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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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sagt?«
    Der Schwarze zögerte einen Moment, doch dann sagte er ganz deutlich: »Dann muss derjenige es mir sagen. Ich besorge dann den Schlüssel zu dem Zimmer von der Alten, die in dem Haus arbeitet. Sie wird demjenigen dann das Zimmer aufsperren.«
    Emmanuel atmete langsam aus.
    Sie saßen nebeneinander und starrten schweigend ins Feuer. Das immer noch dünne Band zwischen ihnen hatte gehalten. Die Geheimpolizei mochte Akten mit allen möglichen Informationen über Staatsfeinde haben. Emmanuel aber hatte auf der Suche nach dem Schattenleben des Captains jetzt die Innenbahn.
    Die Hintertür ging auf, und Piet kam mit seiner Tasse Tee in den Hof. Seine Knopfaugen hatten einen unnatürlichen Glanz, so als hätte er ein Hexengebräu getrunken, das andere Menschen umbrachte, ihn aber stärker machte.
    »Wir sind fertig.« Piet sprach Shabalala an. »Du kannst ihn jetzt zurück zur Location bringen. Sieh aber zu, dass er nirgendwohin abhaut, bevor die Ermittlungen beendet sind, verstanden?«
    »Ja, Lieutenant.« Der schwarze Polizist stand auf und ging rasch auf die Hintertür zu. Als er an Piet vorbeikam, streckte der die Hand aus und tätschelte Shabalalas Arm.
    »Guter Tee«, sagte er grinsend. »Deine Mutter hat dich gut erzogen, Junge.«
    »Dankie« antwortete Shabalala auf Afrikaans und betrat dann, ohne den Geheimpolizisten anzusehen, die Wache.
    Emmanuel verfolgte das kurze Gespräch der beiden und konnte nur staunen über Piets Fähigkeit, einen Nachmittag lang zu foltern und anschließend harmlos zu plänkeln. Ihm war es egal, dass Shabalala und Duma einander kannten und vielleicht sogar miteinander verwandt waren. Wenn Pocken-Piet Constable Shabalala ansah, dann sah er keinen Menschen, sondern nur ein schwarzes Gesicht, das ohne Widerrede seine Befehle ausführte.
    Der Geheimpolizist nippte an seinem Tee und blickte seufzend über den staubigen Hof.
    »Mir gefällt es auf dem Land«, verkündete er. »Alles so friedlich.«
    Eine Runde Prügeln und Angstmacherei hatte Piet in sanfte Stimmung versetzt.
    »Denken Sie daran herzuziehen?«, fragte Emmanuel, während er aufstand und zur Hintertür ging. Es drehte ihm den Magen herum, wie Piet über das wunderbare Landleben salbaderte.
    »Noch nicht.« Piet ließ sich von nichts aus seinem idyllischen Traum reißen. »Wenn erst einmal alle bösen Buben hinter Gittern sind und Südafrika sicher ist, dann ziehe ich auf eine kleine Farm mit Blick auf die Berge.«
    »Home, sweet Home«, sagte Emmanuel. Er zog die offene Tür auf und betrat die Wache. Captain Pretorius hatte seinen Traum gelebt. Ein mächtiger Mann auf einer kleinen Farm mit Blick auf die Berge. Am Ende hatte er eine Kugel im Kopf gehabt.
    »Woza. Steh auf, Duma, ich bring dich nach Hause.« Shabalala versuchte, den traumatisierten Schwarzen aus der Zelle zu locken. Der geschundene Bergmann drückte sich immer noch ans Gitter und hielt sich die Arme über den Kopf.
    Shabalala streckte beide Hände aus wie eine Mutter, die ihr kleines Kind ermuntern will, zum ersten Mal zu laufen.
    »Woza?«, sagte Shabalala ruhig auf Zulu. »Komm! Ich bringe dich zu deiner Mutter.«
    Duma rappelte sich hoch und hielt sich an den Gitterstäben fest, dann humpelte er mühsam zur Tür. Das linke Bein des Bergmannes war zwei Zentimeter kürzer als das rechte und stand schief. Selbst bevor die Geheimpolizei ihn so misshandelt hatte, musste Duma einen erbärmlichen Anblick abgegeben haben.
    Emmanuel spürte, wie eine Hitzewelle ihn durchfuhr. Es war nicht der vertraute Adrenalinausstoß, die übliche Begleiterscheinung, wenn ein Fall die entscheidende Wende nahm, sondern eine heiß aufblitzende Wut. Der Captain war von einem körperlich gesunden Menschen erschossen worden, der eine sichere Hand besaß und mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand. Duma passte nicht einmal annähernd in dieses Täterbild.
    Shabalala hielt den verkrüppelten Bergmann an der Hand und führte ihn aus der Zelle in Richtung Hintertür, denn die Vordertür und das dortige Büro waren nur Weißen vorbehalten. Emmanuels Wut wich tiefer Scham, als er zurücktrat, um die Schwarzen vorbeizulassen. Shabalala und seine Last würden sich die nächste Stunde durch den Busch schleppen, bis sie die Location fünf Meilen nördlich der Stadt erreicht hatten.
    »Warten Sie vor dem Haupteingang des Krankenhauses«, sagte er schnell, bevor er es sich anders überlegen konnte. »Ich komme vorbei und hole Sie ab.«
    »Ja, Nkosana«, antwortete Shabalala. »Wir werden

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