt schiere Sehnsucht aus seiner Stimme. Uys war nie aus dem Spielplatzalter herausgekommen und wollte immer noch mit dem Sportidol der Schule befreundet sein. Der Captain hatte ihm das kleine Vergnügen verwehrt, sich ein bisschen in seinem Glanz zu sonnen.
    »Ich habe aber gehört, dass Sie dem Captain bei einer Menge Fälle geholfen haben. Die Sache mit diesem Sittenstrolch haben Sie doch gemeinsam bearbeitet, oder?«
    »Ach, das.« Der kleine Mann winkte ab. »Einen zu schnappen, der farbige Frauen belästigt, trägt einem nicht gerade die Aufmerksamkeit von denen da oben ein – das können Sie mir glauben.«
    Emmanuel lehnte sich mit der Schulter an die Mauer und dachte an Tiny und Theo, denen er mit ihren nervösen Fingern am Abzug draußen im Busch begegnet war. Die hatten das Gesetz in ihre eigenen Hände genommen, weil das eigentliche Gesetz sich einen Dreck darum scherte, was ihren Frauen zustieß.
    »Captain Pretorius waren Beförderungen egal«, fuhr Sarel verbittert fort. »Der war glücklich und zufrieden, wenn er hier bei ›seinen Leuten‹ sein konnte, wie er sie nannte. Höher hinaus wolle er gar nicht. Ganz anders als ich.«
    Emmanuel bezweifelte, dass Lieutenant Uys höher hinaus kommen würde, eher weiter an den Rand und zum guten Schluss ganz aus dem Polizeidienst heraus. Er würde seine alten Tage auf einem Kneipenhocker verbringen und sich über seine verpassten Chancen beschweren.
    »Dauerten die Ermittlungen lange?«, fragte Emmanuel.
    »Vielleicht einen oder zwei Monate.« Sarel zeigte erstaunlich wenig Interesse an den Einzelheiten des Falles. »Manchmal verging keine Woche, ohne dass sich wieder eine von den Farbigen darüber beschwerte, dass man sie verfolgt oder begrabscht hatte.«
    Emmanuel dachte an Mary, die Kindfrau, die von der Kirchentür weggeschossen war wie ein Springbock. Wer hatte ihr soviel Angst vor Männern eingeflößt? Der Spanner oder Lieutenant Uys?
    »Haben Sie alle Vernehmungen protokolliert?«
    »Sind alle in einer dicken, fetten Mappe. Unter U für ungelöst«, erklärte Sarel sehr mit sich zufrieden.
    Der Ordner befand sich weder unter U noch unter irgendeinem anderen Buchstaben. Die Akten waren nicht etwa »entnommen« worden, sondern definitiv entwendet. Sarel hatte keine Ahnung, dass der Ordner fehlte, und selbst wenn, wäre es ihm gleichgültig gewesen. Nach einer Akte zu suchen, in der es um ein nicht-weißes Problem ging, brachte einem schließlich keinen Ruhm ein.
    Emmanuel warf einen nervösen Seitenblick zur verschlossenen Tür der Polizeistation. Die neuen Gesetze würden die Situation noch verschlimmern. Schon jetzt

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