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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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bestätigen. Wir waren alle mit dem kleinen Willem bis elf Uhr abends auf. Der Kleine hat Krupphusten.«
    Emmanuel zog sein Notizbuch hervor. »Ich muss mit Ihrer Frau sprechen und Ihr Alibi überprüfen.«
    »Von mir aus«, gab Erich ohne Zögern zurück. »Sie ist gleich um die Ecke. Moira’s Hairstyles, das ist ihr Laden.«
    Moiras Frisiersalon mitten auf der Hauptstraße war also noch ein Scheibchen von Jacob’s Rest, das dem Pretorius-Clan gehörte. Die Familie des Captains hatte gar keine pro-weißen Rassentrennungsgesetze nötig, um sich gesellschaftlichen Status zu verschaffen. Sie kam prima zurecht, auch ohne dass die neue Regierung den Weißen weiter auf die Sprünge half.
    Emmanuel versuchte den Mann abzuschätzen, der da vor ihm stand. Selbst getötet hatte er seinen Vater vermutlich nicht. Aber war er vielleicht wegen der Rückzahlung so wütend auf ihn gewesen, dass er ihm einen ordentlichen Denkzettel hatte verpassen lassen wollen?
    »Wie finden Sie es, dass Sie einem Farbigen so eine hübsche Stange Geld zahlen sollen?«
    »Ich habe gar keine andere Wahl.« Mit düsterem Blick wandte Erich sich wieder seinem Schreibtisch zu. »Pa hat gesagt, wenn ich nicht zahle, überschwemmt dieses englische Arschloch Elliot King die Stadt mit indischen Anwälten.«
    Emmanuel ließ ein verständnisvolles Grunzen vernehmen. Indische Anwälte konnten es, was ihren Grips und ihren Ehrgeiz betraf, nach allgemeiner Ansicht sogar mit den Juden aufnehmen.
    Erich machte eine Schublade auf und zog einen prallen Papierumschlag hervor.
    »Ein-hun-dert-fünf-zig Pfund.« Er ließ den Umschlag dumpf auf die Schreibtischplatte klatschen. Ein Bündel Zwanzig-Pfund-Noten quoll heraus. »Am liebsten würde ich die Ihnen in den Arsch schieben, aber ich muss sie heute Abend beim alten Juden abliefern.«
    »Was hat sich Ihr Vater bloß dabei gedacht?«, sinnierte Emmanuel laut. »Sie dazu zu zwingen, dass Sie einem Juden Geld für einen Farbigen geben.«
    Erich wurde tiefrot im Gesicht, hielt aber seine Erregung im Zaum.
    »Sie sind ganz schön clever«, sagte er. »Aber nicht clever genug, um mich dazu zu kriegen, dass ich einen Mord gestehe, den ich gar nicht begangen habe. Mein Lebtag habe ich keine Hand gegen meinen Vater erhoben.«
    »Aber wütend waren Sie schon auf ihn, oder?«
    »Natürlich«, ereiferte sich Erich. »Fragen Sie mal die Jungs da draußen. Die können ihnen erzählen, wie wir uns über das Geld in die Wolle gekriegt haben. Aber wenn der alte Jude bei seiner Geschichte geblieben wäre, hätte ich mir zur Verteidigung einen Anwalt nehmen müssen. Dann hätte ich für die Dauer des Prozesses den Laden dichtmachen müssen. Das hätte sich wochenlang hinziehen können. Letzten Endes war es verdammt viel billiger, das Geld zu bezahlen und seine Ruhe zu haben.«
    Interessant fand Emmanuel, dass bei dem Streit des Captains mit seinem Sohn die Frage nach richtig und falsch offenbar nie aufgekommen war. Überzeugt hatte er Erich letztlich nur mit dem Geld. Die ganze Zeit war es nur darum gegangen. Mrs. Pretorius mochte in einer Welt leben, die von moralischen Wertvorstellungen geprägt waren. Ihr dahingeschiedener Mann war eher pragmatisch veranlagt gewesen.
    »Weiß Ihre Ma von dem Brand?«, fragte Emmanuel.
    »Nein.« Erich wand sich verlegen, ein seltsamer Anblick bei einem solchen Hünen. »Pa hielt es für das Beste, sie mit solchem … Kleinkram nicht zu behelligen.«
    »Verstehe.«
    William Pretorius war es bemerkenswert oft gelungen, den Kleinkram zu verbergen. Aber irgendwann hatte er es dann doch nicht mehr geschafft, alle seine Geheimnisse zu wahren. Jemand hatte über die Hütte und die dort gebunkerten Sachen Bescheid gewusst. Der Diebstahl der Beweisstücke war kein Zufall gewesen. Der Holzknüppel bewies, dass der Täter notfalls auch bereit war, Gewalt anzuwenden, um dem Gesetz immer einen Schritt voraus zu sein.
    Während Captain Pretorius die Leute von Jacob’s Rest im Auge behalten hatte, hatte irgendjemand auch ihn im Auge behalten.
    »War das alles?« Erich stopfte das Geld zurück in den Umschlag, eine Tätigkeit, die ihn ganz offensichtlich wütend machte.
    Emmanuel beschloss, ins Blaue hinein seine Theorie vom zum Schwarzen gewandelten Weißen ins Spiel zu bringen. Er musste sämtliche Spuren verfolgen in der Hoffnung, dass eine ihn zu den gestohlenen Beweisen führen würde.
    »Ihr Vater war ziemlich dicke mit den Nicht-Weißen, oder?«
    »Pa ist mit den Eingeborenen aufgewachsen, aber das

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